Veröffentlicht am 03.09.2025 13:29

Wochenarbeitszeit statt 8-Stunden-Tag: Wer hat die besseren Argumente?

Ein Sprecher der ZF Friedrichshafen AG mit seinen Werken in Auerbach und Bayreuth erklärt, dass man bereits heute sehr flexible betriebliche Regelungen zur Arbeitszeitgestaltung habe. Foto: ZF (Foto: red)
Ein Sprecher der ZF Friedrichshafen AG mit seinen Werken in Auerbach und Bayreuth erklärt, dass man bereits heute sehr flexible betriebliche Regelungen zur Arbeitszeitgestaltung habe. Foto: ZF (Foto: red)
Ein Sprecher der ZF Friedrichshafen AG mit seinen Werken in Auerbach und Bayreuth erklärt, dass man bereits heute sehr flexible betriebliche Regelungen zur Arbeitszeitgestaltung habe. Foto: ZF (Foto: red)
Ein Sprecher der ZF Friedrichshafen AG mit seinen Werken in Auerbach und Bayreuth erklärt, dass man bereits heute sehr flexible betriebliche Regelungen zur Arbeitszeitgestaltung habe. Foto: ZF (Foto: red)
Ein Sprecher der ZF Friedrichshafen AG mit seinen Werken in Auerbach und Bayreuth erklärt, dass man bereits heute sehr flexible betriebliche Regelungen zur Arbeitszeitgestaltung habe. Foto: ZF (Foto: red)

Eine tägliche Arbeitszeit von acht Stunden war eine große soziale Errungenschaften für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Jetzt will die Bundesregierung die bisherige Regelung aber durch eine wöchentliche Höchstarbeitszeit ersetzen. Dafür gibt es Zustimmung der Arbeitgeberseite, aber auch deutliche Kritik der Gewerkschaften. Was sagen Handwerkskammer, IHK, Gewerkschaften und Firmen zu der geplanten Neuregelung?

„Grundsätzlich begrüßen wir als Handwerkskammer alle Maßnahmen und Regelungen, die das Arbeiten im Handwerk für alle Beteiligten flexibler machen können. Innovative Arbeitszeitmodelle können dabei einen echten Mehrwert darstellen. Wichtig ist dabei aber, dass neue Regelungen für alle funktionieren – für Betriebsinhaber genauso wie für die gesamte Belegschaft”, antwortet ein Sprecher der Handwerkskammer Oberfranken in Bayreuth.

Die HWK sei überzeugt, dass flexiblere Arbeitszeitmodelle für Betriebe ein wesentlicher Faktor sein könnten, um neue Fachkräfte zu finden oder auch zu binden. Denn viele Menschen wünschten sich mehr Flexibilität, um zum Beispiel den Arbeitsalltag besser der jeweiligen spezifischen Lebenssituation anpassen zu können. Die Möglichkeit einer wöchentlichen anstatt einer täglichen Höchstarbeitszeit könne, clever organisiert, auch zu einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf führen.

„Selbstverständlich müssen wir dabei genau hinschauen, dass Menschen nicht ausgebeutet werden. Deshalb sollte bei allen Regelungen der Arbeitsschutz gewahrt bleiben und ausreichende Ruhezeitregelungen beibehalten werden. Grundsätzlich begrüßen wir als Kammer aber den Mut zu mehr Freiheit und Flexibilität bei der Arbeitszeitgestaltung.”

IHK-Hauptgeschäftsführer Wolfram Brehm sieht das ganz ähnlich: „Unternehmen, die wettbewerbsfähig bleiben wollen, müssen schnell auf Marktveränderungen, Kundenbedürfnisse und andere sich ändernde Geschäftsanforderungen reagieren. Kunden erwarten heute schnelle Reaktionen und eine gute Erreichbarkeit.

Mobiles Arbeiten, Homeoffice und Vertrauensarbeitszeit sind längst Alltag. Doch das Arbeitszeitgesetz mit seiner starren Tageshöchstarbeitszeit und elfstündigen Ruhezeit bremst Unternehmen, aber auch Beschäftigte aus. Eine Modernisierung des Arbeitszeitgesetzes ist längst überfällig.”

