Veröffentlicht am 06.01.2023 17:33
Veröffentlicht am 06.01.2023 17:33

Mehrwegpflicht beim Essen To Go: So sind Bayreuther Wirte vorbereitet

Christian Hacker vom Manns Bräu in Bayreuth bietet zwei verschiedene Mehrwegsysteme für Essen zum Mitnehmen an. (Foto: Lenkeit)
Christian Hacker vom Manns Bräu in Bayreuth bietet zwei verschiedene Mehrwegsysteme für Essen zum Mitnehmen an. (Foto: Lenkeit)
Christian Hacker vom Manns Bräu in Bayreuth bietet zwei verschiedene Mehrwegsysteme für Essen zum Mitnehmen an. (Foto: Lenkeit)
Christian Hacker vom Manns Bräu in Bayreuth bietet zwei verschiedene Mehrwegsysteme für Essen zum Mitnehmen an. (Foto: Lenkeit)
Christian Hacker vom Manns Bräu in Bayreuth bietet zwei verschiedene Mehrwegsysteme für Essen zum Mitnehmen an. (Foto: Lenkeit)

BAYREUTH. Seit 01. Januar 2023 müssen gastronomische Betriebe, die Speisen zum Mitnehmen verkaufen, Mehrwegboxen anbieten. Die Bayreuther Gastronomie reagiert auf das neue Verpackungsgesetz eher verhalten.

Das neue Verpackungsgesetz in Deutschland sieht vor, die Umwelt zu schonen und möglichst viele Einwegverpackungen zu ersetzen. Wer den Gesetzesvorgaben nicht nachkommt, dem drohen Bußgelder von bis zu 10.000 Euro. Die Sonntagszeitung hat sich bei Bayreuther Gastronomen zum aktuellen Stand erkundigt – und unterschiedliche Antworten erhalten.

Bayreuth: Mehrwegverpackungen in Gastronomie Pflicht

Spätestens seit der Corona-Pandemie bietet gefühlt jeder Gastronom seine Speisen zum Mitnehmen an. Deshalb muss jetzt auch gefühlt jeder Gastronom umweltfreundliche Verpackungen auf Lager haben. Natürlich auch in Bayreuth. Die neue Verpflichtung beruht auf der EU-Einwegkunststoffrichtlinie. Sie wird durch das Verpackungsgesetz in nationales Recht umgesetzt.

>

Ausnahmen gibt es nur für Gastronomen mit maximal 80 Quadratmetern Verkaufsfläche und bis zu fünf Mitarbeitern. Sie dürfen alternativ von Kunden mitgebrachte Boxen befüllen.

Zwei verschiedene Mehrwegverpackungen im gleichen Wirtshaus

Im Manns Bräu in der Friedrichstraße gibt es schon länger Mehrwegboxen – sogar zwei verschiedene Systeme. Das hat einen Grund: „In die Boxen des Anbieter Vytal passen manche Speisen einfach nicht rein. Einige Behälter sind zu klein“, sagt Chef Christian Hacker. Deshalb bietet er auch eigene Verpackungen gegen Pfand an. „Das sind in der Gastro gängige Boxgrößen. Da passt auch ein Schäuferla mitsamt Knochen rein“, so Hacker und packt direkt eine deftige Schweineschulter ein. Als Pfand für die Box berechnet der Wirt sechs Euro.

Von seinen eigenen Boxen wird er täglich bis zu 20 Stück los, wie er sagt. Seit Pandemiebeginn hat Hacker nach eigenen Schätzungen 600 bis 700 solcher Mehrwegverpackungen bestellt. „Die sechs Euro sind der Einkaufspreis für mich. Den gebe ich eins zu eins an die Gäste weiter. Da verdiene ich nichts dran.“ Die Manns-Bräu-Boxen werden bei seinen Kunden viel häufiger als die Vytal-Modelle nachgefragt. Viele Gäste würden die Boxen auch gleich behalten.

Pizza in riesiger Mehrwegbox

Ebenfalls bereits mit Mehrwegverpackungen ausgestattet ist Engin’s Ponte in der Opernstraße. Chef Engin Gülyaprak setzt ebenfalls auf Vytal-Boxen. Die bietet er in unterschiedlichen Größen und Formen an. Ende 2022 hat sich Gülyaprak nach eigenen Angaben mit den Mehrwegboxen eingedeckt. Mehrere Gäste hätten seitdem bereits von ihnen Gebrauch gemacht. Optisch besonders auffällig: die große, flache, runde Pizzabox. „Auch so ein Format müssen wir jetzt führen, wenn Pizza auf der Karte steht. Der untere Teil der Box weist rundum Lüftungsschlitze auf. Da kann es rausdampfen und die Pizza bleibt trotz Transport frisch.“

Engin Gülyaprak präsentiert seine Mehrwegverpackungen in unterschiedlichen Größen. Foto: Lenkeit

Mehrwegboxen per App: Schwer zu vermitteln

Auch Randolph-Ray Rettberg bietet Mehrwegverpackungen an. In seinem gleichnamigen Bistro-Café Rettberg in der Maxstraße führt er bereits seit Sommer 2019 führt er Becher der Marke Recup als Mehrweg-Alternative. Er hat immer vier bis fünf Becher auf Vorrat. Nachgefragt wurden sie laut Rettberg bisher nur sehr unregelmäßig. Die Mehrweg-Idee an sich findet er gut.

