„Eine Abfindung ist im Zugewinnausgleich zu berücksichtigen, wenn die Zahlung nicht zur Deckung des Lebensbedarfs der Ausgleichspflichtigen benötigt wird, was etwa dann der Fall ist, wenn die Möglichkeit der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit besteht“ – so 0LG Saarland – Urteil 11. Januar 2022.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die 58 Jahre alte Antragstellerin war seit dem 18.11.1994 mit einem 60 Jahre alten Mann (Antragsgegner) im gesetzlichen Güterstand verheiratet. Beide waren deutsche Staatsangehörige und hatten keine Kinder. Die Trennung des Paares erfolgte im April 2018. Im Juni 2017 unterzeichnete der Ehemann einen Aufhebungsvertrag, wonach das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung i. H. v. 217.399 Euro zum 30.11.2017 beendet wurde. Davon wurden 20.000 Euro in die betriebliche Altersversorgung des Antragsgegners eingezahlt. Im Januar 2018 erhielt der Ehemann einen Nettobetrag i. H. v. 153.231,43 Euro. Um eine Anschlussbeschäftigung bemühte sich der Ehemann nicht mehr. Er bezog im Zeitraum von Dezember 2018 bis Oktober 2020 Arbeitslosengeld i. H. v. monatlich 1.591,50 Euro und ab November 2020 i. H. v. monatlich 1.618,50 Euro, und strebt seine Verrentung ab Dezember 2023 an.
Die Antragstellerin beantragt im April 2019 die Scheidung, und Zahlung von Zugewinn i. H. v. 84.743 91 Euro. Der Ehescheidung hat der Antragsgegner zugestimmt, in der Folgesache Güterrecht aber Abweisung beantragt.
Der Ehemann verfügte mit o.g. Abfindung über ein Endvermögen i. H. v. 229.474,80 Euro. Sein Anfangsvermögen belief sich auf 142.091, 62 Euro. Die Ehefrau hatte einen Zugewinn i. H. v. 19.702,41 Euro erzielt. Das Familiengericht berücksichtigte die Abfindung im Zugewinn und verpflichtete den Ehemann, an die Ehefrau einen Zugewinnausgleich i. H. v. 33.840,38 Euro zu zahlen, hiergegen legte der Antragsgegner Beschwerde ein.
Das Oberlandesgericht des Saarlandes bestätigte die Entscheidung des Amtsgerichts. Das Depot-Guthaben sei im Zugewinnausgleich zu berücksichtigen. Dem stehe nicht der Einwand des Ehemanns entgegen, er benötige das Guthaben zur Deckung seines Lebensbedarfs. Denn es sei ihm möglich und zumutbar gewesen, eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen, um seinen Lebensbedarf zu decken. Dazu sei er spätestens nach Ablauf des Trennungsjahres verpflichtet gewesen. Soweit der Ehemann anführte, sein Vorgehen sei mit der Ehefrau abgesprochen gewesen, könne er sich darauf nach der Trennung nicht mehr berufen. Die Trennung stelle insofern eine Zäsur dar.
Bewertung: Eine Abfindung anlässlich der Auflösung eines Arbeitsvertrages kann eine Vermögensposition im Endvermögen darstellen, soweit die Abfindung nicht bereits in eine Unterhaltsregelung einbezogen wurde und daher das Doppelverwertungsverbot greift.
Zudem darf der Ausgleichspflichtige aufgrund einer stichtagsbezogenen Prognose nicht auf die Abfindung angewiesen sein – weder zur Deckung seines eigenen Unterhaltsbedarfs noch der Deckung des Bedarfs des Unterhaltsberechtigten.
Kontakt:
Dr. Claudia Erk
Rechtsanwältin, Fachanwältin für Familienrecht, Mediatorin
Telefon 0921/5085780
Fax 0921/5085779
www.kanzlei-erk.de