BAYREUTH.Für den Auftakt ihrer Sommerspiele im Ruinentheater der Eremitage haben sich die Verantwortlichen der Studiobühne für die Inhalte des Romans Victor Hugos „Nôtre Dame de Paris“, entschieden. Es handelt sich weit mehr als um die Geschichte des Glöckners Quasimodo. Es ist ein dichtes Geflecht aus Liebe und Hass, Glauben und Aberglauben, Machtmissbrauch und Verzweiflung, das seit fast zwei Jahrhunderten Leser und Zuschauer gleichermaßen fesselt. Im Mittelpunkt: die unerschütterliche steinerne Kathedrale, Symbol einer sich wandelnden Welt und stummer Zeuge eines Dramas, das das Schicksal unzähliger Figuren verbindet.
Die tragische Liebesgeschichte zwischen dem entstellten Glöckner Quasimodo und der Tänzerin Esmeralda ist nur ein Aspekt dieser epischen Erzählung. Sie rührt seit Generationen zu Tränen und inspiriert Bühnen- und Filmadaptionen weltweit. Doch ebenso zentral ist die Frage nach menschlicher Schönheit und Hässlichkeit, nach Gut und Böse, die in Hugos Werk immer wieder neu verhandelt wird.
Regisseurin Dorothea Kirschbaum wagt sich nun mit einer eigenen Fassung des Klassikers in das atmosphärische Ruinentheater. Ihre Inszenierung für die diesjährigen Sommerspiele verzichtet auf eindimensionale Stereotype. Stattdessen beleuchtet sie die Widersprüche und Abgründe der Charaktere. Der naive Glöckner, der machthungrige Priester und die vermeintlich verführerische Tänzerin erhalten eine Tiefe, die es erlaubt, ihre Handlungen in neuem Licht zu betrachten.
Mit dem historischen Ambiente des Ruinentheaters gewinnt die Aufführung eine zusätzliche Dimension. Die Kulisse verstärkt die düstere Pracht der Geschichte und macht sie zu einem Erlebnis, das lange nachhallt.
Am Ende bleibt eine zentrale Frage: Wer ist hier wirklich das Biest – und wer die Schönheit?
Uraufführung: 31. Mai, 20.00 Uhr. Weitere Termine im Juni: 5., 13., 14., 17., 24., 27., 28. Juni.