In der Zwickmühle zwischen schwieriger wirtschaftlicher Lage und dem Wunsch nach möglichst optimalem sportlichen Erfolg musste die Zusammenstellung des Kaders der SpVgg Bayreuth für die neue Saison in der Regionalliga Bayern erfolgen – und das Ergebnis kann sich angesichts der durchaus prekären finanziellen Situation der Spielbetriebs-GmbH und der nach wie vor bestehenden Unsicherheit um deren künftige Führung durchaus sehen lassen.
SpVgg-Geschäftsführerin Dr. Nicole Kalemba und Cheftrainer Lukas Kling haben sich in den vergangenen Wochen mächtig ins Zeug gelegt und herausgekommen ist eine interessante Mischung aus bekannten Akteuren, die ihre Verträge bei der Altstadt verlängert haben und einer Reihe junger und hungriger Akteure, auch aus der Region, die sich beweisen und im Regionalligateam durchsetzen wollen. Die feststehenden Abgänge von Spielmacher Eroll Zejnullahu, Jannik Graf, Christoph Fenninger, Jonas Kehl und Leo Eberle wiegen zweifellos schwer. Mit Felix Heim, Marco Stefandl, Torhüter Lucas Zahaczewski, Marco Zietsch, Jann George, Edwin Schwarz, Dennis Lippert, Patrick Scheder und Tobias Weber halten aber auch einige Leistungsträger der vergangenen Spielzeit der Altstadt die Treue. Nicolas Andermatt könnte noch dazukommen.
Hinzu kommen die jungen Neuzugänge Luis Klein (vom FSV Zwickau), Tino Lennert (U19 Stuttgarter Kickers), Leon Bucher (FC Ismaning), Thomas Winklbauer (SpVgg Unterhaching), Ben Fischer (1.FC Nürnberg II), Alexander Seidel (SpVgg Bayern Hof), die Torhüter Maurice Dehler (FC Ingolstadt) und Henry Höcker (U19 SSV Ulm), Lukas Quirin (FC Homburg) sowie aus dem eigenen Nachwuchs Levi Kraus, Deniz Koc und Maximilian Weimer.
Das Team ohne einen wirklichen Star, aber vielen hungrigen Youngsters und erfahreneren Akteuren, die zeigen, dass sie auch in raueren Zeiten zur Altstadt stehen, ist wohl so ziemlich das maximal aktuell Mögliche. Eine Zielsetzung wollen sowohl Geschäftsführerin Dr. Kalemba als auch Cheftrainer Kling aktuell nicht nennen. „Wir wollen erst Mal einige Testspiele abwarten und sehen, wie das Zusammenspiel des Teams funktioniert. Dann werden wir zu Saisonbeginn unser Ziel formulieren“, erklärte hierzu Dr. Kalemba.
Die Zukunft der Geschäftsführerin, die sich im vergangenen Jahr seit dem Beginn ihres Engagements im Juli 2024 zunehmend zur zentralen Figur des Vereins entwickelt hat, ist dabei mit einem Fragezeichen versehen, ihre Zukunft bei der Altstadt ist unklar – obwohl ihr derzeitiger Vertrag am 30. Juni 2025 ausläuft. Die promovierte Wirtschaftswissenschaftlerin hat die wirtschaftlichen Folgen des Drittligaaufstiegs 2022, der mit dem Abstieg geendeten Drittligasaison 2022/23 und der folgenden Zeit zurück in der Regionalliga nüchtern und kompetent aufgearbeitet und im Februar 2025 die Zahlen deutlich auf den Tisch gelegt – gleichzeitig aber auch die nachhaltige Sicherung der Zukunft der Spielbetriebs-GmbH mit viel Leidenschaft für den Verein in die Hand genommen. Eine Crowdfunding-Aktion mit dem Ziel, 500.000 Euro einzusammeln, wurde im Februar gestartet, etliche Aktionen insbesondere der Fans der Altstadt, aber auch der Anhänger der befreundeten SpVgg Greuther Fürth, wurden in die Wege geleitet. Sicherlich steht aktuell das Crowdfunding, wie im Internet zu sehen, „nur“ bei rund 120.000 Euro. Dr. Kalemba versucht jedoch weiterhin, in Gesprächen mit potentiellen Sponsoren und insbesondere auch in Verhandlungen mit der Berufsgenossenschaft, deren Forderungen aus den Vorjahren sich auf 660.000 Euro belaufen und damit einen großen Teil der Altlasten ausmachen, die Zukunft der Altstadt zu sichern.
