Veröffentlicht am 11.04.2023 10:56
Veröffentlicht am 11.04.2023 10:56

Neuer Masterstudiengang an der Uni Bayreuth: Umwelt, Klima und Gesundheit

Neuer Masterstudiengang an der Uni Bayreuth: Umwelt, Klima und Gesundheit (Foto: red)
Neuer Masterstudiengang an der Uni Bayreuth: Umwelt, Klima und Gesundheit (Foto: red)
Neuer Masterstudiengang an der Uni Bayreuth: Umwelt, Klima und Gesundheit (Foto: red)
Neuer Masterstudiengang an der Uni Bayreuth: Umwelt, Klima und Gesundheit (Foto: red)
Neuer Masterstudiengang an der Uni Bayreuth: Umwelt, Klima und Gesundheit (Foto: red)

BAYREUTH. Zum Wintersemester 2023/24 startet bei der Campus-Akademie für Weiterbildung / Universität Bayreuth der neue berufsbegleitende Masterstudiengang „M.A. Umwelt, Klima und Gesundheit” . Seinen Studierenden zeigt er Wege auf, wie Umwelt- und Gesundheitsschutz in Zukunft gelingen kann. Im Interview beantwortet Prof. Dr. med. Jana Jünger, Co-Moderatorin des Studiengangs, acht Fragen zum Thema.

Umwelt, Klima und Gesundheit sind drei der größten Themen unserer Zeit. Wie hängen diese zusammen?

Prof. Jünger: Der Klimawandel und seine Auswirkungen auf Umwelt und Gesundheit ist die größte Herausforderung für das Wohlergehen der Bevölkerung und des Planeten. Politische Entscheidungen zur Gestaltung von Land- und Forstwirtschaft, Städtebau, Regional- und Mobilitätsplanung, Wasserwirtschaft und Bildungswesen beeinflussen die Gestaltung der Lebensumwelt und die Gesundheit der Bevölkerung. Klimawandel und seine Folgen erfordern bereits jetzt Anpassungsvorgänge in allen Lebenswelten. Hitzewellen stellen eine ernsthafte Bedrohung gerade auch für vulnerable Gruppen dar und erhöhen nachweislich die Sterblichkeit. Die starken Wetterschwankungen und z. B. Starkregenereignisse mit Überflutungen haben zusätzlich zu den physischen Belastungen auch enorme psychische Auswirkungen. Aggressivität, Depressivität und Ängstlichkeit nehmen zu.

Andererseits liegt eine enorme Chance in den Synergien zwischen klimaneutralem, umweltschonendem und gleichzeitig gesundheitsförderndem Lebensstil. Das Konsumverhalten der Bevölkerung hat einen maßgeblichen Einfluss auf das Klima, die Gefährdung von Umwelt und Biodiversität und gleichzeitig auf die Gesundheit der Bevölkerung. Äquivalent gilt es für zahlreiche andere Bereiche unserer Lebensumwelt wie z. B. der Mobilität.

Welche konkreten Beispiele können Sie in diesem Zusammenhang nennen?

Prof. Jünger: Die WHO schätzt, dass jedes Jahr fast 25 % der weltweiten Todesfälle auf Umweltursachen zurückzuführen sind und vermieden werden könnten. Für den Bereich der Krebserkrankungen wissen wir heute, dass mehr als ein Drittel (37,4 %) der 440.000 Neuerkrankungen auf vermeidbare Risikofaktoren wie Übergewicht, körperliche Inaktivität, Rauchen und schlechte Ernährung zurückzuführen sind. Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Diabetes mellitus wären häufig durch einen gesundheitsbewussten Lebensstil vermeidbar. Maßnahmen zur Lebensstiländerung werden jedoch trotz ihres Nutzens zu gering in Anspruch genommen. Ein gesünderer Lebensstil wäre gleichzeitig besser für die einzelne Person, die nicht mehr krank wird. Weniger kranke Menschen entlasten das Gesundheitssystem, das ebenfalls zum CO2-Fußabdruck deutlich beiträgt. Mehr Ressourcen für eine patientenorientierte Behandlung würden freigesetzt.

