OBERFRANKEN / DEUTSCHLAND / SLOWAKEI. Internationale Ermittlungen der Kriminalpolizei mit Zentralaufgaben Oberfranken unter der Leitung der Staatsanwaltschaft Bayreuth führten am 14. November 2025 zur Aufdeckung und Zerschlagung einer mutmaßlichen Betrügerzelle, die sich auf sogenannte „Schockanrufe“ spezialisiert hatte. Bei dieser Masche werden vor allem ältere Menschen durch vorgetäuschte Notlagen von Angehörigen massiv unter Druck gesetzt und zu hohen Geldzahlungen bewegt.
Im Rahmen eines engen polizeilichen Informationsaustauschs zwischen deutschen und slowakischen Polizeibehörden meldeten slowakische Ermittler der Ermittlungsabteilung des Präsidiums der Polizei in Bratislava Verdachtsmomente, die auf ein „Callcenter“ in der slowakischen Stadt Poprad hindeuteten.
Rund 1.000 Anrufe in kurzer Zeit wurden dokumentiert
Die deutschen und slowakischen Kriminalbeamten nahmen umgehend gemeinsame Ermittlungen auf. In Abstimmung mit der Staatsanwaltschaft Bayreuth wurde die Überwachung der Täter veranlasst, da diese zum Zeitpunkt der Meldung bereits aktiv telefonisch auf Opfersuche in Deutschland waren. Kaum waren die Überwachungen eingeleitet, konnten die Anrufe live dokumentiert werden – teilweise im Sekundentakt. Durch die schnellen Maßnahmen gelang es an drei aufeinanderfolgenden Nachmittagen, etwa 1.000 Anrufe ins deutsche Festnetz festzustellen und mehrere Betrugstaten und Geldübergaben zu verhindern. In verschiedenen Bundesländern warnte daraufhin die Polizei rechtzeitig die betroffenen Bürgerinnen und Bürger.
Auszug aus einem Schockanruf
„Mama… bitte… ich habe solche Angst… ich weiß nicht, was ich tun soll… du musst mir helfen.“
„Guten Tag, hier spricht Polizeihauptkommissar Meier von der Verkehrspolizei. Bitte setzen Sie sich erstmal. Ihre Tochter steht hier bei uns völlig unter Schock, deshalb habe ich das Gespräch übernommen.“
„Was ist denn passiert? Meine Tochter Michaela klingt ja furchtbar!“
„Es hat eben einen schweren Unfall gegeben. Ihre Tochter Michaela war beteiligt und trägt die Schuld daran. Wir müssen das jetzt klären, sonst geht Ihre Tochter heute noch in Haft.“
Zugriff in Poprad
Die Kriminalbeamten dokumentierten die Betrugstaten in Bayern, Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und Hamburg akribisch. Unter Einbeziehung von Europol wurde ein stetiger Informationsaustausch der europäischen Behörden gewährleistet und die Falldaten an die slowakischen Behörden übermittelt. Die Datenlage führte die slowakischen Kollegen der Polizei schließlich zu einem Apartment in der Stadt Poprad, aus dem die vermeintlichen Täter operierten. Nachdem am 14. November 2025 erneut aktive Rufnummern der Betrüger in den Fokus gerieten und überwacht wurden, erfolgten die geplanten und abgestimmten Durchsuchungsmaßnahmen. Während deutsche Ermittler die Schockanrufe überwachten, bereiteten Einsatzkräfte in der Slowakei den Zugriff vor und stürmten die identifizierte Wohnung.
Beim Eindringen in das Apartment trafen die Einsatzkräfte auf acht tatverdächtige Erwachsene und vier Kinder. Mehrere der mutmaßlichen Täter versuchten in letzter Minute, Beweismittel zu vernichten, zerstörten Laptops und warfen Mobiltelefone aus dem mehrstöckigen Gebäude. Dennoch konnten die Beamten umfangreiches Beweismaterial sicherstellen, darunter Aufzeichnungen, Laptops, Handys und zahlreiche SIM-Karten.
Acht Tatverdächtige in Haft
Die drei deutschen und die fünf polnischen Staatsangehörigen wurden von der Staatsanwaltschaft Prešov und der Kriminalpolizei aus Poprad einem Ermittlungsrichter vorgeführt. Dieser erließ gegen die Männer und Frauen im Alter von 24 bis 51 Jahren Haftbefehl.
Durch das schnelle, grenzüberschreitende und entschlossene Zusammenwirken der Ermittlungsbehörden beider Länder konnte die mutmaßliche Betrügerzelle gestoppt werden, die innerhalb kürzester Zeit zahlreiche Menschen in Deutschland ins Visier nahm. Die Ermittlungen sind noch nicht abgeschlossen und die gesicherten Beweismittel müssen nun akribisch ausgewertet werden. Die bisherige hervorragende Zusammenarbeit beider europäischer Länder ist dabei der Grundstein des Ermittlungserfolgs gewesen.
So schützen Sie sich vor Schockanrufen
Bürgerinnen und Bürger werden weiterhin aufgerufen, bei Verdachtsmomenten sofort die Polizei zu informieren und keinerlei Geld oder Wertgegenstände an Unbekannte zu übergeben. Rufen Sie die angeblich betroffene Person oder Familienmitglieder über eine Ihnen bekannte Nummer zurück, um die Situation zu überprüfen. Lassen Sie sich nicht unter Druck setzen, egal wie dringend es scheint. Legen Sie auf und wählen Sie die Notrufnummer 110.