Seit Januar 2025 leitet Eva Christina Bär das neu geschaffene Kultur- und Wirtschaftsreferat der Stadt Bayreuth. Im Gespräch erklärt die 48-Jährige, warum Kultur für sie mehr ist als ein „weicher Standortfaktor“.
In Bayreuth wird klassische Hochkultur und moderne Populärkultur nebeneinander angeboten.
Sehen Sie Synergien – und wenn ja: wie profitiert die Stadtgesellschaft?
Eva Christina Bär: Auch wenn in unseren Köpfen fest verankert, versuche ich eine Unterscheidung der Konzepte zwischen Hochkultur und Populärkultur in Bezug auf Wert, Verbreitung und Zugang zu vermeiden. Wie in allen anderen Kulturbereichen, wie z.B. Sprache, Literatur oder Religion, profitieren diese voneinander und bereichern sich gegenseitig, was zu einer dynamischeren und vielfältigeren Kulturlandschaft führt – und diese sich wiederum positiv auf uns als Gesellschaft auswirkt.
Mit Blick auf das 150-jährige Jubiläum der Bayreuther Festspiele im kommenden Jahr. Können Sie konkret sagen, wie Sie das Festspielhaus für die nächsten Jahre attraktiver machen wollen, ohne die Wurzeln der Festspiele anzutasten?
Eva Christina Bär: Der neue General Manager Matthias Rädel und die Künstlerische Leiterin Katharina Wagner haben diesbezüglich gute und zukunftsweisende Ansätze. Zudem investieren Bund und Land in die Sanierung. Unsere Aufgabe als Stadt sehe ich darin, die Stadtgesellschaft stärker mit dem Festspielhaus zu verbinden. Dazu gehören Infrastruktur und Service: Wie komme ich nach der Vorstellung nach Hause? Gibt es genug Hotels, Gastronomie, vielleicht sogar einen Friseur vor Ort? Auch das gehört zum Gesamterlebnis. Wir möchten die Menschen einbeziehen, ihre Wünsche hören und in einen Beteiligungsprozess einsteigen. Dafür gab es im Mai eine Auftaktveranstaltung, weitere Formate sind geplant.
Sie verfolgen das Ziel, Kultur und Wirtschaft stärker zu verzahnen. An welche konkreten Maßnahmen denken Sie, um aus dieser Herausforderung Chancen für die örtliche Kulturwirtschaft zu generieren?
Eva Christina Bär: Auf der Homepage der Stadt Bayreuth wird das sehr trefflich beschrieben mit: KulturStandort mit StandortKultur. Es geht letztlich darum, die Synergieeffekte von Kultur und Wirtschaft noch besser nutzen zu können. Wir haben z.B. in der Games-Industrie mehrere ortsansässige Unternehmen und auch den Masterstudiengang Computerspielwissenschaften, der in enger Zusammenarbeit mit der Informatik realisiert wird. Die Universität Bayreuth ist die einzige in Deutschland, die Computerspiele als Schwerpunkt in einem medienwissenschaftlichen Studiengang anbietet. Die Games-Industrie erwirtschaftet mehr als drei Prozent der volkswirtschaftlichen Gesamtleistung in Deutschland, das ist mehr als die der chemischen Industrie oder der Finanzdienstleister. Das ist aus meiner Sicht ein gutes Beispiel für die enge Verzahnung zwischen Kultur und Wirtschaft und der hohen Innovationskraft der Unternehmen und Kulturschaffenden.
Was aus Ihrem vielseitigen Werdegang hat Sie besonders für Ihre jetzige Aufgabe geprägt?
Eva Christina Bär: Vor allem meine sechs Jahre als ehrenamtliches Mitglied des Nürnberger Stadtrats. In dieser Zeit habe ich viel über das Zusammenspiel von Politik, Verwaltung und Bürgerinnen und Bürgern gelernt – und auch über mich selbst. Ich habe großen Respekt vor politischem Engagement, weil man das neben Beruf und Familie stemmen muss. Diese Erfahrung hilft mir heute dabei, Brücken zu bauen zwischen den verschiedenen Akteuren, damit wir alle gemeinsam die Stadt lebenswerter machen.
Die Bayreuther Museumslandschaft ist personell offenbar am Limit. Immer wieder mussten Einrichtungen wegen Krankheit geschlossen bleiben?
Eva Christina Bär: Der demographische Wandel wie auch die Veränderung der finanziellen Gestaltungsspielräume der Kommunen wird sich, meiner Ansicht nach, grundsätzlich auf die Funktionsfähigkeit von Verwaltungen auswirken. Im öffentlichen Dienst sind aktuell etwas 570.000 Stellen nicht besetzt. Hier gilt es entsprechende Konzepte zu entwickeln, die zukunftsfähig – auch in Bezug auf die Finanzierung sind und vor allen Dingen den Bedürfnissen der Bürger Rechnung tragen. Wir konnten in diesem Jahr, dank der Unterstützung des Stadtrates, zwei Stellen ausschreiben und besetzen und arbeiten aktuell an einem Museumsentwicklungsplan. Die Gremienbefassung ist für nächstes Jahr geplant.