Wertvolles Potenzial bleibe ungenutzt, weil Arbeitszeiten nicht flexibel an betriebliche oder persönliche Bedürfnisse angepasst werden könnten. Die Arbeitszeit müsse sich deshalb am Wochenbedarf orientieren, nicht an einem einzelnen Tag.

„Die EU-Arbeitszeitrichtlinie bietet dafür den nötigen Spielraum. Eine wöchentliche Höchstarbeitszeit gibt Unternehmen und Beschäftigten mehr Freiheit, auf Auftragsspitzen, saisonale Schwankungen oder familiäre Anforderungen zu reagieren, etwa die Betreuung der Kinder”, sagt Brehm.

Die Vertrauensarbeitszeit müsse als flexibles Modell erhalten bleiben. Eine gesetzliche Arbeitszeiterfassung dürfe nicht zu noch mehr Bürokratie führen oder die Flexibilität einschränken.

Ganz anderer Meinung ist die Gewerkschaft. Nach deren Überzeugung würde das Vorhaben der Bundesregierung Millionen Beschäftigte schutzlos stellen und Arbeitszeiten zum Spielball einseitiger Arbeitgeberinteressen machen. „13-Stunden-Tage sind keine Zukunftslösung, sondern ein Rückfall in Zeiten, in denen Arbeit vor allem eines war: gesundheitsgefährdend“, warnt ein Sprecher des DGB Oberfranken.

Das Argument, wonach die geplante Neuregelung mehr Flexibilität ermögliche, lässt der DGB Bayern nicht gelten. Schon heute ermöglichten Tarifverträge zahlreiche flexible Arbeitszeitmodelle – auch im Rahmen des bestehenden Gesetzes. Gerade deshalb sei der gesetzliche Rahmen so wichtig: Er schaffe Mindestschutz, dort, wo Tarifbindung fehle – und das betreffe inzwischen fast jeden zweiten Beschäftigten in Bayern.

„Dass trotz Rekordwerten bei der Arbeitszeit – 54,7 Milliarden geleistete Arbeitsstunden, 1,2 Milliarden Überstunden, davon mehr als die Hälfte unbezahlt – weiterhin die Mär verbreitet wird, in Deutschland werde zu wenig gearbeitet, ärgert Bernhard Stiedl, Vorsitzender des DGB Bayern, maßlos: „Die Beschäftigten erleben doch längst das Gegenteil: zunehmende Arbeitsverdichtung, fehlende Planbarkeit, wachsende Erschöpfung. Die Antwort der Politik darauf darf nicht sein, die Belastungen noch weiter zu erhöhen.“

Volker Plotz, HR-Leiter am Standort Pegnitz des Pumpenherstellers KSB, sagt zum Thema Wochenarbeitszeit: „Das könnte für KSB eine größere Flexibilität und Vereinfachung bedeuten. Arbeitnehmer könnten dann beispielsweise an einem Tag weniger arbeiten oder arbeitsfrei haben und als Ausgleich an anderen Tagen mehr arbeiten. Grundlage, die geleisteten Arbeitsstunden zu dokumentieren, wären Arbeitszeitkonten, wie sie KSB und andere Unternehmen heute schon haben.”

Als tarifgebundenes Unternehmen habe KSB eine 35-Stunden-Woche. Diese tarifliche Arbeitszeit würde im Durchschnitt weiterhin eingehalten. Plotz: „Schon heute können KSB-Mitarbeitende im gesetzlichen Rahmen 48 Stunden und mehr pro Woche arbeiten, sofern es eine höhere Arbeitsauslastung notwendig macht. Die Zeit wird natürlich ausgeglichen.

Ein Unternehmenssprecher der ZF Friedrichshafen AG mit seinen Werken in Auerbach und Bayreuth erklärt, dass man bei ZF – basierend auf den Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes sowie der Tarifverträge – bereits heute sehr flexible betriebliche Regelungen zur Arbeitszeitgestaltung habe. Dazu gehörten unter anderem Gleitzeit, verknüpft mit Arbeitszeitkonten, oder die Möglichkeit zu mobiler Arbeit (Homeoffice), wenn die Arbeitsaufgabe dies zulasse.

„Sollte sich an der gesetzlichen Vorgabe etwas ändern und dies auch die Tarifbestimmungen beeinflussen, würden wir dies auch in unseren betrieblichen Regelungen berücksichtigen.”


Von Udo Fürst
Udo Fürst
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