Ein Boxen-System, wie das von Anbieter Vytal, das nur mit einer Handy-App funktioniert, lehnt er jedoch ab: „Noch eine App mehr auf dem Handy? Dafür ist mir als Nutzer die Hemmschwelle zu hoch.“ Außerdem seien viele seiner Kunden älter und nicht bei digitalen Neuerungen vorne dabei. „Das kann ich meinen Gästen nicht vermitteln“, sagt er in seinem Laden mit Blick auf zwei Seniorinnen am Nebentisch.

Randolph-Ray und Manuela Rettberg bieten Mehrwegbecher für Heißgetränke an. Foto: privat

Keine Mehrwegverpackungen trotz Gesetz

Auch Alexis Karypidis vom Restaurant Plaka in der Sophienstraße findet die Mehrweg-Idee gut. Wiederverwendbare Boxen führt er dennoch nicht – zumindest derzeit. Karypidis hegt aus zwei Gründen Bedenken. Erstens fürchtet er bei der Rücknahme von Verpackungen um die Hygiene in seiner Küche. Zweitens sieht er die Qualität seiner Speisen in Gefahr.

„Wer haftet, wenn durch die Rücknahme der Packungen Keime in die Küche eingeschleppt werden?“, fragt er rhetorisch. „Corona hat uns gelehrt, extrem vorsichtig und penibel zu sein. Außerdem biete ich fast alle Speisen bestehend aus Fleisch oder Fisch, mit Soße oder Gemüse sowie Beilagen an. Wenn ich das in ein Behältnis mische, leidet die Qualität des Essens. Die Rahmenbedingungen des Gesetzes hätten besser vorbereitet werden müssen“, findet der Gastronom.

Saftige Bußgelder drohen: Gastronomen in der Pflicht

Alexis Karypidis habe nach eigenen Angaben mit Lieferanten von Verpackungen über Modelle gesprochen, die zwei- oder dreigeteilt wären – aber bisher noch keine Lösung für ein tragfähiges Modell einer solchen Mehrwegbox gefunden. Zudem fürchtet der Plaka-Chef, auf den Kosten für die Verpackungen sitzenzubleiben, denn: Mehrwegboxen dürfen laut Gesetz für die Gäste nicht teurer oder umständlicher sein als Einwegverpackungen. Ohne die neuen Verpackungen riskiert Karypidis theoretisch ein Bußgeld bis zu 10.000 Euro – wie auch viele andere Gastronomen in Bayreuth und ganz Deutschland.

Alexis Karypidis vom Restaurant Plaka: Derzeit keine Mehrwegverpackungen. Foto: Archiv/Redaktion

BMTG wirbt für Mehrwegverpackungen in Gastro

Um Entspannung in der Verpackungsfrage bemüht sich Nicola Mattern von der Bayreuth Marketing & Tourismus GmbH (BMTG). Dort ist sie Referentin für nachhaltige Entwicklung. Sie möchte Bayreuther Gastronomen die Mehrwegboxen schmackhaft machen, weil jede Stunde in Deutschland allein über 300.000 Einwegbecher verkauft würden. „Ich habe im alten Jahr bereits auf das neue Verpackungsgesetz aufmerksam gemacht. In den kommenden Wochen werde ich nochmal nachhaken und die Stimmung ausloten. Ein Umsteigen auf Mehrwegbecher und –boxen wäre – ganz unabhängig vom neuen Gesetz – zudem auch ein guter Vorsatz für das neue Jahr.“ Es sei wichtig, das Bewusstsein der Leute zu schärfen, Abfall zu vermeiden und letztlich CO2 einzusparen, findet Nicola Mattern.

Dass Bußgelder bezahlt werden müssen, glaubt Mattern eher nicht. Sie setzt auf eine Karenzzeit zur Umsetzung. Gastronomen hätten derzeit ohnehin kein leichtes Leben: Corona und Fachkräftemangel haben vielen Betrieben zugesetzt, manche Betriebe mussten schon schließen. Man wolle die Gastronomen für die Boxen begeistern, sie ihnen nicht aufzwingen – Verpackungsgesetz hin oder her.

Nicola Mattern von der BMTG berät Gastronomen zu Mehrwegverpackungen.

Mehrwegverpackungen: Wer kontrolliert in Bayreuth?

Derzeit ist zudem nicht klar, wer die Gastronomen kontrollieren soll. Das liege im Ermessen der jeweiligen Bundesländer, besagt das Gesetz zum Vollzug. Wer in Bayreuth dafür in Frage kommt, weiß man noch nicht. Die Stadt liegt auf einer Linie mit der BMTG. Man wolle bei der Umsetzung primär auf Aufklärung und Information setzen – gerade auch mit Blick auf eine Übergangsphase, heißt es weiter. Das klingt nach Interpretationsspielraum – was man als Verwässerung und letztendlich Verpuffung der Verpackungsverordnung deuten kann.

In seinem Restaurant Plaka hofft Alexis Karypidis jedenfalls auf das Verständnis seiner Gäste, dass er vorerst nur Einwegboxen anbietet. „Es wäre schön, keine unsachlichen Diskussionen mit Gästen führen zu müssen, nur weil die Umsetzung für mich unrealistisch ist.“ Die IHK für Oberfranken Bayreuth hat unter www.bayreuth.ihk.de/mehrwegalternative weitere Informationen zum Thema Mehrwegverpackungen bereitgestellt.


Von Jürgen Lenkeit
north