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Volle Kirchen an Weihnachten – aber warum eigentlich? | inbayreuth.de
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Veröffentlicht am 24.12.2022 07:29
Veröffentlicht am 24.12.2022 07:29

Volle Kirchen an Weihnachten – aber warum eigentlich?

Pfarrer Carsten Brall in der Bayreuther Stadtkirche mit dem Friedenslicht aus Bethlehem. Foto: Lenkeit (Foto: Lenkeit)
Pfarrer Carsten Brall in der Bayreuther Stadtkirche mit dem Friedenslicht aus Bethlehem. Foto: Lenkeit (Foto: Lenkeit)
Pfarrer Carsten Brall in der Bayreuther Stadtkirche mit dem Friedenslicht aus Bethlehem. Foto: Lenkeit (Foto: Lenkeit)
Pfarrer Carsten Brall in der Bayreuther Stadtkirche mit dem Friedenslicht aus Bethlehem. Foto: Lenkeit (Foto: Lenkeit)
Pfarrer Carsten Brall in der Bayreuther Stadtkirche mit dem Friedenslicht aus Bethlehem. Foto: Lenkeit (Foto: Lenkeit)

BAYREUTH. Es ist Weihnachten. Für viele Menschen sind die Feiertage der Fixpunkt im Jahr, an dem sie zur Ruhe kommen und Zeit mit der Familie verbringen und sich freuen. Für viele Menschen gehört der Kirchgang zu Weihnachten dazu. Die Gotteshäuser sind bis auf den letzten Platz gefüllt.

Warum ist das gerade an Weihnachten so und warum bleiben viele Kirchenbänke sonntags unter dem Jahr frei? Kommt dem Weihnachtsgottesdienst in diesem Jahr von Krieg, Krisen und Unsicherheiten gar eine größere Ankerfunktion zu also sonst? Die Sonntagszeitung hat bei zwei Geistlichen nachgefragt. Der evangelische Pfarrer Carsten Brall der Bayreuther Stadtkirche sowie Heinrich Hohl, Leitender Pfarrer des katholischen Seelsorgebereichs Bayreuth haben interessante Antworten gegeben.

Volle Kirchen an Weihnachten

„Weihnachten lebt von Traditionen. Für sehr viele Menschen gehört da der Kirchgang dazu“, sagt Pfarrer Brall von der Stadtkirche im Gespräch mit der Sonntagszeitung. Er freue sich über alle Besucher. Auch über jene, die sonst eher selten kommen. Brall nennt Weihnachten einen „Ankerpunkt“ vieler Familien. Er holt theologisch weiter aus und schlägt den weihnachtlichen Bogen zur Bibel. „Im Hebräischen, also der Sprache, in der das Alte Testament geschrieben wurde, heißt ‚glauben‘ übrigens ‚sich festmachen‘. Wenn man sich am Gottesdienst von Weihnachten festmacht, dann ist auch das Glaube.“

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Dass der Glaube für jene Leute, die nur Weihnachten in die Kirche kommen, eine geringere Rolle spielt, will Brall nicht pauschal gelten lassen. Es gebe wohl unterschiedliche Gründe, vermutet der Pfarrer. „Manche schätzen die Regelmäßigkeit, manche das Besondere am Gottesdienst.“ Zudem würden Fernsehgottesdienste an Weihnachten regelmäßig von vielen Menschen eingeschaltet. Zum Thema Weihnachten: Das bayerische Finanzamt hat mit einer Ankündigung überrascht.

Weihnachten in „schwierigen Zeiten“

Unabhängig vom Glauben spricht Brall von „schwierigen Zeiten“. Die Grundpfeiler der westlichen Gesellschaften der vergangenen 75 Jahre würden derzeit mürbe: „Verlässlichkeit bei Wachstum, Sicherheit und Demokratie.“ Man müsse – auch in Bayreuth – materielle Verluste hinnehmen. Er beobachtet eine wachsende Armut in einem eigentlich wohlhabenden Land. Da könne Weihnachten ein wenig Abhilfe schaffen – wenn auch nur vorübergehend.

Brall wünscht sich, „dass wir als Gesellschaft zur Ruhe kommen und andächtig werden.“ Die Geschichte von der Geburt Jesu nennt er eine „Einladung, in unübersichtlichen Zeiten zu den Grundlagen zurückzukehren. Ein Kind wird geboren. Das ist wichtig und entscheidend.“

Kirche an Weihnachten „eine Verpflichtung“?

Eine sichere Antwort, warum die Menschen an Weihnachten verlässlich in die Kirchen strömen, hat auch Pfarrer Heinrich Hohl nicht. Er ist Leitender Pfarrer des Katholischen Seelsorgebereichs Bayreuth. Er vermutet, dass Menschen den Besuch des Gottesdienstes „eher als eine Verpflichtung verstehen als an einfachen Sonntagen“, die sich alle sieben Tage wiederholen. Hohl hat auch eine andere Vermutung: „An den hohen Feiertagen wird die Sehnsucht im Grund des Herzens stärker, wirklich dabei sein zu wollen.“

Heinrich Hohl, Leitender Pfarrer Katholischer Seelsorgebereich Bayreuth.

Hohl sieht aber auch einen Zusammenhang zwischen der Anzahl von Gottesdienstbesuchern und der spirituellen Nähe der Menschen zur Kirche. „Je mehr deren Zahl wächst, desto stärker wird meines Erachtens der Aspekt der persönlichen Glaubensüberzeugung, zu der auch der Kirchgang und die Pflege der christlichen Gemeinschaft gehört. Da geht es nicht mehr um Symbolik, sondern um Überzeugung.“

Die Weihnachtsbotschaft als Konstante

Hohl ist überzeugt davon, dass Weihnachten dieses Jahr die Menschen tiefer anspricht. Wie Brall bezieht auch er sich auf das aktuelle Zeitgeschehen. „Wenn existenzielle Krisen und Sorgen auftauchen, werden tragfähige Antworten und Sinnangebote gesucht.“ Wer will, vermag beides in der Kirche zu finden. Vielleicht auch deshalb beobachtet der katholische Geistliche einen Anstieg der Gottesdienstbesucher aus Überzeugung.

Die sehnen sich offenbar jedes Jahr aufs Neue nach der Weihnachtsbotschaft. Die bleibt jedes Jahr gleich. „Sie kann nur lauten, dass die Menschen den menschenfreundlichen Gott erkennen und ihn anerkennen in seinem Anspruch der Liebe“, sagt Hohl abschließend. Auch interessant: Der Modelleisenbahn-Club Bayreuth geht mit Volldampf in die Weihnachtszeit.


Von Jürgen Lenkeit
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