Keine ganze Latte an Möglichkeiten. Nur das, was passt – zum Patienten oder der Patientin und seiner oder ihrer Erkrankung, zur regionalen Resistenzsituation und zu den Leitlinien. Dazu noch eine Alternative für den Fall, dass die Patientin oder der Patient
Unverträglichkeiten hat.
So sollte der Leitfaden für den Einsatz von Antiinfektiva an der Klinikum Bayreuth GmbH werden. Und so ist er geworden.
Ziemlich genau ein Jahr lang hat Bernd Hansen an dem webbasierten Helfer gearbeitet, der Ärztinnen und Ärzte bei der Behandlung von Infektionen unterstützen wird. Die Datenbasis für das auf die Klinikum Bayreuth GmbH zugeschnittene Medikations-Tool war und ist riesig. Es gibt die Leitlinie für den rationalen Antiinfektiva-Einsatz. Es gibt Leitlinien der Fachgesellschaften. Es gibt Fachinformationen sämtlicher in Frage kommender Präparate. Und es gibt die Resistenzlage, die von Region zu Region durchaus sehr unterschiedlich sein kann.
All das hat Bernd Hansen unter einen Hut gebracht. Denn: „Bakterien sind Anpassungskünstler“, sagt er. „Sie haben zahlreiche Mechanismen, sich gegen unsere Maßnahmen zu wehren. Sie entwickeln Resistenzen.“
Zum Beispiel, indem sie dem Antibiotikum den Eintritt in die Zelle erschweren, es wieder aus der Zelle herausbefördern oder mit Hilfe von Enzymen in seiner Wirksamkeit einschränken. Die Möglichkeiten für Fehler seitens des Menschen sind mannigfaltig: ein für die Art oder den Erreger einer Infektion ungeeignetes Antibiotikum, das richtige Antibiotikum in der falschen Dosierung, zu lange oder zu kurze Therapiedauer, die Verwendung eines Breitbandantibiotikums obwohl ein zielgerichtet wirkendes Präparat viel effektiver wäre.
Die Folgen sind in der Regel immer die gleichen: die Bakterien entwickeln Resistenzen, die Genesung der Patienten bleibt aus, die Nebenwirkungen der Therapie überschreiten den Nutzen.

Online-Leitfaden als erster Meilenstein

Die Medizin macht eines ihrer besten Instrumente selbst stumpf. Ein Problem, das seit langem bekannt ist und das in den vergangenen Jahren an Brisanz gewonnen hat. Seither entstehen an Kliniken sogenannte ABS-Teams – ABS steht für Antibiotic Stewardship – für die Beratung zum Thema rationale Antiinfektivatherapie. Eines dieser Teams gibt es auch an der Klinikum Bayreuth GmbH, Bernd Hansen leitet es, der neue Online-Leitfaden ist ein erster Meilenstein.
Nach zwei Monaten hatte Hansen all die europäischen, nationalen und regionalen Daten in einen vernünftigen Zusammenhang gebracht. Das Ergebnis füllte über 100 Seiten – eine Art Lexikon, aber sicher kein alltagstaugliches Werkzeug, mit dem eine Ärztin oder ein Arzt am Patientenbett arbeiten und ein Präparat verordnen möchte. „Kein Instrument, das Information schnell und präzise transportiert“, sagt Hansen. Endloses Papierblättern oder langwieriges Scrollen durch ein pdf, so war der Leitfaden nicht alltagstauglich.
Manche Universitätsklinika stellen ihren Ärztinnen und Ärzten Apps zur Verfügung, die sie mit ihrem Handy bedienen. Das wollte das Bayreuther ABS-Team nicht, Handy am Patientenbett ist ein hygienisches No-Go. Also wurde es – stark vereinfacht ausgedrückt – eine Internetseite mit durchdachtem Aufbau und einer richtig guten Suchfunktion. Von der Stange gab es die nicht, gemeinsam haben das ABS-Team und die Bayreuther Agentur Baumgärtner Marketing das Tool gebaut.
Es ist zudem mit der Apotheke und deren Beständen abgestimmt, bietet Hinweise zu Lieferengpässen und in Zukunft auch Behandlungsalternativen für den Fall des Falles.
Noch in diesem Jahr wird es im Netzwerk der Klinikum Bayreuth GmbH zur Verfügung stehen. Und eben keine ganze Latte an Medikationsmöglichkeiten liefern, sondern das, was passt. Schnell, präzise und immer zur Hand.