Die Umwelt und das Klima würden entlastet, weil z. B. durch eine Verringerung oder der Verzicht auf tierische Produkte landwirtschaftliche Treibhausgasemissionen durch Viehzucht reduziert werden und gleichzeitig das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen gesenkt wird. Die Reduktion des Fleischkonsums senkt das Darmkrebsrisiko, aber natürlich wird auch der CO2-Ausstoß reduziert, wenn z. B. statt eines Autos das Fahrrad benutzt wird. Aber auch landschaftsgestaltenden Maßnahmen, wie die Erhöhung von Grünflächen, bewirken eine CO2-Reduktion in der Luft und senken simultan durch Verschattungen hitzebedingte Gesundheitsschäden. Eine gesündere, regionale und umweltverträglich erzeugte Ernährung verbessert somit auf vielfältige Weise die Lebensqualität und Lebensdauer der Menschen, reduziert Schadstoffaufkommen im Boden, reduziert CO2-Ausstoß, schont das Trinkwasser und vermeidet Erosion und beachtet nachhaltige Lieferketten und adäquate Arbeitsstandards.

Zum Wintersemester startet das berufsbegleitende Studium „M.A. Umwelt, Klima und Gesundheit”. Welche Idee steckt hinter dem Studiengang?

Prof. Jünger: Wir verfügen heute über ein umfangreiches Wissen zum Klimawandel und über seine Auswirkungen auf die Gesundheit. Zahlreiche Initiativen zielen auf die Gewinnung von Forschungsergebnissen, die Entwicklung von Handlungsplänen und Empfehlungen. Häufig sind das jedoch parallele Aktivitäten, die nur teilweise aufeinander abgestimmt sind und die Umsetzung in konkrete Maßnahmen ist dann schwierig. So kommt es vor, dass Kinder in ihrer Schule das Thema gesunde Ernährung im Unterricht bearbeiten, aber in ihrer Schulmensa aus baulichen und budgetären Gründen nur weittransportierte, begrenzt schmackhafte und wenig gesunde Mahlzeiten angeboten werden. Sehr viele Menschen sind gut informiert und wissen um die Bedrohung durch Klimawandel und Umweltgefahren. Dies kann aber auch zu Klimaangst und Hilflosigkeit führen oder auch zu moralisierenden Diskussionen. Dementsprechend ist es eine enorme Bildungs- und Entwicklungsaufgabe, Umwelt, Klima und Gesundheit einerseits als wichtiges Thema in alle Aus-, Weiter- und Fortbildungen der verschiedensten Berufe aufzunehmen als auch zu vermitteln, wie man selbst und gemeinsam aktiv werden kann.

Von verschiedensten Seiten wie z.B. dem Bundesgesundheitsministerium, dem Bundesumweltministerium, der WHO und die Länderministerien wurden Positionspapiere erstellt. Gemeinsam ist diesen Ausführungen, dass die Aufnahme der Themen Umwelt, Klima und Gesundheit in die Aus-, Weiter- und Fortbildung in allen Bereichen dringend angemahnt werden. Bisher ist aber der Abgleich und die Abstimmung der Inhalte in Aus-, Weiter-, und Fortbildung zu Umwelt, Klima, und Gesundheit zwischen Gesundheitsfachberufen, naturwissenschaftlichen Berufen und der Sozialwissenschaften nicht geleistet. Zudem sind es Themen, die nicht ausreichend in den Curricula der entsprechenden Fachberufe und wenn dann nur sehr begrenzt interdisziplinär vermittelt werden. Die Konsequenz ist, dass Absolvent*innen und Fachpersonal parallel agieren, Synergien nicht genutzt werden und das wechselseitige Wissen und die unterschiedlichen Handlungskompetenzen nicht ausreichend in den dringend benötigten Maßnahmen operationalisiert werden können. In Folge stehen berufsspezifische Netzwerke zu wenig mit denen anderer Professionen in Verbindung, sodass Projekte trotz übergeordneter gemeinsamer Zielsetzung nur erschwert zustandekommen.

Für wen könnte das Studium genau das Richtige sein?

Prof. Jünger: Das Studium richtet sich an alle Führungspersonen und Multiplikatoren in natur- und sozialwissenschaftlichen sowie Gesundheitsberufen, die Projekte zu den Themen Umwelt, Klima und Gesundheit interdisziplinär umsetzen wollen und die diese in den jeweiligen Professionen in Aus-, Weiter- und Fortbildungen verankern wollen. Bewusst werden verschiedene Akteur*innen angesprochen, die schon einige Zeit in ihrer Profession tätig sind, sich mit dem Thema beschäftigen und gemeinsam mit anderen engagierten Personen transformatives Handeln in ihrer eigenen Institution und Profession voranbringen, aber auch übergeordnete Projekte interdisziplinär gestalten wollen.

Wie stellen Sie sicher, dass das Studium praxisnah und anschaulich gestaltet ist?

