Veröffentlicht am 27.03.2022 12:00
Veröffentlicht am 27.03.2022 12:00

Lokalnachrichten in Bayreuth: Ausschluss schadet nur dem Ego

Lokalnachrichten in Bayreuth: Ausschluss schadet nur dem Ego (Foto: Hans Pastyrik)
Lokalnachrichten in Bayreuth: Ausschluss schadet nur dem Ego (Foto: Hans Pastyrik)
Lokalnachrichten in Bayreuth: Ausschluss schadet nur dem Ego (Foto: Hans Pastyrik)
Lokalnachrichten in Bayreuth: Ausschluss schadet nur dem Ego (Foto: Hans Pastyrik)
Lokalnachrichten in Bayreuth: Ausschluss schadet nur dem Ego (Foto: Hans Pastyrik)

BAYREUTH.

Athleten aus Russland und Belarus dürfen aufgrund des Krieges gegen die Ukraine an keinen internationalen Sport-Wettbewerben mehr teilnehmen. Eine der generellen Sanktionsmaßnahmen. Vor allem der wirtschaftliche Aspekt ist hier zu beachten.

Prof. Dr. Markus Kurscheidt, Professor an der Uni Bayreuth für Sport Governance und Eventmanagement, erklärt die Hintergründe der Sanktionen im Bereich des Sports:

Was soll der Ausschluss der Sportler bewirken?

Die internationalen Sportverbände sowie die Veranstalter von Sportwettbewerben wären nicht zu Ausschlüssen verpflichtet. Denn sie sind unabhängig und privatwirtschaftlich organisiert. Zudem seien sie überparteilich und unpolitisch. In Kriegszeiten ist das schwerlich durchzuhalten. Einerseits verlangt die Öffentlichkeit nach Solidarität gegen militärisch aggressives Verhalten, was auch mit den ethischen Ansprüchen des Sports im Einklang steht. Andererseits weigern sich die sportlichen Gegner, in den Wettkämpfen anzutreten. Die Verbände hatten kaum eine andere Wahl. Letztlich stehen also nicht die Wirkungen von Ausschlüssen im Vordergrund, sondern die Funktionsfähigkeit des Wettkampfbetriebs und das Image des Sports.

Wem schadet solch ein Ausschluss?

Sport hat eine große Wirkung in der Öffentlichkeit. Nicht umsonst haben autoritäre Regime, wie Russland unter Wladimir Putin, China unter Xi Jinping oder arabische Staaten, unter ihren Machthabern bedeutende Sportereignisse ausgerichtet oder bewerben sich darum. Nicht umsonst hat es in Russland veritables „Staatsdoping“ gegeben, oder haben China, Katar und andere, gezielt Spitzensportler eingebürgert, um ihre Nationalmannschaften in gewissen Sportarten wettbewerbsfähig zu machen. Sport ist auch eine prestigeträchtige Plattform und Projektionsfläche machtorientierter Politik. Ausschlüsse im Sport nehmen solchen geltungssüchtigen Autokraten durchaus ein Instrument der politischen Selbstdarstellung, die sogenannte „Soft Power“.

Kennen russischen Sportler den Hintergrund der Sanktionsmaßnahmen?

Sanktionsmaßnahmen sind generell ein schmaler Grat. Sie sollen das herrschende System treffen und zu einem Umdenken – auch im militärischen – Machtstreben führen. Es ist unvermeidlich, dass Konfrontationen in der internationalen Politik auch in den Bevölkerungen Nationalismus, Feindbilder und Abneigungen schüren. Das verstehen nicht alle, oder viele tun sich schwer, in einem solchen Konfliktumfeld zu differenzieren. Daher ist es wichtig, persönliche Beziehungen und den interkulturellen Austausch bestmöglich aufrechtzuerhalten. Jeder konstruktive Gesprächsfaden zählt.

Interessiert ein Land wie Russland der Ausschluss von Sportveranstaltungen überhaupt?

Die Einnahmen aus Sportveranstaltungen spielen etwa im Vergleich zu den Wirtschaftsbeziehungen in Bereichen wie Energie und Industrie keine relevante Rolle. Viel stärker wirken die Absagen von Sportveranstaltungen in Russland und Belarus kulturell und gesellschaftlich. Sport hat eine große Ausstrahlungskraft in der Öffentlichkeit. Die Hoffnung ist ja auch, damit die Opposition zu unterstützen und den Unmut der Bevölkerung gegenüber den Macht-

habern zu schüren. Der Rückhalt im eigenen Land interessiert

Putin mit Abstand am stärksten. Erst wenn sich Risse in Putins Machtsystem zeigen, wird er einlenken. Tragisch ist, dass dadurch die gesamte Bevölkerung und internationale Beziehungen in Mitleidenschaft gezogen werden. Aber autokratische Systeme bauen generell auf Unterdrückung und Ausbeutung ihrer Bevölkerung beziehungsweise ihres Landes auf. Das war schon vor den Sanktionen und Ausschlüssen der Fall.

Wiederannäherung nach Konfliktende?

Zweifelsohne wird die Wiederannäherung nach dem Konflikt sehr schwer. Umso wichtiger sind alle noch bestehenden Beziehungen, die dann wiederaufleben können. Diese sollten zumindest hinter den Kulissen weiter gepflegt werden. Der Sport ist jedoch ein Gesellschaftsbereich, der zum Brückenbau nach einer Entspannung beitragen kann. Die Wettkampf- und Zuschauerbegegnungen können für konstruktive Symbole und Freundschaftsbekundungen genutzt werden. Dabei kann man einiges aus den Erfahrungen nach dem Zweiten Weltkrieg lernen. Wann Ausschlüsse enden, wird der Kriegsverlauf und Schritte der politischen Annäherung zeigen. Definitiv werden die Wettkampfausschlüsse noch einige Monate aufrechterhalten. Bei anhaltender Konfrontation könnten es durchaus auch Jahre werden.


Von Jessica Mohr
jm
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