Veröffentlicht am 12.11.2022 06:45
Veröffentlicht am 12.11.2022 06:45

Geplantes NS-Dokuzentrum in Bayreuth: Wichtige Voraussetzung erfüllt - aber gibt es auch Personal?

Geplantes NS-Dokuzentrum in Bayreuth: Wichtige Voraussetzung erfüllt - aber gibt es auch Personal? (Foto: Munzert)
Geplantes NS-Dokuzentrum in Bayreuth: Wichtige Voraussetzung erfüllt - aber gibt es auch Personal? (Foto: Munzert)
Geplantes NS-Dokuzentrum in Bayreuth: Wichtige Voraussetzung erfüllt - aber gibt es auch Personal? (Foto: Munzert)
Geplantes NS-Dokuzentrum in Bayreuth: Wichtige Voraussetzung erfüllt - aber gibt es auch Personal? (Foto: Munzert)
Geplantes NS-Dokuzentrum in Bayreuth: Wichtige Voraussetzung erfüllt - aber gibt es auch Personal? (Foto: Munzert)

BAYREUTH. Die Stadt Bayreuth plant ein NS-Dokumentationszentrum in der Stadt. Das soll im Haus des aktuellen Jean-Paul-Museums und in einem erworbenen Haus in der Brautgasse entstehen. Eine Bundesförderung in Höhe von 11,5 Millionen Euro wurde der Stadt kürzlich bewilligt.

Diese stattliche Summe ist ein Schritt, jedoch bei Weitem nicht der letzte. Die Sonntagszeitung erläutert, wie es auf dem Weg zum NS-Dokumentationszentrum weitergeht.

Bayreuth: NS-Dokumentationszentrum soll entstehen

Bereits im Sommer 2020 fasste der Kulturausschuss einen Grundsatzbeschluss, wonach ein solches Zentrum Bestandteil der Bayreuther Erinnerungskultur entstehen solle. Große Symbolkraft sollen die beiden Standorte des Zentrums sein: Zum einen das Haus in der Brautgasse 2. Dort wurde der frühere NSDAP-Gauleiter Hans Schemm geboren. Zum anderen das Haus in der Wahnfriedstraße 1: das ehemalige Wohnhaus des NS-Vordenkers und Ideologen Houston Stewart Chamberlain. Die Aufarbeitung des Erbes von Chamberlain „bildet bis heute eine Fehlstelle in der Geschichtsarbeit”, begründete die Stadt Bayreuth im Sommer 2020 den Förderantrag. Wichtige Voraussetzung für das NS-Dokuzentrum ist, dass das dort ansässige Jean-Paul-Museum umzieht, teilt Kerstin Dettlaff-Mayer aus dem städtischen Pressebüro auf Anfrage mit. Der Kulturausschuss stimmte diesem Vorhaben am Montag (17. Oktober) einstimmig zu. Der Durchführungsbeschluss seitens der Stadt wird wohl 2023 folgen. Die Räume des Anwesens in der Friedrichstraße 5 als angedachtem neuen Domizil sollen 2023 renoviert werden, wie es aus der Pressestelle weitere heißt. Frühestens 2024 könnte dann das Jean-Paul-Museum dorthin umziehen.

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Der Bund bewilligte eine Förderung von 11,5 Millionen Euro für das Dokumentationszentrum. Vorher sollen weitere Geldgeber gewonnen werden. Darin sind sich Oberbürgermeister Thomas Ebersberger und Kulturreferent Benedikt Stegmayer einig. Erst wenn die Finanzierung des NS-Dokumentationszentrums steht, können die „notwendigen konzeptuellen und baulichen Schritte unternommen werden”, wie Dettlaff-Mayer weiter mitteilt.

Chamberlain-Bibliothek als Teil des NS-Dokuzentrums in Bayreuth

Hinsichtlich einer inhaltlichen Umsetzung eines Dokuzentrums zur NS-Ideologie in Bayreuth äußert man sich von Seiten der Stadt bisher noch zurückhaltend. Zu „vielschichtig und heikel” sei das Thema. Externer Sachverstand müsste erst noch eingeholt werden - zumal ein möglichst breites Publikum abgeholt werden soll. Feststeht, dass Bund, Freistaat und die Stadt Bayreuth sich inhaltlich ganz eng abstimmen sollen wollen und wohl auch müssen, denn: Alle drei sind in den Gremien der Richard-Wagner-Stiftung vertreten. Die Figur Houston Howard Chamberlains sei für die Festspielgeschichte und die Wahrnehmung und Beurteilung Wagners „in höchsten Maße relevant”, heißt es von Seiten der Stadt weiter.

Vier Teilbereiche des Dokumentationszentrums wurden allerdings 2020 bereits abgesteckt:

  • Chamberlain: Antisemitische Kultur- und Rassentheorie und ideologischer Wagnerianismus, Chamberlain und Hitler.
  • Bayreuth und die Festspiele in der Zeit der NS-Herrschaft: Winifred Wagner, Festspiele und NS-Propaganda
  • Kuratorisch aufbereitete Chamberlain-Bibliothek als Forschungsstätte mit Seminarraum
  • Judenverfolgung in Bayreuth während des NS-Regimes, KZ Flossenbürg Außenstelle Bayreuth, Hans Schemm, Modell Gauforum

Die Chamberlain-Bibliothek vor ihrer Einlagerung im Jahr 2017 mit Portrait von Houston Stewart Chamberlain. Bild: Munzert

Weniger dem breiten Publikum als vielmehr der Forschung zugänglich gemacht werden soll die Bibliothek Chamberlains. Dier soll wesentlicher Bestandteil des NS-Dokumentationszentrums werden. Die lagerte bis 2017 im zweiten Stock der Villa. Aktuell befindet die sich ein Haus weiter im Siegfried-Wagner-Haus. „Sorgfältig verpackt in zahlreichen Kisten im Keller”, sagt Dr. Sven Friedrich, Direktor des Richard-Wagner-Museums samt Archiv. Der Grund ist denkbar einfach: „Regenwasser. In der Vergangenheit regnete es durch das Dach des Hauses in der Wahnfriedstraße 1. Ein Teil der Bibliothek musste gar restauriert werden”, so Friedrich weiter.

Genug Personal für NS-Dokuzentrum in Bayreuth?

Eine andere Frage, die sich perspektivisch früher oder später auch stellen wird, ist die des Personals eines solchen NS-Dokumentationszentrums. Schon allein vor dem Hintergrund, dass das Jean-Paul-Museum in diesem Sommer wegen Personalmangels teilweise geschlossen blieb. Außer Frage steht, „dass das von der Stadt geplante NS-Dokumentationszentrum über eine entsprechende Personalausstattung wird verfügen müssen”, bestätigt Pressesprecher Joachim Oppold. Und gibt sich ebenfalls sehr zurückhaltend: Zu früh sei das Planungsstadium noch, um konkreter werden zu können.


Von Jürgen Lenkeit
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