Nach dem Gesetz haften grundsätzlich die Eltern für den Unterhalt des Kindes. Gem. § 1603 II BGB trifft die Eltern dabei gegenüber ihren minderjährigen (und privilegiert volljährigen) Kindern eine sog. gesteigerte Erwerbsverpflichtung, d.h. sie haben „alle verfügbaren Mittel zu ihrem und der Kinder Unterhalt gleichmäßig zu verwenden.“. Im Verhältnis zu minderjährigen (und privilegiert volljährigen) Kindern kann sich der Elternteil eigentlich nicht auf den angemessenen Selbstbehalt von 1.400 € berufen, ihm steht lediglich der sog. notwendige Selbstbehalt in Höhe von 1.160 € (bei Erwerbstätigkeit) zu; hieraus muss er seinen eigenen Unterhalt bestreiten. Darüber liegendes Einkommen ist für den Unterhalt heranzuziehen. Die erhöhte Erwerbsobliegenheit hat insbesondere Auswirkungen darauf, welche Anstrengungen dem Elternteil zugemutet werden. So hat der pflichtige Elternteil zur Deckung des Mindestkindesunterhalts bis zu 48 Stunden die Woche zu arbeiten, und ggf. auf den Vermögensstamm zurückzugreifen. Alternativ können vermögensbildende Maßnahmen des Elternteils nicht anerkannt werden. Am 27.10.2021 entschied nun der BGH, dass im Falle vorhandener leistungsfähiger Großeltern, eine gesteigerte Erwerbsobliegenheit der Eltern nur beschränkt vorliegt: Grundsätzlich seien Verwandte gem. § 1601 BGB verpflichtet, einander Unterhalt zu gewähren, d.h. auch Großeltern könne eine Unterhaltsverpflichtung treffen. Gem. § 1606 II BGB sei dabei die Unterhaltspflicht der Eltern als die „näheren“ Verwandten vorrangig. Eine Unterhaltspflicht bestehe nach § 1603 I BGB aber dann nicht, wer bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, ohne Gefährdung seines angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren. Ist also ein anderer leistungsfähiger Verwandter des Kindes im Sinne dieser Vorschrift vorhanden, liegt keine gesteigerte Unterhaltsverpflichtung des vorrangig verpflichteten Elternteils vor, sondern der nach ihm haftende Verwandte hat den Unterhalt im Wege der Ersatzhaftung nach § 1607 I BGB zu gewähren. Die gesteigerte Erwerbsobliegenheit geht auf die nachrangigen Verwandten über. Werden so Großeltern für den Unterhalt ihrer Enkel herangezogen, stellt dies keine verdeckte Unterhaltsgewährung an die Kindeseltern dar, denen so die Differenz zwischen angemessenem und notwendigem Selbstbehalt verbleibt. Vielmehr handelt es sich bei § 1607 I BGB um eine originäre Haftung der Großeltern auf Unterhalt gegenüber ihren Enkelkindern. Die subsidiäre Haftung nach § 1603 II 3 BGB zielt nicht auf eine Entlastung der Eltern ab, sondern dient der Beschränkung der mit der gesteigerten Unterhaltspflicht einhergehenden besonderen Belastung auf diejenigen Fälle, in denen anderenfalls der Unterhaltsanspruch des Kindes ungedeckt bliebe. Es bleibt somit bei der grds. vorrangigen Haftung der Eltern, aber nur im Rahmen des angemessenen Selbstbehaltes, nicht des notwendigen Selbstbehalts. Geschützt werden die nachrangig in Anspruch genommenen Großeltern vor allem dadurch, dass ihnen gegenüber ihren Enkeln ein deutlich höherer angemessener Selbstbehalt im Sinne des § 1603 Abs. 1 BGB zusteht als den Eltern gegenüber ihren Kindern. Des Weiteren trägt im Falle eines gerichtlichen Streits auch der in Anspruch genommene Elternteil die Darlegungs- und Beweislast für seine eigene Leistungsunfähigkeit, d.h. dafür, dass bei Unterhaltszahlung sein angemessener Selbstbehalt nicht gewahrt wäre, und für das Vorhandensein anderer leistungsfähiger Verwandte im Sinne des § 1603 II 3 BGB. Zuletzt nahm das OLG Oldenburg (Beschluss vom 16.12.2021, 13 UF 85/21) die Unterhaltspflicht der Großeltern schon dann an, wenn sich Ansprüche gegen den vorrangig Unterhaltsverpflichteten nur schwer durchsetzen lassen. Daher soll gegenüber den Großeltern auch ein eigener Anspruch auf Auskunft über deren Einkommen bestehen. Im Ergebnis besteht für unterhaltspflichtige Eltern nun eine weitere Möglichkeit, den eigenen Unterhalt zu begrenzen, zu denken ist insbesondere an Fälle, bei denen das Jugendamt Unterhaltsrückstände wegen geleistetem Unterhaltsvorschuss gegen den barunterhaltspflichtigen Elternteil regressiert.