Mit einem Projektchor um religionsübergreifend dem Holocaust zu gedenken fing 2005 alles an. Dann kam der Zamirchor. Am Ende seines Weges ist dieser noch längst nicht angekommen. Von Anfang an als Chorleiterin und Vorsitzende dabei ist die studierte Sängerin Barbara Baier. Ihr kulturelles Engagement erfuhr unlängst eine besondere Ehrung: Das Bundesverdienstkreuz am Bande von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, verliehen durch Markus Blume, den Bayerischen Staatsminister für Wissenschaft und Kunst, am 7. März.
Als Sängerin ist Lampenfieber kein allzu großes Thema für Baier. Bei ihrem großen Auftritt am Münchner Staatstheater mit acht weiteren Kulturschaffenden aus Bayern war das dann jedoch anders. „Ich war überwältigt von der Nachricht im Herbst, dass ich mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet werde sollte. Die Verleihung wollte ich locker nehmen und dachte mir ‚Das ist doch bloß ein Stück Metall‘. Dann habe ich aber doch weiche Knie bekommen.
Dieses hohe Auszeichnung ist eine Würdigung des leidenschaftlichen Engagements im Bayreuther Zamirchor, denn Baier aus der Taufe gehoben hat. 2005 noch als Projektchor gegründet, hat der Zamirchor mittlerweile auch international in Frankreich, der Schweiz, aber auch in Bulgarien und sogar in New York gesungen – und immer wieder in Israel. Aus dem Hebräischen leitet sich auch der Name „Zamir“ ab. „Nachtigall“, sagt Baier. Passender könnte der Name kaum gewählt sein.
Baier selbst ist gebürtige Bayreutherin, kam im Alter von 17 Jahren in den Zusatzchor der Bayreuther Festspiele. „Das war damals der zündende Funke. Ich wusste: ‚Das wird mein Weg sein.‘“, erinnert sich Baier Jahrzehnte später. Noch vor dem Gesangsstudium hat sie eine Ausbildung zur Medizinisch-technisch Angestellten absolviert. „Um sicher zu gehen. Man weiß ja nie“, sagt Baier. Als MTA hatte sie damals ihr Gesangsstudium mitfinanziert.
„Angefangen habe ich mit dem israelischen Dirigenten Isaak Tavior. 2005 am MWG in Bayreuth war das mit einem Gedenken an den Holocaust“, erinnert sich Baier. Aus diesem Projekt ging ein Jahr später der Zamirchor hervor, es folgte die gleichnamige Halle in der Eduard-Bayerlein-Straße. „Rund 30 Aktive singen derzeit, dazu kommen einige passive Mitglieder“, sagt Baier.
Ein Höhepunkt des bisherigen Schaffens des Zamirchors für Baier: Die Konzertreise nach Israel im Mai 2015. Sie zelebrierte die Freundschaft des früheren Bundeskanzlers Konrad Adenauer und David Ben-Gurion, den Gründer des heutigen Staats Israel. Was Beier nur nebenbei sagt: Alle Reisen des Chors zahlen die Mitglieder aus eigener Tasche. Viele wenden dabei einen Großteil ihres Jahresurlaubs auf und nehmen dafür ordentlich Geld in die Hand.
Die Nähe zu Israel und die vielen über Jahre geknüpften Freundschaften in den Judenstaat rücken das derzeitige Leid des Kriegs in Nahost auch an den Bayreuther Chor nah heran. „Es ist schrecklich“, teilen uns unsere Freunde mit. Besonders verstärkt wird dadurch die Ohnmacht, dass der Chor als Künstler und Mittler der Völker derzeit machtlos ist.
Der Chor tut in dieser schweren Zeit das, was er am besten kann: Singen. Auch 2024. „In diesem Jahr bohren wir das dickste Brett, das wir bisher vor uns hatten“, kündigt Baier an. Anlässlich des 75-jährigen Bestehens des Grundgesetzes treffen im September sieben Chöre zusammen. Der Zamirchor natürlich, dazu kommen Chöre aus Bulgarien, Italien und einmal mehr aus Israel. „100 Sänger und 80 Musiker werden am 24. September ein Konzert in Bamberg geben. Wir sind froh und dankbar in Demokratien leben zu können. Und die müssen wehrhaft sein und bleiben. Das werden wir laut heraussingen.“ Dieses Ansinnen ist tatsächlich eine Ehrung durch den Bundespräsidentin wert. Baier hat das Bundesverdienstkreuz am Bande erhalten. Stellvertretend für einen Chor mit einer klaren Idee von menschlichem Miteinander.