Veröffentlicht am 09.02.2020 06:00
Veröffentlicht am 09.02.2020 06:00

Sparkurs der Oberbürgermeisterin – Kandidaten möchten eher investieren

Sparkurs der Oberbürgermeisterin – Kandidaten möchten eher investieren (Foto: red)
Sparkurs der Oberbürgermeisterin – Kandidaten möchten eher investieren (Foto: red)
Sparkurs der Oberbürgermeisterin – Kandidaten möchten eher investieren (Foto: red)
Sparkurs der Oberbürgermeisterin – Kandidaten möchten eher investieren (Foto: red)
Sparkurs der Oberbürgermeisterin – Kandidaten möchten eher investieren (Foto: red)

BAYREUTH . In Teil 3 unserer großen Umfrageserie zur Oberbürgermeisterwahl geht es um die Finanzen – schließlich steht am Montag, 10. Februar, die Haushaltsberatung im Stadtrat an.

Brigitte Merk-Erbe (BG):

Ich sehe im Abbau der Schulden und in der Umsetzung einer soliden Ausgabepolitik wesentliche Elemente, um künftigen Generationen Gestaltungsspielraum für ihre Ideen und Vorstellungen zu überlassen. Zum Jahresende 2019 lagen die Schulden der Stadt bei rund 75 Millionen Euro, Ende 2012 lag der Schuldenstand noch bei 122,9 Mio. Euro. Mit dem Haushaltsentwurf 2020 schlage ich dem Stadtrat vor, die Schulden im Jahr 2020 um weitere etwa 10 Mio. Euro auf dann rund 65 Millionen Euro abzubauen. Ich weise immer wieder darauf hin, dass dauerhafte finanzielle Verpflichtungen, die wir in guten Zeiten beschließen, auch in weniger guten Zeiten bezahlt werden müssen. Nicht überall finden Apelle für Haushaltsdisziplin Beifall. Bei allem Schuldenabbau investieren wir dennoch verlässlich in die verschiedenen Bereiche der Infrastruktur, wie auch in Bildung, Schulen oder Kindergärten. Diesen Weg – Schulden abzubauen und verlässlich zu investieren – will ich auch in Zukunft weitergehen.

