Im Vorfeld der Gedenkfeiern zur Reichspogromnacht am 9. November besuchte der Landtagsabgeordnete Franc Dierl (CSU) die jüdische Gemeinde in Bayreuth. Er besichtigte die Synagoge und informierte sich über das neue Gemeindezentrum in der Münzgasse. Dort entsteht in den Räumen des früheren Iwalewa-Hauses ein neues Zentrum des jüdischen Lebens.
Dierl zeigte sich beeindruckt vom Baufortschritt. Er versprach, einen Kontakt zum Kulturfonds Bayern herzustellen, um mögliche finanzielle Unterstützung zu prüfen. Laut Felix Gothart, dem Vorsitzenden der Israelitischen Kultusgemeinde Bayreuth, soll das Zentrum im kommenden Frühjahr eröffnet werden. Mit Synagoge, Mikwe, Veranstaltungssaal und Museum entsteht damit ein kleines jüdisches Viertel mitten in der Stadt.
Die Bayreuther Synagoge hat eine besondere Geschichte. Sie ist die älteste Synagoge Deutschlands, die noch aktiv genutzt wird. Dank der Nähe zum Markgräflichen Opernhaus blieb sie während der nationalsozialistischen Novemberpogrome 1938 verschont, so Gothart.
Das Gotteshaus geht auf das frühe 18. Jahrhundert zurück. Die Brüder David und Moses Seckel kauften das ehemalige „Comoedien- und Redouten-Haus“ und ließen es 1760 zur Synagoge umbauen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Gebäude in den 1960er Jahren umgestaltet. Zwischen 2013 und 2018 folgte eine umfassende Sanierung mit dem Bau einer neuen Mikwe.
Gothart gab Dierl auch Einblicke in das religiöse Leben der rund 350 Gemeindemitglieder. Männer und Frauen beten getrennt, erklärte er. Die Gebete finden auf Hebräisch statt, die Predigt auf Deutsch. Nach der Wende 1989 traten viele neue Mitglieder aus der ehemaligen Sowjetunion bei. „Plötzlich waren mehr Leute da, als wir Gemeindemitglieder hatten“, erinnerte sich Gothart.
Der Sabbat steht im Mittelpunkt des Gemeindelebens. An diesem Tag ruht jede Arbeit – auch Autofahren, Kochen oder die Nutzung von Handy und Computer. „Das klingt altmodisch, ist es aber nicht“, betonte Gothart. Der Sabbat biete die Chance, zur Ruhe zu kommen und gestärkt in die neue Woche zu starten.
Auf die Frage nach wachsender Angst in Zeiten zunehmenden Antisemitismus antwortete Gothart offen: Die Synagoge sei mit Kameras gesichert. „Wir wollen aber keine Festung sein“, stellte er klar.
Ein besonderer Schatz ist der Genisa-Fund, der 2009 auf dem Dachboden entdeckt wurde. Dabei handelt es sich um religiöse Schriften und Gegenstände aus dem 18. Jahrhundert. Sie haben selbst die NS-Zeit unbeschadet überstanden und sollen künftig im neuen Museum gezeigt werden.
Zum Abschluss dankte Franc Dierl dem Vorsitzenden für den Einblick in Geschichte und Gegenwart der Gemeinde. „Ich nehme die Einladung zur Gedenkfeier am 9. November auf dem jüdischen Friedhof gern an“, sagte Dierl. „Es ist mir Ehre und Mahnung zugleich.“