BTSZ: Wofür ist Vitamin D wichtig ? Dr. Hägel: Vitamin D ist wichtig für den Calcium- und Knochenstoffwechsel. Es erhöht die Calciumaufnahme im Darm und reguliert den Knochenaufbau und -umbau. Bei einem Mangel an Vitamin D stellt sich nach kurzer Zeit auch ein Mangel an Calcium ein. Diesen Mangel versucht der Körper auszugleichen, indem Calcium aus dem Knochen herausgelöst wird. Vitamin D stärkt also den Knochen, hat einen direkten Effekt auf die Muskulatur und reduziert damit das Sturz- und Frakturrisiko. Darüber hinaus gibt es Hinweise, dass das Risiko für Krebserkrankungen, infektiöse Erkrankungen, Herz-Kreislauferkrankungen (Schlaganfall, Hochdruck, Herzinfarkt), Autoimmunerkrankungen und neuropsychiatrische Erkrankungen (Demenz, Depression) bei Vitamin D- Mangel erhöht ist. Allerdings gibt es noch keine Daten, die zeigen, dass die Gabe von Vitamin D diese Erkrankungen positiv beeinflusst. BTSZ: Wo kommt Vitamin D vor und wie wird es gebildet? Dr. Hägel: Natürliche Nahrungsquellen enthalten zu wenig Vitamin D (Ausnahme fetthaltiger Fisch), so dass bei Vitamin D-Mangel Vitamin D in medikamentöser Form eingenommen werden sollte. Vitamin D wird ansonsten unter der Einwirkung von UV-Licht in der Haut hergestellt, um dann in der Leber und der Niere weiter zu seiner aktiven Form weiter verarbeitet zu werden. Da die Niere eine wichtige Rolle bei der Synthese spielt, beschäftigen wir uns als Nephrologen besonders mit dem Vitamin D-Stoffwechsel. BTSZ: Wie und oft kommt es zu einem Vitamin D-Mangel? Dr. Hägel: Nirgends in Europa erhält man von November bis Februar ein ausreichendes Maß an UV-Strahlung. Außerdem nimmt die Vitamin D-Produktion mit dem Alter ab. Die Haut eines älteren Menschen kann im Vergleich zu einem Jugendlichen nur noch etwa 25 Prozent der Menge produzieren. Auch das Verwenden von Sonnenschutzmitteln reduziert die Produktion. Heute wird vielfach auf die Gefahren von UV-Licht hingewiesen (z.B. Hautkrebs), aber Sonnenlicht in wohldosierten Mengen ist unverzichtbar. Ideal wären täglich 20-30 Minuten Sonne auf Gesicht, Armen und Beinen. Je älter die Patienten sind, umso häufiger ist ein Mangel vorhanden. Bei über 60-jährigen Patienten wurde zu 82 Prozent ein Mangel an Vitamin D im Winter festgestellt, 48 Prozent haben auch im Sommer zu wenig davon. BTSZ: Welche Dosis an Vitamin D sollte man einnehmen? Dr. Hägel: In der Regel werden Dosen von 800-1000 IE/Tag empfohlen. Viele Experten raten aber auch zu noch höherer Dosierung. Allerdings gibt es Begleiterkrankungen, die eine höhere oder niedrigere Dosis erfordern (z.B. höhere Dosierung bei Aufnahmestörungen im Darm oder bei Nierenerkrankungen). BTSZ: Was passiert, wenn ich zu viel Vitamin D einnehme? Dr. Hägel: Bei üblichen Dosierungen sind keine Nebenwirkungen bekannt. Bei höheren Dosierungen kann es zu einem Anstieg des Calciumspiegels im Blut kommen, was akut bis zur Bewußtlosigkeit, Nierenversagen und Tod führen und langfristig eine Verkalkung von Gefäßen und Organen zur Folge haben kann. Durch eine erhöhte Calciumausscheidung im Urin kann es auch zur Bildung von Nierensteinen kommen. Dies zeigt, dass die Einnahme von Vitamin D in Rücksprache mit einem Arzt erfolgen sollte.