Thomas Ebersberger (CSU): Im neuen Haushalt wird eine Verschuldung der Stadt von zirka 65 Millionen Euro ausgewiesen. Es wird der Eindruck erzeugt, dass Bayreuth besser dastünde, als vor acht Jahren. Fakt ist, dass durch die schleppende Umsetzung der beschlossenen Baumaßnahmen gerade im Bereich der Schulen massiver Investitionsstau besteht und aufgrund der Baupreissteigerungen sowie mangelhafter Kostenkontrolle Mehrkosten zu erwarten sind. Das Friedrichsforum hätte 2019 abgeschlossen sein sollen, jetzt wird eine Kostenlast von zirka 30 Millionen Euro in die nächste Periode verschoben. Die Berufsschule 1 wird weit über 100 Millionen kosten, die Graserschule pro Schüler zirka 45.000 Euro, vom Altstadtbad, der Toilettenanlage am Festspielhaus, Kreisel Eremitenhof etc. ganz zu schweigen. In der freien Wirtschaft würde man sagen, dass vor einem Verkauf eine Firma „bilanziell aufgehübscht“ wird, um den Verkaufspreis zu erhöhen. Andreas Zippel (SPD): Zwei Grundregeln der Wirtschaftslehre lauten: (1) Nur wer investiert, sichert seinen Wohlstand auch in der Zukunft. (2) Sind die Zinsen niedrig, nehme ich Schulden für Investitionen auf. Leider ignoriert die Oberbürgermeisterin dies komplett und baut in einer Niedrigzinsphase massiv Schulden ab. Die Folge: Wir erleben einen enormen Investitionsstau und das, obwohl sie vier Mal so viel Gewerbesteuereinnahmen wie OB Mronz hat – 58 Millionen zurückgezahlte Euro sind eben auch 58 Millionen nicht investierte Euro. Das merken wir an zahlreichen Rohrbrüchen, unsanierten Schulen, fehlenden Innovations- und Gründergebäuden, nicht genügend Kitas, mangelndem bezahlbaren Wohnraum, schlechtem WLAN-Netz usw. Deshalb braucht es ein Umdenken: Statt Schulden zurückzuzahlen, braucht es vielmehr vernünftige Investitionen, die dann auch durch ordentliche Führung tatsächlich umgesetzt werden! Stefan Schuh (Junges Bayreuth e.V.): Die Zahlen im Haushaltsentwurf der OB sind genauso glasklar wie schockierend. Bereits 2021 ist Bayreuths Geldbeutel leer, die Liquidität sinkt auf Null. Zudem plant die OB ab 2021 etwa 22 Mio. Euro neue Schulden, 2022 etwa 32 Mio. Bis 2023 erreicht unser Bayreuth somit einen historischen Rekordschuldenstand. Jedes Jahr mahnt die Regierung von Oberfranken die unrealistische Planung der städtischen Finanzen an. Zudem werden Investitionen versprochen, etwa in unsere bröckelnden Schulen, von denen nur ein minimaler Bruchteil tatsächlich umgesetzt wird. Beschlüsse des Stadtrats werden außerdem komplett ignoriert, etwa beim Abenteuerspielplatz für Kinder. Zusammengefasst: Die oberste Hüterin unserer Finanzen schafft es nicht, realistisch zu planen, wird von der Regierung von Oberfranken dafür wiederholt gerügt, ignoriert Beschlüsse des Stadtrats, und spart dann bei Schulen und Spielplätzen. Verantwortliche Politik geht anders! Thomas Hacker (FDP): Jede Generation sollte die Ihr übertragenen Aufgaben auch erledigen und der jungen Generation keine Bürden hinterlassen. Investitionen dürfen nicht liegenbleiben. Beim Schuldenabbau ist Bayreuth in den letzten Jahren vorangekommen, das ist gut. Der aktuell vorgelegte Haushalt 2020 zeigt aber die Kehrseite der aktuellen Stadtpolitik. Seit Jahren wird ein größer werdender Investitionsstau vor sich hergeschoben. Von geplanten 78 Millionen Euro Investitionen wurden letztes Jahr 32 Millionen verbaut. 2020 sollen 85 Millionen, 2021 75 Millionen verbaut werden. Das macht sich in der Finanzplanung bemerkbar: bis 2023 sind nicht nur die Guthaben der Stadt von 82,5 Mio. Euro aufgebraucht, auch 40 Millionen Euro neuer Schulden sind fest eingeplant! Noch nicht berücksichtigt sind Projekte wie die Gewerbliche Berufsschule (102 Millionen Euro), das Stadtarchiv, das Altstadtbad oder der Anteil an der Sanierung des Festspielhauses. Wenn Schuldenabbau nur erreicht wird, dass notwendige Sanierungen der Schulen unterbleiben oder Kinder seit vielen Jahren in Containern betreut werden, wie in der Saas, ist die Freude getrübt. Klaus Wührl-Struller (Bündnis 90/Die Grünen und Unabhängigen): Der Abbau von Schulden ist zunächst zu begrüßen. Je weniger Schulden eine Kommune hat, umso größer ist ihr Handlungsspielraum – jetzt und in Zukunft. Aber Schuldenabbau und Sparen dürfen kein Selbstzweck sein. Oft ist Investieren das bessere Sparen. Wir haben die Doppik, d.h. einer Investition, einem Geldabfluss, steht eine Schaffung von Werten gegenüber – in Form von Infrastruktur, von Gebäuden oder von Lebensqualität. Gerade beobachten Soziologen einen neuen Wertewandel von einem Ich-zentrierten hin zu einer neuen Wir-Orientierung am Gemeinwohl, eine Rückkehr der Allmende. Wenn wir also sparen, damit es der Gemeinschaft besser geht, dann ist das wunderbar. Wenn es jedoch der Gemeinschaft besser geht, indem Geld ausgegeben bzw. investiert wird, dann müssen wir dazu den Mut finden. Konkret geht es auch um die Frage, wofür wir Geld ausgeben: Schaffen wir mit einer Investition neue Werte oder binden wir uns Verpflichtungen ans Bein, die viel Geld kosten, aber nicht nachhaltig sind. Letzteres will ich unbedingt vermeiden. Gert-Dieter Meier (Die Unabhängigen): Die Zeiten, da eine Stadt wie Bayreuth das Geld mit vollen Händen ausgeben konnte, sind Geschichte – die Spielräume sind kleiner geworden. Trotzdem darf eine Stadt nicht kaputt gespart werden. Wenn in Schulen, Kitas, Museen und sonstigen Einrichtungen immer weniger Menschen immer größere Herausforderungen bewerkstelligen, kann das nicht gut gehen. Wenn eine Stadt beim Unterhalt von Infrastruktur – Gebäude, Straßen, Brücken, Kanalisation – nicht mehr nachkommt, kann das nicht gut gehen. Wenn wichtige Sanierungsvorhaben immer wieder auf die lange Bank geschoben werden, kann das nicht gut gehen. Dann wird der Schuldenabbau zur Falle. Eine gemeinsam erstellte Dringlichkeitsliste für Sanierungen und Neubauten muss konsequent abgearbeitet werden – bis an die Schmerzgrenze des finanziell Möglichen. Es kommt auf die Kreativität und die Ideen der Macher an, wie man die Stadt in finanziell schwieriger Zeit voranbringt. Da sehe ich noch jede Menge Luft nach oben.


Von Roland Schmidt
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