Veröffentlicht am 26.01.2023 10:00
Veröffentlicht am 26.01.2023 10:00

„Neu und außergewöhnlich”: Mahnmal für Holocaust-Opfer in Bayreuth verfolgt besondere Idee

Bayreuth Holocaust Mahnmal Sternplatz (Foto: Lenkeit)
Bayreuth Holocaust Mahnmal Sternplatz (Foto: Lenkeit)
Bayreuth Holocaust Mahnmal Sternplatz (Foto: Lenkeit)
Bayreuth Holocaust Mahnmal Sternplatz (Foto: Lenkeit)
Bayreuth Holocaust Mahnmal Sternplatz (Foto: Lenkeit)

BAYREUTH. Die Stadt Bayreuth hat jetzt ihr Mahnmal für die Holocaust-Opfer der Stadt. Es handelt sich um eine akustische Installation auf dem Sternplatz. Der Ort ist ganz bewusst gewählt. Die Konzeption des Holocaust-Mahnmals ist neu und außergewöhnlich. Am Donnerstagabend (26. Januar 2023) wird es offiziell eingeweiht.

In einem Pressegespräch am Mittwochnachmittag (25. Januar 2023) haben Oberbürgermeister Thomas Ebersberger, Kulturreferent Benedikt M. Stegmayer und Historiker Dr. Christoph Rabenstein die Idee hinter dem Mahnmal für die Opfer der Shoah vorgestellt. Vorbeigehende Menschen sollen unvermittelt mit der Installation konfrontiert und zum Nachdenken gebracht werden.

Holocaust-Mahnmal in Bayreuth

Das unendliche Leid der Juden im Dritten Reich soll „immateriell erfahrbar” gemacht werden. So bezeichnet Oberbürgermeister Thomas Ebersberger die Absicht des neuen Holocaust-Mahnmals. Der Ausgangspunkt war ein Grundsatzbeschluss des Bayreuther Stadtrats aus dem Jahr 2020 auf Antrag von Dr. Christoph Rabenstein. Orientierte man sich erst an einer Stele als „klassischer Form” eines Mahnmals, wurde in einem künstlerischem Wettbewerb ein akustischer Entwurf eingereicht. Der hat sich auch durchgesetzt, nicht zuletzt dank der Befürwortung der Israelischen Kultusgemeinde. Zusammen mit der hat die Stadt das Mahnmal auf den Weg gebracht. Im November 2022 wurde das Mahnmal auf dem Sternplatz installiert. Am Donnerstagabend wird es eingeweiht.

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Das Holocaust-Mahnmal funktioniert wie folgt: Vorbeilaufende Passanten werden plötzlich mit Namen und Lebensdaten von Bayreuther Opfern des Nationalsozialismus konfrontiert. Im Umkreis von vier bis fünf Metern um die im Boden versenkte Installation kann man die Stimme hören. Sie spricht die Stimme von 182 Personen. „40 Minuten müsste man stehen bleiben, bis man die Daten aller 182 Personen einmal gehört hat”, sagt Rabenstein bei der Medienvorstellung. „Das verdeutlicht die Dimension des unsagbaren Verbrechens allein in Bayreuth.”

Holocaust-Mahnmal am Sternplatz: Ort bewusst gewählt

Eine weitere Besonderheit des Mahnmals: „Der Urheber will anonym bleiben”, sagt Kulturreferent Benedikt M. Stegmayer. Dieser Nebenaspekt füge sich in das konzeptuelle Gesamtbild des Mahnmals. Der Fokus soll ausschließlich auf den Opfern des Nationalsozialismus liegen. Vorteil der Toninstallation: „Man kann weitere Namen ergänzen, wenn die Forschung den Nachweis für die Vernichtung der entsprechenden Personen erbracht hat”, erläutert Ebersberger. Das könnten Inschriften nicht leisten. Diese akustische Installation anstelle einer Stele nennt Stegmayer „neu und außergewöhnlich”.

Der Sternplatz ist für die Judenverfolgung in Bayreuth ein symbolischer Ort, betont Rabenstein und führt aus. „Es handelt sich um einen Opfer- und Täterort. Direkt hinter dem Mahnmal, wo heute ein Optiker sein Geschäft betreibt, stand einst das Haus von Simon Pfefferkorn, einem jüdischen Händler. Jenes Haus wurde in Bayreuth 1933 als erstes von den Nazis enteignet. In der Folge war dort bis 1945 die regionale NS-Zentrale untergebracht; da sogenannte 'Braune Haus'.” Außerdem liegt der Sternplatz fast genau mittig zwischen der Synagoge in der Münzgasse, sowie den beiden Standorten des geplanten NS-Dokumentationszentrums in Bayreuth.

Holocaust-Mahnmal in Bayreuth: Kulturreferenz Benedikt M. Stegmayer, Oberbürgermeister Thomas Ebersberger und Dr. Christoph Rabenstein haben es vorgestellt. Foto: Lenkeit

Bayreuther Holocaust-Mahnmal ist „kein Schlussstrich”

Wichtig bei dem Mahnmal laut Ebersberger: Es handelt sich um keinen Schlussstrich. Rassismus und Antisemitismus sind historisch nicht abgeschlossen. Das neue Mahnmal ist kein Schlussstrich. Gerade wegen aktueller gesellschaftlicher Tendenzen sei es wichtig, das Leid der Juden sowie deren Verfolgung zu thematisieren. Und Rabenstein erinnert: „Bayreuth war eine Hochburg der Nazis. Die Bayreuther haben zwar nicht gejubelt, als jüdische Nachbarn damals in den Schlachthof deportiert wurden, aber protestiert gegen das NS-Vorgehen wurde auch nicht.

Diesen Bayreuther Opfern ist das Mahnmal der Schoah gewidmet. Es finanziert sich komplett durch Spenden. Offiziell eingeweiht wird es am Donnerstagabend (26. Januar) um 18 Uhr im Beisein von Dr. Ludwig Spaenle, dem Beauftragten der Bayerischen Staatsregierung für jüdisches Leben. Das akustische Mahnmal am Sternplatz wird ab Freitagmorgen in Betrieb genommen - am Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus.


Von Jürgen Lenkeit
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