Vom 23. bis 29. Juni folgt jetzt noch eine große Trikotversteigerung von echten Unikaten zahlreicher Vereine auf ebay. Unter anderem kommen von den Spielern unterschriebene Trikots des VfB Stuttgart, Borussia Dortmund, FC Bayern München, Hamburger SV, Dynamo Dresden, FC Augsburg, SSV Jahn Regensburg, 1. FC Magdeburg, der befreundeten SpVgg Greuther Fürth und der Deutschen Handball-Nationalmannschaft unter den virtuellen Hammer. Der Erlös kommt dem Crowdfunding-Projekt zugute.
Dabei kommen ihr auch Synergien aus ihrer eigenen beruflichen Fortbildung zugute. Einen 18-monatigen, umfangreichen Kurs von DFL und DFB zu „Management im Profifußball“ hat Dr. Kalemba kürzlich mit Auszeichnung als Beste abgeschlossen und dabei als Abschlussarbeit einen „Strategieplan 2030“ zur Zukunft der SpVgg Bayreuth vorgelegt - quasi als Blaupause, wie man den Verein in eine nachhaltige, sichere Zukunft führen kann. Wie Dr. Kalemba kürzlich in einem Podcast des Hörfunksenders Bayern2 darlegte, führt sie ihr Amt als Geschäftsführerin der Altstadt aktuell neben einer 30-stündigen Hauptbeschäftigung als Teamleiterin bei einem Ingolstädter Konzern aus, 1.500 Kilometer Pendelstrecke pro Woche zwischen ihrem Wohnort Ingolstadt und Bayreuth und kaum einem freien Tag inklusive. Dass die Geschäftsführerin auch interessante Angebote anderer Vereine und vom DFB haben soll, ist ein offenes Geheimnis.
Die Zukunft der Zusammenarbeit der Altstadt mit ihrer Geschäftsführerin ist zweifellos die zentrale aktuelle Frage, die gelöst werden muss. Entgegen anderweitiger Mutmaßungen in örtlichen Medien hat Dr. Kalemba nach eigener Aussage gegenüber unserer Zeitung am vergangenen Wochenende noch keinen unterschriftsreifen Vertrag für eine weitere Zusammenarbeit vorliegen.
Ein Abgang der Geschäftsführerin wäre für die SpVgg wohl der Super-GAU. Wirtschaftlicher Sachverstand wird die zentrale Notwendigkeit für die Zukunft bei der Altstadt sein. Bemühen und Hoffnung mit hochtrabenden Zielen sind sicher löblich, aber jetzt ist Seriosität und Nüchternheit gefragt. Die Berufsgenossenschaft wird beispielsweise sicher nur bereit sein, ihre Forderungen zu stunden, wenn seitens des Vereins klare, vertrauenswürdige und realistische Wirtschaftlichkeit sowie eine klare Konzeption vorgelegt wird. Hier scheint man mit dem Kurs von Dr. Kalemba und mit der aktuellen Mannschaft auf dem richtigen Weg zu sein.
Auch die Fans und das Umfeld werden jetzt Geduld haben müssen. Es kann sicher nicht erwartet werden, dass die Altstadt in der kommenden Saison vorne mitspielt. Aber das Team hat Entwicklungspotenzial – und wer weiß: In drei Jahren steigt der Meister der Regionalliga Bayern wieder direkt in die 3. Liga auf. Vielleicht ist bis dann auch wieder die SpVgg Bayreuth ein heißer Aufstiegskandidat – auf soliden wirtschaftlichen Beinen mit einer gewachsenen Mannschaft und mit tollen Fans im Rücken – Träumen soll ja mal erlaubt sein…