Veröffentlicht am 21.03.2021 16:00
Veröffentlicht am 21.03.2021 16:00

SpVgg Bayreuth: Die Zahlen stimmen nie und nimmer

SpVgg Bayreuth: Die Zahlen stimmen nie und nimmer (Foto: Stefan Dörfler)
SpVgg Bayreuth: Die Zahlen stimmen nie und nimmer (Foto: Stefan Dörfler)
SpVgg Bayreuth: Die Zahlen stimmen nie und nimmer (Foto: Stefan Dörfler)
SpVgg Bayreuth: Die Zahlen stimmen nie und nimmer (Foto: Stefan Dörfler)
SpVgg Bayreuth: Die Zahlen stimmen nie und nimmer (Foto: Stefan Dörfler)

BAYREUTH.

Bis zu 2,8 Millionen Euro für eine Flutlichtanlage, bis zu 1,3 Millionen für Toiletten und Kioske, 600.000 Euro für eine neue Bestuhlung, 200.000 Euro für eine aufzurüstende Beschallungsanlage und 150.000 Euro für Videoüberwachung – „Auf welchen Fakten basieren diese Zahlen?“, so Marcel Rozgonyi, Geschäftsführer der Spielvereinigung. Der Bauausschuss des Stadtrates hat sich in der vergangenen Woche mit der Ertüchtigung des Hans-Walter-Wild-Stadions beschäftigt, um notwendige bauliche Voraussetzungen zu prüfen, Profi-Fußballspiele in der 3. Liga durchzuführen. Ergebnis: Sechs Mitglieder sprachen sich für eine Empfehlung an den Stadtrat aus, das Stadion zu ertüchtigen.

Eine Modernisierung sei jedoch nicht nur für den Aufstieg der Spielvereinigung in die dritthöchste Spielklasse essentiell, sondern eine notwendige Investition in eine lang vernachlässigte städtische Immobilie, sagt Marcel Rozgonyi. „Nur die Rasenheizung und vielleicht die Flutlichtanlage stehen aktuell mit dem Aufstieg in Beziehung. Die Stadt ist in den letzten Jahrzehnten ihrer Verantwortung nicht nachgekommen und hat sich kaum um die bauliche Substanz gekümmert. “

Das Hans-Walter-Wild-Stadion wurde 1967 eingeweiht, 2005 sind die maroden Stehränge auf der Gegengerade erneuert und die Zaunanlage repariert worden – seither ist nicht mehr viel passiert. „Ein Stadion ohne Sicherheitsbeleuchtung für Besucher muss man heutzutage lange suchen“, so Marcel Rozgonyi.

Auch andere Ertüchtigungsmaßnahmen dienten nicht ausschließlich dem Club, sondern seien allgemein für die Sicherheit der Besucher, auch anderer Veranstaltungen absolut notwendig, sofern solche überhaupt noch stattfänden. „Sind denn Videoüberwachung, befestigte Wege, Sektorenabtrennung im Stadionbereich, nicht moderne Standards und damit unerlässlich? Wo bleibt der verantwortungsvolle Umgang mit den Ressourcen der Stadt?“, fragt Marcel Rozgonyi.

Die veranschlagten 200.000 Euro für die Aufrüstung der Soundanlage sind für ihn nicht nachvollziehbar. „Im vergangenen Herbst wurde, unter Einbindung des Hochbauamtes, eine neue Soundanlage in Betrieb genommen, die jetzt nicht den Anforderungen entspricht. Der Aufstieg war damals bereits Thema. Die Stadt muss sich hier erklären. Ich denke es ist in Deutschland einmalig, dass eine Mannschaft nicht aufsteigen kann, weil die Voraussetzungen im Stadion nicht gegeben sind.“

Unverständlich sind für Marcel Rozgonyi auch andere Beträge, die jetzt für Baumaßnahmen und Anschaffungen aufgerufen werden. Er bezeichnet die Zahlen einfach als falsch und spricht von einem Verhinderungsplan, der schon sehr lange währt. Von einer direkten Blockade will Oberbürgermeister Thomas Ebersberger nicht sprechen. „Notwendige Sanierungspläne wurden in der Vergangenheit nur nicht mit Nachdruck verfolgt“, sagte er auf Nachfrage der Sonntagszeitung.

In der vergangenen Woche war Rainer Ernst, Experte für die Sanierung von Sportstätten, im Stadion und veranschlagte nach einer Besichtigung spontan maximal 400.000 Euro für die Flutlichtanlage.

Marcel Rozgonyi erinnert, dass 2012 der Stadtrat den Einbau einer neuen Bestuhlung auf der Haupttribüne beschlossen hatte, passiert sei bis heute nichts. Dabei gebe es preiswerte Lösungen, man müsse nur wollen. Manche Stadträte zeigen kaum Interesse an den Problemen der Vereine. Marcel Rozgonyi hat erfahren, das RB Leipzig seine komplette Stadionbestuhlung austauscht. „Gegen Eigenabbau- und Transport sowie möglicherweise eine Spende sind die Stühle zu haben“, sagt er und hat schon mal den Bedarf von 3.000 angemeldet.

Auch in Aschaffenburg muss derzeit in das Stadion investiert werden, da dort der SV Viktoria 01 e.V., bei im Durchschnitt wesentlich weniger Zuschauern als in Bayreuth, den Aufstieg plant. Die dort zuständigen Verantwortlichen gehen von wesentlich geringeren Summen aus, obwohl es auch in Unterfranken um Rasenheizung, Sicherheitsmaßnahmen und Flutlichtanlage geht. „Warum greift man nicht zum Telefonhörer und tauscht sich?“, fragt er.

Die Spielvereinigung sei derzeit der einzige regelmäßige Nutzer des Stadions. „Will man denn nicht Möglichkeiten schaffen, nach Jahrzehnten wieder professionellen Sport zu sehen? Ich denke nicht nur an Fußball, sondern auch an andere Sportarten. In der Stadt sind verschiedene Konzertagenturen, die zu den größten in Europa zählen, ansässig. Warum finden keine Freiluftkonzerte mehr statt?“, fragt er. „Werden Kultur und Sport als wichtige wirtschaftliche und gesellschaftlichen Faktoren nicht erkannt? Das Geld ist gut investiert“, so Marcel Rozgonyi abschließend. „Wenn man schon nicht an den Nutzen denkt, dann zumindest an die Bürger, mit deren Steuergeldern das Stadion errichtet wurde.“


Von Jessica Mohr
jm
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