Bamberg, 8. August 2025 - Die von Städten, Kommunen, Landkreisen und Gemeinden angekündigten Sparmaßnahmen im sozialen Bereich bereiten auch den Verantwortlichen des Diözesan-Caritasverbandes Bamberg (DiCV Bamberg) große Sorgen. Nach Ansicht des Bamberger Caritasdirektors Michael Endres gefährden die Kürzungen vor allem das Wohl von Kindern und Jugendlichen.
”Budget-Kürzungen grob fahrlässig”
„Als Caritasverband stehen wir, aber auch andere Sozialorganisationen wie etwa der Landesverband katholischer Einrichtungen und Dienste der Erziehungshilfen in Bayern (LVkE), über unsere Angebote und Dienste u. a. auch in direktem Kontakt mit Kindern, Jugendlichen und Familien, die auf verlässliche, gut ausgestattete Hilfestrukturen angewiesen sind. Wir wissen: Gerade in einer Zeit multipler Krisen, in der junge Menschen mit erheblichen Belastungen konfrontiert sind, wäre ein Rückbau sozialer Angebote nicht nur kurzsichtig, sondern tatsächlich grob fahrlässig”, sagte Michael Endres, Vorstandsvorsitzender und Direktor des DiCV Bamberg.
Ehrliche Analysen gefordert
Die aktuellen Befunde der Politik stehen dem entgegen. Sie hält jährliche Kostensteigerungen von bis zu zehn Prozent in der Jugendhilfe sowie in der Eingliederungshilfe für nicht länger akzeptabel. Laut Statistischem Bundesamt lagen die Ausgaben von Bund, Ländern und Kommunen für den Bereich der Kinder- und Jugendhilfe 2023 bei rund 71,9 Mrd. Euro. Das sind 9,2 Prozent mehr als 2022. Im Vergleich dazu lagen die Aufwendungen für die Kinder- und Jugendhilfe im Jahr 2013 bei rund 35,5 Mrd. Euro. Korrekt ist: Innerhalb von zehn Jahren haben sich die Ausgaben verdoppelt. Dieser Anstieg ist insbesondere auf den Ausbau der Kindertagesbetreuung zurückzuführen (Vgl. KomDat Dezember 2024, Nr.3/2024). Der lag 2023 bei ca. 48,8 Mrd. Euro (67,9 Prozent). Weitere Ursachen sind Tarifentwicklungen sowie allgemeine Preis- und Kostensteigerungen. Die wesentliche Erkenntnis aber ist, dass die Ausgaben für die Kinder- und Jugendhilfe im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) insgesamt stagnieren. Ihr BIP-Anteil lag zwischen 2021 und 2023 bei 1,7 Prozent und damit auf einem gleichbleibend niedrigen Niveau. „Was wir brauchen, sind ehrliche, reflektierte Analysen und keine pauschalisierten Entscheidungen, die jeder Verhältnismäßigkeit entbehren”, betont Endres.
”Kinderschutz darf kein Randthema sein”
Mit Blick auf die Kommunalwahl 2026 appelliert Endres an die Lokalpolitik in den Landkreisen, Städten, Kommunen und Gemeinden: „Gerade der Kinderschutz darf kein Randthema sein – er muss stattdessen zu einer kommunalen Kernaufgabe werden. Wer aber staatliche Zuschüsse unter rein kaufmännischen Gesichtspunkten kürzt, tut das gänzlich unreflektiert. Themen wie Inklusion oder Chancengleichheit erscheinen dann nur noch als rein machtpolitisch kolportiertes Kalkül, das die Glaubwürdigkeit politischer Entscheidungsträger massiv schwächt. Stattdessen müssen Prävention, frühe Hilfen, Schutzkonzepte und beteiligungsorientierte Strukturen finanziell abgesichert werden.” Denn sie zählen für Endres ebenso zur kritischen Infrastruktur wie etwa auch Investitionen in die Digitalisierung, die Verteidigung und den Verkehr.
Soziale Realität vs. gesetzlicher Anspruch
Vor diesem Hintergrund ist die geplante gesetzliche Verankerung der unabhängigen Aufarbeitung sexualisierter Gewalt durch das UBSKM-Gesetz (Unabhängiger Bundesbeauftragter gegen sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen, UBSKM) ein entscheidender Schritt. Das seit dem 1. Juli 2025 in Kraft getretene Gesetz kann aber de facto nur dann seine volle Wirkung entfalten, wenn auf kommunaler Ebene auch die nötigen finanziellen Ressourcen für Kinderschutz, Aufarbeitung und fachliche Begleitung bereitgestellt werden. Die soziale Realität darf deshalb nicht hinter dem gesetzlich festgeschriebenen Anspruch zurückbleiben.
Besondere Aufmerksamkeit erfordern nach Ansicht der Caritas außerdem geflüchtete Kinder. Sie brauchen pädagogische Begleitung, sichere Perspektiven und kindgerechte Rahmenbedingungen – keine restriktiven Maßnahmen oder standardisierte Unterbringungen, die dem Kindeswohl nicht gerecht werden.
Zusammenhalt und Solidarität akut gefährdet
Der DiCV Bamberg steht für eine starke Kinder- und Jugendhilfe, für verlässliche Schutzräume und für menschenwürdige Perspektiven – unabhängig von Herkunft, Status oder Religion. Hinter den sozialen Kürzungen stehen politische Entscheidungen, die laut Endres Konsequenzen haben werden. „Wir müssen uns im Klaren sein: Wer einfach den Rotstift ansetzt, der spart zwar auf den ersten Blick, riskiert aber gleichzeitig auch den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Solidarität vor Ort, wenn sich Menschen, Familien und Kinder in Not nicht mehr auf soziale Hilfen verlassen können. Und die sehe ich schon jetzt und erst recht in der Zukunft als fundamental gefährdet, wenn Städte, Gemeinden und Kommunen gemeinsam mit Bund und Ländern hier nicht für Entlastung sorgen. Deshalb brauchen wir jetzt die Unterstützung”, appelliert Endres an die politischen Entscheidungsträger.
Investitionen in den Kinderschutz
Sozialer Rückbau ist nach Ansicht von Endres keine nachhaltige Lösung. Deshalb fordert der Bamberger Caritasdirektor Investitionen in den Kinderschutz sowie die Teilhabe und Unterstützung für junge Menschen. Das sei kein Luxus, sondern die Grundlage für eine zukunftsfähige Gesellschaft. Die zu gestalten, dafür biete die Kommunalwahl 2026 eine Chance, soziale Verantwortung ganz konkret weiterzuentwickeln. „Die sollten wir gemeinsam nutzen.”