Leben Eltern getrennt voneinander und betreut ein Elternteil die gemeinsamen Kinder weit überwiegend, so ist der andere Elternteil kindesunterhaltspflichtig. Seit einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist das sogenannte Wechselmodell, mit einer paritätischen Betreuung von Kindern in aller Munde. Unterhaltsrechtlich ist es jedoch so, dass erst bei einer Betreuung zu gleichen Teilen keine Kindesunterhaltspflicht eines Elternteils mehr besteht. In diesem Fall kann lediglich Anspruch auf einen deutlich geringeren Ausgleichsbetrag des einkommensschwächeren gegenüber dem einkommensstärkeren Elternteil bestehen. Die unterhaltsrechtliche Behandlung sämtlicher Fälle, in denen zwar keine Betreuung zu gleichen Teilen durchgeführt wird, aber die Betreuung durch den anderen Elternteil trotzdem in einem erhöhten Maße erfolgt, ist hingegen weiterhin nicht geregelt. Der erweiterte Umgang bis hin zum Wechselmodell hat somit zwar Aufschwung erlangt, eine Berücksichtigung höherer Betreuungsanteile im Unterhaltsrecht hat jedoch zwingend erst beim paritätischen Wechsel- modell stattzufinden. Bisher wurde eine erhöhte Betreuung bezüglich des Kindesunterhalts bestenfalls durch Herabsetzung des maßgeblichen Tabellenunterhalts gemäß Düsseldorfer Tabelle berücksichtigt. Die regierenden Parteien haben im Koalitionsvertrag im Herbst 2021 unter anderem beschlossen, dass „im Unterhaltsrecht die Betreuungsanteile vor und nach der Scheidung der Eltern besser zu berücksichtigen seien“. Mit angesprochen sein dürften hier aber auch nicht miteinander verheiratete Eltern. Seither hat noch keine Regelung stattgefunden, es gibt aber Lösungsansätze aus der Literatur. Ein Lösungsansatz orientiert sich, für Fälle von erweitertem Umgang oder nichtparitätischem Wechselmodell, an der Regelung zum paritätischen Wechselmodell. Ermittelt wird hierbei der Bedarf des Kindes anhand der Einkommensverhältnisse beider Elternteile. In weiteren Schritten werden sodann zunächst die Haftungsanteile der Eltern ermittelt, der Gesamtbedarf nach der hälftigen Betreuungsquote zugeordnet und schließlich dieser Gesamtbedarf auf die jeweilige hälftige Betreuungsquote verteilt. Mit diesem Rechengang soll sichergestellt werden, dass jeder Elternteil während seiner Betreuungszeit über denselben Unterhaltsbetrag verfügt. Dr. Daniela Rubenbauer und Hans-Joachim Dose (vgl. FamRZ 2022, 1497, 1503 f.) sprechen sich nunmehr dafür aus, diesen Rechengang auf die Fälle des erweiterten Umgangs sowie des nichtparitätischen Wechselmodells auszuweiten, da dem betreuenden Elternteil auch in diesen Fällen für die Dauer seiner Betreuungszeit der hierauf entfallende prozentuale Anteil des monatlichen Gesamtbedarfs des Kindes zur Verfügung steht. Die Rechtsprechung hingegen hält noch an der bisherigen Regelung und Handhabung fest. Nach einer in jüngster Zeit in Frage gestellten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bemisst sich der Bedarf des Kindes allerdings in allen Fällen nach dem beiderseitigen Einkommen der Eltern. Zu zahlen hat ein unterhaltspflichtiger Elternteil jedoch nur Kindesunterhalt nach seinem eigenen Einkommen, sodass dieser hinter dem Bedarf des Kindes aus beiderseitigem Einkommen zurückbleibt. Die Differenz trägt der Elternteil, der das Kind in höherem Maße betreut als der andere Elternteil, durch Naturalleistungen. Bei der Bemessung des Trennungsunterhalts der Mutter hat das OLG Frankfurt dem nun Rechnung getragen, indem es die Differenz, die durch Naturalunterhalt geleistet wird, mit dem entsprechenden Wert vom Einkommen der Mutter abgezogen hat, so dass sich der Trennungsunterhalt erhöht hat. Dieser Beschluss und auch die Tatsache, dass die zu Grunde liegende Rechtsprechung des BGH streitig diskutiert wird, zeigen, dass dringender Handlungsbedarf zur Schaffung von Regelungen für die Fälle von erweitertem Umgang und nichtparitätischem Wechselmodell besteht.