BAYREUTH.In Bayreuth wird derzeit viel über Verantwortung gesprochen – und darüber, wie unterschiedlich man sie verstehen kann. Drei Stadträte, drei ähnliche Fälle, drei verschiedene Reaktionen.
Dr. Michael Hohl, Christian Wedlich und Frank Hofmann – alle drei haben als Stadträte Entscheidungen getroffen, die später in den Verdacht wirtschaftlicher Verflechtungen geraten sind. Und doch verläuft die öffentliche Diskussion auffallend unterschiedlich.
Wenn Kritik laut wird – aber nicht für alle gleich
Während über die CSU-Stadträte Hohl und Wedlich in den sozialen Medien und am Stammtisch mit teils spöttischen, ja persönlichen Kommentaren hergezogen wird, bleibt der Ton im Fall des BG-Stadtrats Frank Hofmann bisher auffallend milde. Hohl und Wedlich gelten für viele als Symbol einer vermeintlichen „Amigo-Kultur“, während Hofmann eher auf Verständnis stößt, obwohl auch er an Entscheidungen beteiligt war, die später für ihn geschäftlich von Bedeutung wurden.
Ein Grundstück, ein Beschluss – und offene Fragen
Konkret geht es bei Frank Hofmann um das ehemalige Zapf-Areal an der Nürnberger Straße. Im Juli 2020 stimmte er im Stadtrat über das Bebauungsplanverfahren des Areals mit ab – ein Gebiet, das 2024 von einer reinen Gewerbefläche in ein Mischgebiet umgewidmet wurde, was den Wert des Grundstückes deutlich erhöhte. Ein gemischt genutztes neues Stadtquartier in Nachbarschaft zur Universität sollte entstehen. Auch hier stimmte Frank Hofmann mit ab. Wenig später tauchte ein Grundstück aus dem Zapf-Areal mit der Kennung „FH466 – 2.780 m²“ auf seiner eigenen Website auf – als verkauftes Referenzobjekt. In diesem Fall ist tatsächlich, anders als bei Hohl und Wedlich, Geld geflossen, auch wenn unklar bleibt, ob Hofmann bereits vor dem Stadtratsbeschluss einen Maklerauftrag oder eine mündliche Zusage zur Vermarktung erhalten hatte.
Konsequenzen – aber nicht dieselben Wege
Alle drei Stadträte haben Konsequenzen gezogen. Wedlich und Hohl bleiben bis zur Neuwahl weiterhin Stadträte, legten darüberhinausgehende Funktionen jedoch nieder. Michael Hohl zieht sich vollständig aus der Kommunalpolitik zurück und verzichtet auf eine erneute Kandidatur. Christian Wedlich und Frank Hofmann hingegen wollen den Wählern im kommenden Frühjahr erneut das Vertrauen anbieten. Das ist ihr gutes Recht – und letztlich eine Entscheidung, die sie in die Hände des Souveräns, der Wählerinnen und Wähler, legen. Doch wer gleichzeitig, mit einem Oberbürgermeisteramt liebäugelt, wie Hofmann, muss sich fragen lassen, ob dieses Verhalten Einsicht zeigt.
Forderungen über das Notwendige hinaus, zum Schaden für die Region
Im Fall von Michael Hohl wurden sogar noch weitergehende Konsequenzen gefordert – etwa der Verzicht auf ein mögliches Landtagsmandat, sollte in Bamberg Melanie Huml im kommenden März Oberbürgermeisterin werden. Würde Dr. Hohl darauf verzichten, rückte ein CSU-Mann aus Coburg nach, der für Bayreuth kaum dieselbe politische Schlagkraft entfalten dürfte.
Zwei Parteien, zwei Maßstäbe im Umgang
Auch die Reaktionen aus den jeweiligen Fraktionen unterscheiden sich. Die CSU reagierte schnell, scharf und fordernd – es wurden Köpfe verlangt, und sie rollten. Die Bayreuther Gemeinschaft hingegen schlägt leisere Töne an: Verständnis, Dialog, Rückhalt. Ein anderer Stil, gewiss – aber einer, der bei manchem auch Stirnrunzeln hervorruft.
Kritik im Fernsehen – und das eigene Schweigen
Brisant wird die Angelegenheit zudem dadurch, dass Frank Hoffmann sogar im Bayerischen Rundfunk, scharfe Kritik an seinen Stadtratskollegen Hohl und Wedlich geübt hat – obwohl er zu diesem Zeitpunkt genau wusste, dass auch er zu seinem Vorteil gehandelt hat.
Zwiespalt der Kommunalpolitik
Dabei liegt in alldem ein grundsätzliches Dilemma der Kommunalpolitik. Stadträte bringen oft berufliche Expertise mit, die der Stadt zugutekommt – doch genau das kann sie auch in Konflikte führen. Eine Gratwanderung zwischen Mandat und Beruf, zwischen öffentlichem Auftrag und privatem Vorteil.
Und manchmal ist auch das Gedächtnis der Stadt erstaunlich kurz. Professor Walter Wagner etwa, langjähriger CSU-Stadtrat und angestellter Arzt am Klinikum Bayreuth, saß jahrelang im Aufsichtsrat eben dieses Klinikums – kontrollierte also seine eigenen Vorgesetzten, ohne dass sich jemand daran störte. Nun verlässt er aus Empörung über die Affären seine Fraktion. Ironie der Geschichte? Vielleicht.
Verantwortung hat viele Gesichter
Am Ende bleibt der Eindruck: Jeder hat seine Konsequenzen gezogen – jeder auf seine Weise. Doch wie man in Bayreuth mit Fehltritten umgeht, sagt vielleicht viel über die Stadt aus und ihre Stadträte.