OBERFRANKEN / RÖDENTAL, LKR. COBURG / MALMÖ, SCHWEDEN. Nach monatelangen internationalen Ermittlungen der Kriminalpolizei Coburg in Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft Coburg und den schwedischen Behörden konnte ein aufwändig geführtes Verfahren gegen zwei nigerianische Staatsangehörige am 9. Juli mit einem Urteil des Landgerichts Coburg abgeschlossen werden. Das Landgericht Coburg verurteilte die beiden Männer wegen gewerbs- und bandenmäßigen Betruges in fünf bzw. drei Fällen zu Freiheitsstrafen von sechs Jahren und drei Monaten sowie drei Jahren und sechs Monaten. Die Angeklagten waren Teil einer international agierenden Tätergruppierung, die sich auf sogenanntes „Love-Scam“ spezialisiert hatte.
Opfer aus Rödental um rund 220.000 Euro betrogen
Im Jahr 2022 nahm einer der beiden Täter über eine Online-Dating-Plattform Kontakt zu einer 59-jährigen Frau aus Rödental auf. Er gab sich als schwedischer Bauingenieur aus und erschlich sich über Monate hinweg ihr Vertrauen. Nach einigen Wochen bat der Angeklagte die Geschädigte unter dem Vorwand, er sei für einen Großauftrag nach Dubai gereist und könne dort kein Konto eröffnen, erstmals um Geld. Weitere Geldforderungen folgten mit unterschiedlichen Begründungen. In dem Glauben, eine ernsthafte Beziehung aufzubauen und dem vermeintlichen Partner aus der Not zu helfen, überwies die Geschädigte, die davon ausging, das Geld nach Durchführung des angeblichen Großauftrags zurückzuerhalten, innerhalb eines Jahres rund 220.000 Euro auf verschiedene ausländische Konten bzw. leistete Zahlungen über internationale Zahlungsdienstleister ins Ausland und auf verschiedene Bitcoin-Konten.
Als die Frau im Jahr 2023 den Betrug erkannte, wandte sie sich an die Coburger Polizei. Die daraufhin von der Kriminalpolizei aufgenommenen Ermittlungen führten über digitale Spuren und Zahlungsströme zu zwei tatverdächtigen Männern im schwedischen Malmö.
Festnahmen in Schweden – Überstellung nach Deutschland
Auf Grundlage eines Europäischen Haftbefehls erfolgte im Juni 2024 in Malmö die Festnahme der beiden Tatverdächtigen im Alter von 32 und 55 Jahren im Rahmen eines koordinierten Einsatzes durch die schwedische Polizei in enger Zusammenarbeit mit den Coburger Ermittlern. Anschließend wurden die Männer nach Deutschland überstellt.
Internationale Tätergruppierung – Gesamtschaden über 750.000 Euro
Nach den gewonnenen Erkenntnissen sind die beiden Verurteilten Teil einer international agierenden Gruppierung, die systematisch Liebesbetrug betreibt. Im Rahmen der weiteren Ermittlungen, insbesondere der Auswertung von Mobiltelefonen und Datenträgern, konnten Hinweise auf zahlreiche weitere Geschädigte gewonnen werden.
Insgesamt führten allein die im Verfahren dokumentierten fünf Fälle zu einem nachgewiesenen Gesamtschaden von rund 760.000 Euro innerhalb eines Zeitraums von knapp vier Jahren. Darüber hinaus gehen die Ermittler von einer hohen Dunkelziffer aus, da viele Taten aus Scham oder Unsicherheit nicht angezeigt werden. Weitere mutmaßliche Tatverdächtige befinden sich im Ausland, vermutlich unter anderem in Dubai und Nigeria, und konnten bislang nicht festgenommen werden.
Hintergrund: Love-Scam
Beim sogenannten „Love-Scam“ (auch „Romance-Scam“) handelt es sich um eine perfide Form des Betrugs, bei der Täter unter falscher Identität über Online-Dating-Portale oder soziale Netzwerke Kontakt zu ihren Opfern aufnehmen. Oft nutzen Betrüger fremde Fotos von Soldaten, Ärzten oder anderen vertrauenswürdig wirkenden Personen aus dem Internet für ihr Profil.
Ziel ist es, durch Vorspiegelung romantischer Gefühle eine emotionale Abhängigkeit aufzubauen. In der Folge wird eine angebliche finanzielle Notlage geschildert, um Geldzahlungen zu erwirken. Die Täter setzen die Opfer häufig massiv unter psychischen Druck. Bleiben Zahlungen aus, bricht der Kontakt abrupt ab.
Die Kriminalpolizei Oberfranken warnt in diesem Zusammenhang eindringlich vor dieser Betrugsform und rät zur besonderen Vorsicht bei Online-Bekanntschaften. Im Verdachtsfall sollten Betroffene umgehend Anzeige erstatten.
Tipps gegen Love-Scam:
Misstrauen bei Kontaktaufnahme nur per Text: Betrüger meiden Anrufe, Videocalls oder Sprachnachrichten.
In der App bleiben: Wechseln Sie nicht leichtfertig auf WhatsApp & Co. – in der App gibt es mehr Schutzmechanismen.
Vorsicht bei schnellen Liebesbekundungen: Übertriebene Zuneigung kann Teil von „Love Bombing“ sein – einer Manipulationstaktik.
Keine sensiblen Daten teilen: Geben Sie keine Adresse, Bankdaten oder Infos zum Arbeitsplatz preis.
Geldforderungen sind ein Warnsignal: Oft wird eine Notlage vorgetäuscht, um Geld zu erschleichen.
Bauchgefühl ernst nehmen: Wenn etwas seltsam wirkt – Gespräch abbrechen.
Rückwärts-Bildersuche nutzen: Taucht das Profilbild auch anderswo auf? Das kann auf Fake-Profile hinweisen.
Profile melden: Verdächtiges Verhalten immer der Plattform melden.
Geduld ist kein Widerspruch zu echter Nähe: Wer es ehrlich meint, akzeptiert Ihr Tempo und Ihre Vorsicht.