Mit dem Urteil vom 05.12.2022 beschäftigte sich das LG Wuppertal (Aktenzeichen 2 O 317/21) mit der Frage, ob ein Irrtum des Erblassers hinsichtlich der Bereitschaft des Erben eine Nachlassimmobilie zu erhalten, einen Motivirrtum darstellt, der zur Anfechtung des Testaments des Erblassers berechtigt. Die Erblasserin hinterließ eine Tochter und einen Sohn. Zu ihrem Nachlass gehörte eine Immobilie, von der sie sich wünschte, dass sie erhalten wird und im Familienbesitz bleibt. Die Erblasserin ging davon aus, dass nur ihr Sohn diesem Wunsch entsprechen wird und setzte diesen daher zu ihrem Alleinerben ein. Die Tochter wurde enterbt und damit auf ihren Pflichtteil gesetzt. Aus dem Testament geht als Motiv für die Erbeinsetzung des Sohnes als Alleinerben hervor, dass dessen Erbeinsetzung von der Vorstellung der Erblasserin motiviert war, hierdurch den Erhalt der Nachlassimmobilie im Familienbesitz sicherzustellen. Nach dem Erbanfall beantragte der Sohn einen Erbschein, ließ den Verkehrswert der Immobilie schätzen, einigte sich mit seiner Schwester über deren Pflichtteil und veräußerte anschließend die Nachlassimmobilie. Nachdem die Schwester hiervon Kenntnis erhielt, erklärte sie die Anfechtung des Testaments ihrer Mutter. Das LG Wuppertal musste nun die Frage klären, ob aufgrund dieser Anfechtung die gesetzliche Erbfolge eingetreten ist. Das Landgericht bejahte diese Frage. Das LG Wuppertal stellte in seiner Entscheidung darauf ab, dass sich aus dem Testament der Erblasserin deutlich ergebe, ihre Vorstellung bei Einsetzen des Sohnes als Alleinerbe sichere die Nachlassimmobilie im Familienbesitz. Die Entwicklung nach dem Erbfall zeige aber unzweideutig, dass die Vorstellung der Erblasserin über das weitere Verhalten des Sohnes falsch war. Mithin lag bei Erbeinsetzung ein Motivirrtum vor, der zur Anfechtung des Testaments durch die Tochter berechtige. Infolge der Anfechtung des Testaments entfalle die Erbeinsetzung des Sohnes als Alleinerbe, und es trete die gesetzliche Erbfolge ein. Sohn und Tochter würden so zu gleichberechtigten gesetzlichen Erben der Erblasserin. Die Entscheidung des LG Wuppertal zeigt auf, dass die Aufnahme der Motive einer erbrechtlichen Verfügung durch den Erblasser dazu beitragen kann, die Durchsetzung des Willens des Erblassers mit abzusichern. Bleibt die Motivlage im Dunkeln, dürfte eine spätere Anfechtung wegen Motivirrtums gar nicht, bzw. deutlich schwerer durchsetzbar sein.