Zur Vermeidung von Streitigkeiten und unnötigen Steuern ist in nahezu allen erbrechtlichen Angelegenheiten die Kenntnis der gesetzlichen Erbfolge wichtig, beispielsweise bei Grundstücksübertragungen, bei der Testamentserrichtung, beim Ehevertrag, im Erbfall, beim Pflichtteil oder für den Erbschein. Historisch war das Erbrecht im germanischen Raum bis zum Ende der Frühen Neuzeit von der Nachfolge des Erstgeborenen geprägt. Der Code Napoléon von 1804 kodifizierte erstmals unter anderem die Idee der freien Verfügung über das eigene Vermögen und legte fest, dass die Erbfolge auch in Abwesenheit eines Testaments nach bestimmten Regeln erfolgen sollte. Diese Idee wurde 1896 vom Bürgerlichen Gesetzbuch übernommen. Die gesetzliche Erbfolge tritt nur ein, wenn kein Testament vorliegt und auch sonst keine erbvertraglichen Vereinbarungen getroffen wurden. Ehegatte Der Grundsatz, wonach der Ehegatte im Ergebnis gesetzlich die Hälfte erbt, betrifft den häufigen Fall, dass Kinder hinterlassen wurden, der gesetzliche Güterstand galt und der Längerlebende die Erbschaft annimmt. In allen anderen Fällen erbt der überlebende Ehegatte je nach Familien- und Verwandtschaftsverhältnis den gesamten Nachlass oder auch nur einen Bruchteil davon. Der überlebende Ehegatte des Erblassers ist grundsätzlich neben Kindern der verstorbenen Person zu einem Viertel, neben Eltern oder Geschwistern der verstorbenen Person oder neben Großeltern zur Hälfte der Erbschaft als gesetzlicher Erbe berufen. Treffen mit Großeltern Abkömmlinge von Großeltern zusammen, so erhält der Ehegatte auch von der anderen Hälfte den Anteil. Sind weder Verwandte der ersten oder der zweiten Ordnung noch Großeltern vorhanden, so erhält der überlebende Ehegatte die ganze Erbschaft. Bestand beim Erbfall Gütertrennung und sind als gesetzliche Erben neben dem überlebenden Ehegatten ein oder zwei Kinder des Erblassers berufen, so erben der überlebende Ehegatte und jedes Kind zu gleichen Teilen. Befristetes Optionsrecht Wird der gesetzliche Güterstand durch den Tod eines Ehegatten beendet, so wird der Ausgleich des Zugewinns dadurch verwirklicht, dass sich der gesetzliche Erbteil des überlebenden Ehegatten um ein Viertel der Erbschaft erhöht. Hierbei ist unerheblich, ob die Ehegatten im einzelnen Falle einen Zugewinn erzielt haben. Dies führt zusammen mit dem Erbanteil von einem Viertel zu der bekannten Faustformel, wonach der Ehegatte im gesetzlichen Güterstand neben Kindern im Ergebnis die Hälfte erbt. Wird der überlebende Ehegatte nicht Erbe und steht ihm auch kein Vermächtnis zu oder schlägt er die Erbschaft aus, so kann er grundsätzlich Ausgleich des Zugewinns wie bei einer Scheidung verlangen und möglicherweise zusätzlich den kleinen Pflichtteil. Der Ehegatte hat im gesetzlichen Güterstand also in bestimmten Fällen ein befristetes Optionsrecht dahin, ob er den Zugewinnausgleich möchte und einen kleinen Pflichtteil oder pauschal die Hälfte des Nachlasses. Die Ausübung des Optionsrechtes ist insbesondere dann von Vorteil, wenn der verstorbene Ehegatte alleiniger Inhaber des wesentlichen Vermögens war und der hinterbliebene Ehegatte kaum eigenes Vermögen hat. Kinder Den verbleibenden Rest teilen sich Kinder der verstorbenen Person zu je gleichen Teilen. War der Verstorbene nicht verheiratet, dann erben die Abkömmlinge nach Stämmen allein zu gleichen Teilen. Eltern, Geschwister Sind keine Kinder vorhanden, dann erben neben einem eventuell vorhandenen Ehegatten die Eltern des Erblassers und deren Abkömmlinge, also Geschwister, Nichten und Neffen usw. Großeltern und entferntere Verwandte Sind auch keine Eltern oder Geschwisterstämme vorhanden, dann sind die Großeltern und deren Kinder und Kindeskinder an der Reihe. In höheren Ordnungen folgt die Erbfolge nicht mehr den Stämmen, sondern den Linien. Ab den Urgroßeltern ist nur noch der Grad der Verwandtschaft maßgeblich. Testierfreiheit Durch Testament kann die gesetzliche Erbfolge frei geändert werden. Diese Testierfreiheit wird insbesondere durch das Pflichtteilsrecht und das Steuerrecht wirtschaftlich beschränkt. Durch kluge und vorausschauende Gestaltungen kann die wirtschaftliche Testierfreiheit oftmals ganz oder teilweise wiederhergestellt werden und gleichzeitig viel Streit vermieden werden. Bestens beraten. www.zeitler.law