Ein Thema spielte bei der Nominierung von Florian Wiedemann zum Landratskandidaten der FWG im Landkreis Bayreuth am Dienstag im Sportheim des FC Creußen (wir berichteten) kaum eine Rolle: Der jahrelange Streit zwischen dem Landrat und Teilen der Freie Wähler-Kreistagsfraktion.
Die Auseinandersetzung hat vor einigen Tagen eine neue Stufe erreicht, als die Pegnitzer FWG und die Freien Wähler gemeinsam mit der CSU mit dem Christsozialen Stefan Specht einen gemeinsamen Bürgermeisterkandidaten nominierten und bei der Gelegenheit verkündeten, einen FWG-Landratskandidaten Wiedemann nicht im Wahlkampf unterstützen wollen.
Der Landrat habe zentrale Wahlversprechen nicht gehalten und die Werte der Freien Wähler ignoriert, heißt es aus Pegnitz. Jetzt steht sogar eine von Hans Hümmer aus Trockau ins Spiel gebrachte eigene Liste für die Kreistagswahl im März kommenden Jahres im Raum. Entschieden werden soll darüber im Herbst.
War schon allein diese Tatsache eine Überraschung, dürfen die Aussagen einiger FW- und FWG Kommunalpolitiker aus Pegnitz in Sachen Landratskandidatur als offener Affront gegen Amtsinhaber Wiedemann gesehen werden. Vor allem Thomas Schmidt, dritter Bürgermeister in Pegnitz, Stadt- und Kreisrat, begrüßte zur Versammlung den CSU-Landratsbewerber Lars Peetz, der für die FWG in Pegnitz „eine wichtige Rolle” spiele. Er verdeutlichte, dass FW und FWG in Pegnitz „komplett hinter Lars Peetz” stünden.
Eine zentrale Rolle beim Streit zwischen den Pegnitzer Freien und dem Landrat nimmt Hans Hümmer ein. Der Vorsitzende der FWG-Kreistagsfraktion liegt mit Wiedemann seit fast fünf Jahren im Clinch, wirft ihm unter anderem Fehler beim Kreishaushalt mit einer „viel zu hohen” Kreisumlage, unnötig hohen Ausgaben (Seilbahn Ochsenkopf, Therme Obernsees), die Vernachlässigung der Kreisstraßen, eine überbordende Bürokratie mit immer mehr Personal am Landratsamt und ein „Generalversagen” in Sachen südlicher Landkreis vor.
Eskaliert ist die Auseinandersetzung 2021/22 in der Corona-Zeit. Damals verordnete das Landratsamt gegen Hümmer einen Bußgeldbescheid, weil er trotz der Quarantäne-Anordnung an Terminen teilgenommen und sich unter Menschen aufgehalten haben soll. Gegen diesen Bußgeldbescheid vom Landratsamt ging der Politiker rechtlich vor und wurde schließlich freigesprochen.
Florian Wiedemann nimmt die Auseinandersetzung mit seinen „Parteifreunden” zumindest nach außen gelassen hin. „Jeder hat das Recht auf Kritik und seine Meinung. Es ist zwar sehr schade, dass ich meine Kollegen in Pegnitz nicht von meiner Arbeit überzeugen kann, aber es allen Recht getan, ist eine Kunst, die niemand kann”, zitiert der Landrat einen bekannten Spruch.
Bei der Nominierungsversammlung am Dienstag zog Wiedemann ein Fazit seiner bisherigen Amtszeit und ging auch auf die Vorwürfe seiner Gegner ein. „Die Entwicklung der Kreisumlage auf 47 Punkte ist natürlich nicht erfreulich.” Aber das sei ein Problem für fast alle Landkreise in Bayern. „Von 71 Landkreisen haben lediglich zehn eine niedrigere Kreisumlage als wir.” Als Gründe für die Erhöhung nannte der Landrat eine höhere Bezirksumlage sowie höhere Ausgaben für Soziales und Jugendhilfe. „Diese Steigerungen lagen bei uns bei 7,7 Millionen Euro.”
Um die Kreisumlage nicht noch stärker anheben zu müssen, habe man konsequent die Rücklagen von 19 Millionen (2020) auf zehn Millionen Euro (2024) abgebaut. „Eine langjährige Forderung der FWG im Landkreis Bayreuth.” Zum Vorwurf, es gebe zu viel Personal am Landratsamt, sagte Wiedemann: „Laut Prüfungsverband liegt der Landkreis bei den Personalkosten im bayernweiten Durchschnitt, bei einem Vergleich der Personalausgaben sogar leicht darunter.”
Vehement verteidigte Wiedemann den Bau der Seilbahnen am Ochsenkopf und die Sanierung der Therme Obernsees. „Investitionen in den Tourismus im Fichtelgebirge und in der Fränkischen Schweiz sind überlebenswichtig für den Landkreis. Für beide Projekte habe man zudem hohe Zuschüsse von bis zu 30 Prozent bekommen.
Als wichtigste Aufgaben einer eventuell weiteren Amtszeit nannte Florian Wiedemann die Fortführung der Haushaltskonsolidierung, Investitionen in die Infrastruktur des Kreises und eine sinnvolle Verbesserung der Mobilität. Sein Ziel seien jährlich zehn Kilometer Straßenbau beziehungsweise Straßensanierung.
Abschließend sagte Wiedemann bezüglich der „Pegnitzer Problematik”: „Ich weiß, dass es dort auch mir wohlgesonnene Bürgerinnen und Bürger gibt. Ich will beweisen, dass mir Pegnitz und der südliche Landkreis genauso am Herzen liegt wie der Rest.”
So dürfte der Landrat sein überragendes Ergebnis bei der FWG-Nominierungsversammlung in Creußen mit Wohlwollen und Erleichterung aufgenommen haben. 76 von 77 Stimmen und minutenlanges Standing Ovation der Mitglieder bedeuteten einen enormen Rückenwind für Florian Wiedemann. Auch wenn von der Pegnitzer FWG kaum jemand an der Abstimmung teilgenommen hat.