Prof. Jünger: Das Wissen zu den Wechselwirkungen von Umweltveränderungen, Klimawandel und Gesundheit ist mittlerweile überall verfügbar. Entscheidend ist jedoch, dieses Wissen in Handlungskompetenz zu transferieren und in konkreten Maßnahmen anzuwenden. Dazu üben die Studierenden, eigene Projekte zu planen, zu implementieren und zu evaluieren. Gleichzeitig lernen sie von den Projekten anderer Teilnehmender und beraten sich wechselseitig. Die Stärke, die aus der interdisziplinären Gruppe aus unterschiedlichsten Berufskontexten entsteht, wird für die jeweiligen Projekte der Teilnehmenden sowie für gemeinsame Projekte genutzt. Wenn es z. B. im Studiengang um die Entwicklung eines klimaneutralen Krankenhauses geht oder um die Einführung gesunder Ernährung in Kliniken und Schulen werden in Planspielen die unterschiedlichen Perspektiven von Verwaltungsfachkräften, Architekt*innen, Gesundheitsberufen und Lehrkörper deutlich und können gemeinsam für die Lösungsentwicklung nutzbar gemacht werden.

Von städtebaulichen Maßnahmen zur Verhinderung von Hitzetoten, von Präventionsmaßnahmen in Pflegeheimen bis hin zu den Co-Benefits pflanzlicher, regionaler Ernährung für Mensch, Umwelt und Klima erfahren und üben die Teilnehmenden, wie Handlungsschnittstellen rechtlich, institutionell, organisational und kommunikativ gestaltet werden können. Dies ist erforderlich, damit Maßnahmen zielorientiert ineinandergreifen und idealerweise erfolgreich umgesetzt werden können.

Was nehmen die Absolvierenden am Ende aus ihrem Studium mit?

Prof. Jünger: Die Absolvierenden sollen am Ende des Studiums „ihr“ Transformationsprojekt im Bereich Umwelt, Klima und Gesundheit, das sie aus ihrem Arbeits- und Lebenskontext heraus entwickelt haben, erfolgreich abgeschlossen haben. Dabei haben sie durch die Beratung und den Austausch mit vielen anderen Berufsgruppen analysiert, welche Hemmnisse für die Umsetzung eines Projekts bestehen können und vor allem wie diese erfolgreich bewältigt werden können. Der Studiengang ist modular aufgebaut, sodass die Teilnehmenden an den verschiedenen Modulstandorten über Exkursionen (z. B. Gesundheitsregion plus) und Erkundigungen (Nationalpark Hohe Tauern) weitere Best Practice-Beispiele mit allen Herausforderungen konkret erleben.

Gleichzeitig wird über den Studiengang und gemeinsam mit den Teilnehmenden ein Expert*innenetzwerk und eine Open Education Ressource-Quelle für Transformationsprojekte aufgebaut, die bei zukünftigen Aufgaben genutzt werden, kann. Die Absolvierenden haben somit konkrete Handlungskompetenz aufgebaut, wissen, wo sie notwendiges Wissen akquirieren können und sind Teil eines Expert*innennetzwerks. Für die entsendenden Institutionen und Unternehmen ergibt sich ein enormer Mehrwert, weil sie über die Teilnehmenden ebenfalls an dieses Netzwerk angebunden sind und sie Kolleg*innen im eigenen Haus haben, die über persönliche Kontakte auf bundesweiter Expertise zurückgreifen können

Wo können die Studierenden ihr Wissen später konkret einsetzen?

Prof. Jünger: Die Teilnehmenden setzen vom ersten Studientag an neues Wissen und neue Handlungskompetenzen für die erfolgreiche Implementierung ihres eigenen Transformationsprojekts ein. Themen können z. B. sein: „Konzeption, Umsetzung und Evaluation eines gesunden und umweltverträglichen Ernährungskonzepts an allen Schulen einer Stadt” oder „Umsetzung eines Curriculums zu Umwelt, Klima und Gesundheit in einem Gesundheitsfachberuf”. Die Studierenden unterstützen sich nach Abschluss des Studiums bei neuen Projekten und stehen in ihrem Arbeitsumfeld als Expert*innen sowie Ansprechpersonen für transformatives Handeln im Bereich Umwelt, Klima und Gesundheit zur Verfügung. Sie werden in ihrer Führungs- und Multiplikator*innenrolle gestärkt und sind auch für politische und kommunale Entscheidungsträger*innen wichtige Beratungspersonen.


Von Jessica Mohr
jm
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