Veröffentlicht am 19.11.2025 19:14

Palliativmedizin: Am (Lebens-)Ende zählt jeder gute Tag

Dr. Sabine Gernhardt, Direktorin der Palliativstation am Klinikum Bayreuth (Foto: red )
Dr. Sabine Gernhardt, Direktorin der Palliativstation am Klinikum Bayreuth (Foto: red )
Dr. Sabine Gernhardt, Direktorin der Palliativstation am Klinikum Bayreuth (Foto: red )
Dr. Sabine Gernhardt, Direktorin der Palliativstation am Klinikum Bayreuth (Foto: red )
Dr. Sabine Gernhardt, Direktorin der Palliativstation am Klinikum Bayreuth (Foto: red )

Ihre Patientinnen und Patienten sind unheilbar krank. Ihnen lebenswerte Zeit schenken, ohne Schmerzen und möglichst beschwerdefrei, darin sieht Dr. Sabine Gernhardt, Direktorin der Palliativstation am Klinikum Bayreuth, ihre Aufgabe. Am Mittwoch, 26. November, stellt sie ihre Arbeit und die Möglichkeiten der Palliativmedizin im Rahmen eines Medizinischen Vortrags vor. Wir haben vorab gefragt, welchen Herausforderungen sich Ärztinnen und Ärzte, Pflegepersonal, Therapeutinnen und Therapeuten, aber auch Patientinnen, Patienten und Angehörige in der Begleitung Schwerstkranker und Sterbender täglich stellen und wie sie damit umgehen. Die Antwort in einem Wort: Gemeinsam.

Frau Dr. Gernhardt, was ist in ihren Augen das größte Missverständnis im Zusammenhang mit Palliativmedizin?
Dr. Gernhardt: Dass sich bei uns alles um das Thema Tod und Sterben dreht. Wir sind keine Sterbestation, im Gegenteil. Dort, wo das Leben endlich ist, gewinnt es auch an Bedeutung. Bei uns wird geweint und getrauert, aber es wird auch gelacht und gefeiert. Es sollte für Freude und Trauer gleichermaßen Platz sein. Unsere Aufgabe ist es, Schmerzen und Beschwerden zu behandeln und in den Hintergrund zu drängen, um so eine Lebensperspektive zu schaffen, die unsere Patienten bis zum Ende trägt.

Die Palliativmedizin ist ein verhältnismäßig junges Fachgebiet – was hat sich in den vergangenen Jahren getan?
Dr. Gernhardt: Die Versorgung ist vielseitiger geworden. Seit 2015 gibt es ein Hospiz- und Palliativgesetz, in dem die Bundesregierung festgelegt hat, dass jeder Mensch Anspruch auf eine palliativmedizinische Betreuung hat und dass eine flächendeckende Versorgung durch verschiedene Strukturen gegeben sein muss. Daraus lässt sich ein Anspruch auf eine ambulante Betreuung ableiten. Im Klinikum Bayreuth hat man mit der Gründung der Spezialisierten Ambulanten Palliativversorgung (SAPV) schon frühzeitig Strukturen geschaffen, von denen Patienten mit onkologischen, zunehmend aber auch internistischen Erkrankungen im Endstadium profitieren. Damit bieten wir in der Region eine sehr gute Versorgung, die durch zahlreiche Ehrenamtliche, vor allem des Hospizvereins, noch gestützt wird. Das Albert-Schweitzer-Hospiz komplettiert das Angebot.

Auch in der Lehre trägt man der Entwicklung Rechnung. Die Palliativmedizin gehört seit zehn Jahren zum Fächerkanon an Universitäten – auch am Medizincampus Oberfranken hier in Bayreuth. Studierende lernen nicht nur die Grundsätze der Palliativmedizin und unsere Station kennen, sondern werden auch auf die oft schwierigen Gespräche mit Betroffenen und Angehörigen gut vorbereitet.

Was heißt das für die Patienten und ihre Angehörigen?
In erster Linie, dass wir in der Ausnahmesituation, in der sich unsere Patientinnen und Patienten befinden, sehr individuell auf Wünsche und Bedürfnisse eingehen können. Nicht zuletzt, weil wir untereinander sehr gut zusammenarbeiten. Die Möglichkeiten, die wir stationär in der Palliativstation am Klinikum Bayreuth bieten können, halten deutschlandweit nur etwa 15 Prozent der aller palliativmedizinischen Einrichtungen vor. Dazu gehört auch ein umfassendes therapeutisches Angebot. Neben der Physio- und Massagetherapie arbeiten wir auch mit Kunst-, Musik-, Hypnose-, und Klangschalentherapeuten sowie Logopäden, Psychoonkologen und der kath. und ev. Seelsorge eng zusammen. Selbst eine tiergestützte Therapie ist möglich. Aber das ist nur ein Standbein. Wir pflegen ein enges Miteinander mit niedergelassenen Ärzten, Pflege- und Altenheimen und haben mit der SAPV ein gutes Bindeglied, das eine umfassende palliativmedizinische ambulante Betreuung möglich macht, die auch Pflege- und Altenheime für ihre Bewohner in Anspruch nehmen können. Viele Patienten haben den Wunsch, die Zeit, die ihnen noch bleibt, im Kreis ihrer Familie zu Hause zu verbringen. Die Mitarbeiter der SAPV unterstützen sie in dieser Zeit. Tag und Nacht steht jemand aus unserem Team auf Abruf bereit, um medizinische Hilfe zu leisten, aber auch, um in belastenden Momenten Halt zu geben und Mut zuzusprechen. Das gibt Sicherheit und entlastet auch die Angehörigen.

Palliativversorgung ist also nicht nur medizinische Hilfe?
Nein. Wir sehen den Menschen und sein Umfeld als Ganzes und helfen dort, wo Hilfe nötig ist. Unsere Patientinnen und Patienten sind unheilbar krank. Ihre Sorgen und Wünsche zu respektieren und in die Behandlung einzubeziehen, ist Teil unserer Arbeit, sowohl im stationären als auch im ambulanten Bereich.

Termininfo:

Medizinischer Vortrag
Mittwoch, 26. November, 18 Uhr
Speisesaal des Therapiegebäudes, Klinik Hohe Warte
Thema: Palliativmedizin: Lebenswerte Zeit schenken
Referentin: Dr. Sabine Gernhardt, Direktorin der Palliativstation am Klinikum Bayreuth
Der Eintritt ist frei, eine Anmeldung ist nicht erforderlich.


Von red
north