mit Rechtsanwalt Roman Nolte
mit Rechtsanwalt Roman Nolte
Bayreuth ist jung, sportlich und in Bewegung. Gerade in einer Universitätsstadt wie unserer sieht man sie überall: Fahrräder, Lastenräder, Pedelecs. Kurzum, zwei Räder mit und ohne Motor, die längst fester Bestandteil des Stadtbilds geworden sind. Immer mehr Menschen steigen vom Auto auf das Fahrrad um. Das ist gut für Umwelt, Gesundheit und Verkehr, hat aber auch eine Kehrseite: mit der steigenden Zahl der Radfahrer, nehmen auch die Unfälle zu – und das teils mit gravierenden Folgen für alle Beteiligten.
Nach aktuellen Zahlen des Statistischen Bundesamtes meldete die Polizei im Jahr 2023 bundesweit rund 23.900 Unfälle mit Personenschaden, an denen Pedelecs beteiligt waren. Das ist fast elfmal so viel wie 2014, als lediglich etwa 2.200 solcher Unfälle registriert wurden. Auch die Zahl der getöteten Pedelec-Fahrerinnen und -Fahrer hat sich deutlich erhöht – von 39 im Jahr 2014 auf 188 im Jahr 2023. Der Trend ist eindeutig: Pedelecs erfreuen sich wachsender Beliebtheit, bringen aber neue Risiken mit sich. Sie sind längst kein Nischenphänomen mehr, sondern ein relevanter Faktor im Straßenverkehr. Und leider eben auch in der Unfallstatistik.
Gerade weil moderne E-Bikes oft mehrere tausend Euro kosten, kann schon ein kleiner Unfall große finanzielle Folgen haben. Wer damit verunglückt, riskiert also nicht nur Verletzungen, sondern schnell auch erhebliche finanzielle Schäden. Dabei ist zu unterscheiden, wer geschädigt wird: wer selbst einen Unfall verursacht, kann schnell mit erheblichen Schadensersatzforderungen konfrontiert sein, etwa wenn ein anderer Radfahrer oder ein Fußgänger zu Schaden kommt. Ohne passende Absicherung kann das teuer werden. Eine private Haftpflichtversicherung ist daher für jeden Radfahrer – ob mit oder ohne Motor – dringend zu empfehlen. Sie übernimmt die finanziellen Folgen, wenn man einem Dritten schuldhaft Schaden zufügt. Und das kann nach einem Zusammenstoß mit einem hochwertigen Fahrrad, einem geparkten Auto oder gar mit Personenschaden schnell in die Tausende gehen.
Aber auch als Geschädigter sollte man wissen, welche Rechte man hat. Oft stellt sich die Frage: darf man zur Ermittlung des Schadens am eigenen E-Bike einen Sachverständigen beauftragen? Und muss die Versicherung die hierfür anfallenden Kosten ersetzen?
Die Rechtsprechung hierzu ist bislang nicht einheitlich, aber zwei Urteile zeigen zumindest eine Tendenz. So hat das Amtsgericht Ansbach (Az. 1 C 571/21) entschieden, dass ein Geschädigter nach einem E-Bike-Unfall grundsätzlich ein Gutachten einholen darf, wenn das Fahrrad einen nennenswerten Wert hat. In dem entschiedenen Fall lag der ursprüngliche Kaufpreis bei rund 2.800 Euro. Das Gericht betonte, dass ein technischer Laie nicht ohne Weiteres erkennen könne, ob ein Totalschaden vorliegt, und daher nicht gegen seine Schadensminderungspflicht verstoße.
Ähnlich urteilte das Amtsgericht Cochem (Az. 22 C 130/23): Auch wenn der Schaden am Ende nur 300 Euro betrug, seien die Gutachterkosten erstattungsfähig. Entscheidend sei, dass die Geschädigte vernünftigerweise davon ausgehen durfte, ein Gutachten sei erforderlich, um den Schaden realistisch einzuschätzen. Maßgeblich ist dabei die sogenannte „subjektbezogene Schadensbetrachtung“, also die Perspektive eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Situation des Geschädigten.
Die Urteile zeigen: es kommt immer auf den Einzelfall an. Eine gefestigte Rechtsprechung existiert bislang nicht. Wer also in einen Fahrrad- oder Pedelec-Unfall verwickelt wird – sei es als Verursacher oder Geschädigter – sollte frühzeitig anwaltlichen Rat einholen. Nur so lassen sich die eigenen Ansprüche sichern und unnötige finanzielle Risiken vermeiden.