Seit Januar 2025 leitet Eva Christina Bär das neu geschaffene Kultur- und Wirtschaftsreferat der Stadt Bayreuth. Zum ersten Mal steht damit eine Frau an der Spitze des Kulturreferats – und erstmals sind Kultur und Wirtschaft in einem Ressort vereint. Im Gespräch erklärt die 48-Jährige, warum Kultur für sie mehr ist als ein „weicher Standortfaktor“.
Wie begegnen Sie der Sorge, dass Kultur zunehmend nur noch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten betrachtet wird?
Ich verstehe die Sorge, teile sie aus Sicht der Stadt Bayreuth aber nicht. Wir geben jährlich rund 3,2 Millionen Euro an Fördergeldern für Kultur aus, sowohl institutionell als auch projektbezogen. Das ist für eine mittelgroße Stadt wie Bayreuth beachtlich. Dabei gibt es auch keine wirtschaftlichen Vorgaben für die Empfänger. Kultur und Wirtschaftlichkeit widersprechen sich für mich auch nicht. Auch Kulturschaffende arbeiten nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten und müssen rechnen: Gagen, Zuschauerzahlen, Betriebskosten – das gehört dazu.
Sie beschreiben Ihre Vision für Bayreuth mit dem Satz „Alles bleibt anders!“ — was genau meinen Sie damit?
Für mich bedeutet das: Bewährtes soll bleiben, Strukturen sollen respektiert werden, aber wir müssen auch den Mut haben, Neues zu wagen und Dinge zu hinterfragen. Nach sieben Monaten möchte ich mir aber noch kein abschließendes Urteil erlauben. Ich entdecke gerade erst den Kultursommer, das Bürgerfest, die Festspiele – vieles sehe ich zum ersten Mal. Wichtig ist mir, im Austausch mit Akteurinnen und Akteuren, mit Verwaltung und Politik herauszufinden, wo man noch besser werden kann.
Mit Blick auf das 150-jährige Jubiläum der Bayreuther Festspiele im kommenden Jahr. Können Sie konkret sagen, wie Sie das Festspielhaus für die nächsten Jahre attraktiver machen wollen, ohne die Wurzeln der Festspiele anzutasten?
Der neue General Manager Matthias Rädel und die Künstlerische Leiterin Katharina Wagner haben diesbezüglich gute und zukunftsweisende Ansätze. Zudem investieren Bund und Land in die Sanierung. Unsere Aufgabe als Stadt sehe ich darin, die Stadtgesellschaft stärker mit dem Festspielhaus zu verbinden. Dazu gehören Infrastruktur und Service: Wie komme ich nach der Vorstellung nach Hause? Gibt es genug Hotels, Gastronomie, vielleicht sogar einen Friseur vor Ort? Auch das gehört zum Gesamterlebnis. Wir möchten die Menschen einbeziehen, ihre Wünsche hören und in einen Beteiligungsprozess einsteigen. Dafür gab es im Mai eine Auftaktveranstaltung, weitere Formate sind geplant.
Das Budget für Kultur und Wirtschaft ist oftmals abhängig vor allem von freiwilligen Zuschüssen. Wo sehen Sie Spielräume für Investitionen? Und was wären die ersten Projekte, die Sie kürzen müssten, wenn der Haushalt schrumpft?
Momentan sind wir zum Glück nicht in dieser Lage. Sollte sich das ändern – etwa durch den Wegfall eines großen Gewerbesteuerzahlers, müssten wir unsere finanziellen Gestaltungsspielräume überprüfen und neu aufstellen. Etabliertes zu bewahren und trotzdem Spielraum für Neues zu schaffen, bleibt die Herausforderung. Dazu gehört, weiter Fördermittel einzuwerben, auch über Drittmittel und mit moderaten Gebührenerhöhungen. Hoffnung setze ich auf eine mögliche Einführung der Übernachtungssteuer, die uns finanzielle Spielräume eröffnen könnte. Außerdem sind Sponsoren wie die Sparda-Bank, die Sparkasse und ihre Kulturstiftung unverzichtbar. Ohne solche Unterstützung wäre vieles nicht möglich.
In Ihrer Biografie findet sich ein breites Spektrum von Textildesign, über Qualitätsmanagement, bis hin zu Theaterleitung. Was hat Sie besonders geprägt für Ihre jetzige Aufgabe?
Vor allem meine sechs Jahre als ehrenamtliches Mitglied des Nürnberger Stadtrats. In dieser Zeit habe ich viel über das Zusammenspiel von Politik, Verwaltung und Bürgerinnen und Bürgern gelernt – und auch über mich selbst. Ich habe großen Respekt vor politischem Engagement, weil man das neben Beruf und Familie stemmen muss. Diese Erfahrung hilft mir heute dabei, Brücken zu bauen zwischen den verschiedenen Akteuren, damit wir alle gemeinsam die Stadt lebenswerter machen.
Sie haben in Rothenburg, Nürnberg, Erlangen gearbeitet — alles Städte mit eigenen Kulturprofilen. Wo sehen Sie die größte kulturelle Stärke Bayreuths, und was könnte sich die Stadt von den anderen Orten abschauen?
Mich begeistert in Bayreuth die Vielfalt: historische Gebäude neben Urban Art, Studierende neben alteingesessenen Bürgerinnen und Bürgern. Oft denkt man nur an Wagner, aber hier gibt es viel mehr an Kultur - spartenübergreifend. Besonders ist auch das gute Miteinander der Kulturakteure. Viele sind in mehreren Vereinen engagiert und unterstützen sich gegenseitig. Diese Zusammenarbeit und dieses Flair habe ich so noch nicht erlebt. Das ist ein echtes Privileg und etwas, wovon andere Städte lernen könnten.