Vielen ist die sogenannte „fiktive Abrechnung“ von Schadenskosten im Zusammenhang mit Reparaturkosten von Kfz ein Begriff. Demnach ist ein Ersatz der zu erwartenden Reparaturkosten grundsätzlich auch dann möglich, wenn die Reparatur letztlich überhaupt nicht durchgeführt wird. Findet dieses Prinzip auch bei mangelhaften Werkleistungen Anwendung? Bei Werkverträgen (z.B. Handwerkerleistungen) schuldet der Unternehmer die Herstellung eines mangelfreien Werkes. Vereinfacht ausgedrückt, ist von einer Mangelhaftigkeit dann auszugehen, wenn nach Abschluss der Arbeiten der Ist-Zustand vom vertraglich geschuldeten Soll-Zustand negativ abweicht. Liegt ein Mangel vor, reichen die entstandenen Nachteile von der gänzlichen Unbrauchbarkeit des Werkes über mehr oder minder starke Einschränkungen der Verwendbarkeit bis hin zu lediglich optischen Abweichungen. Grundsätzlich hat der Auftragnehmer das Recht, seine Leistung nachzuarbeiten und dabei die Beanstandungen zu beseitigen. Scheitert die Nachbesserung oder wird diese abgelehnt, kann der Auftraggeber den Mangel grundsätzlich auf Kosten des Unternehmers selbst beseitigen lassen oder einen angemessenen Vorschuss hierfür verlangen. Abrechnung fiktiver Mängelbeseitigungskosten bisher möglich Je nach Ausprägung kommt es dem Auftraggeber jedoch nicht immer darauf an, die vorliegenden Mängel tatsächlich beseitigen zu lassen. Können in diesem Fall die zu erwartenden Reparaturkosten als Schadensersatz geltend gemacht werden? Eine solche nur fiktive Abrechnung war von der höchstrichterlichen Rechtsprechung jahrzehntelang gedeckt. Demnach war es dem Besteller möglich, die vollständigen Kosten der Mängelbeseitigung geltend zu machen, ohne die Arbeiten tatsächlich durchführen zu lassen. „Der Schädiger hat keinen Anspruch darauf, dass der Geschädigte das ihm als Schadensersatz gezahlte Geld auch wirklich zur Beseitigung des Schadens verwendet. (…) Was der Geschädigte mit dem empfangenen Geld macht, ist für den Schädiger ohne Belang“, führte der BGH schon 1973 aus (Urteil vom 24. Mai 1973, Az. VII ZR 92/71). Der Besteller konnte dann die Zahlung fiktiver Mängelbeseitigungskosten bis zur Grenze der Unverhältnismäßigkeit verlangen. Rechtsprechungsänderung mit neuen Erwägungen Von der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen, rückte der BGH jedoch unlängst von seiner etablierten Rechtsprechung ab: „Der Besteller, der keine Aufwendungen zur Mängelbeseitigung tätigt, hat keinen Vermögensschaden in Form und Höhe dieser (nur fiktiven) Aufwendungen.Sein Vermögen ist im Vergleich zu einer mangelfreien Leistung des Unternehmers nicht um einen Betrag in Höhe solcher (fiktiven) Aufwendungen vermindert. Erst wenn der Besteller den Mangel beseitigen lässt und die Kosten hierfür begleicht, entsteht ihm ein Vermögensschaden in Höhe der aufgewandten Kosten“ (Urteil vom 22. Februar 2018, Az. VII ZR 46/17). Der Schadensersatz muss sich demnach neuerdings am wirklichen Leistungsdefizit bemessen, welches regelmäßig in seiner Höhe nicht den (fiktiven) Mängelbeseitigungskosten entspricht. Dadurch sollen Überkompensationen vermieden werden. Ausschlaggebend ist für Auftraggeber künftig also nur noch der durch den Mangel bedingte tatsächlich bestehende Minderwert. Fiktive Beseitigungskosten können in diesem Bereich nun nicht mehr geltend gemacht werden.