Zahlreiche Unfallsituationen wiederholen sich in unserem Alltag permanent, bieten dennoch aber eine Grundlage für Rechtsstreitigkeiten vor Gericht. Hierzu gehören gerade auch Klassiker wie die Kollision mit einer sich öffnenden Autotür. Doch wer haftet hier wie? Ulrich Eichbaum, Rechtsanwalt der Kanzlei F.E.L.S in Bayreuth und Fachanwalt für Verkehrsrecht, stellt im Folgenden aktuelle Entscheidungen aus dem Verkehrsrecht dar. OLG Saarbrücken: jeder haftet hälftig! Was war passiert: ein Autofahrer wollte Sachen von der Rücksitzbank seines PKWs holen, wobei er sich dabei in die geöffnete PKW Türe beugte. Während der Mann im Auto suchte, fuhr ein anderer Verkehrsteilnehmer gegen die geöffnete Tür. Um die Schuldfrage entbrannte danach ein Streit. Meinte die eine Seite, der Unfallfahrer habe nicht genug Seitenabstand gehalten und die Türe wäre schon länger einen Spalt breit offen und somit erkennbar gewesen, so meinte der Unfallgegner, dass sich die Fahrzeugtüre im Moment des Vorbeifahrens weitergeöffnet habe. (OLG Saarbrücken, Urteil vom 24.03.2023, Az.: 3 U 9/23) Das Gericht entschied, dass eine Haftungsteilung angesichts der „beiderseitigen Sorgfaltsverstöße“ angemessen ist. Der Türöffner musste sich den Vorhalt machen lassen, dass derjenige, der ein- oder aussteigt sich so verhalten muss, dass eine Gefährdung anderer ausgeschlossen ist. Hier ist also ein „Höchstmaß an Sorgfalt“ gefordert – auch beim Ausladen. In Richtung des Autofahrers, der mit seinem Wagen gegen die Tür gekracht war, wurde der fehlende Sicherheitsabstand in die Abwägung eingestellt. Es gilt: wer wahrnimmt, dass eine Autotür geöffnet ist und sich eine Person in das Fahrzeug hineinbeugt, muss damit rechnen, dass die Tür in Bewegung geraten könnte. Unfallflucht möglicherweise bald nur noch eine Ordnungswidrigkeit Zum Alltag im Straßenverkehr gehört die Unfallflucht. Das unerlaubte Entfernen von der Unfallstelle ist nachvollziehbarerweise höchst ärgerlich für Geschädigte, trifft aber auch häufig in unklaren Situationen massiv den möglichen Täter, da hier eine der möglichen Rechtsfolgen die Entziehung der Fahrerlaubnis ist. Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) hat jetzt ein Eckpunktepapier vorgelegt, das eine teilweise Abmilderung des Straftatbestands vorschlägt. Aus dem Vorschlag soll hervorgehen, dass Unfallflucht bei Unfällen mit ausschließlich Sachschäden nur noch Ordnungswidrigkeiten sind. Aktuell regelt § 142 Abs.2 StGB, dass das Gericht bei Unfällen im stehenden Verkehr mit „nicht bedeutenden Sachschaden“ die Strafe mildert oder ganz von einer Strafe absehen kann, wenn sich der Unfallverursacher innerhalb von 24 Stunden meldet. Die Betonung liegt hier auf „kann“. Kommt es im Zusammenhang mit dem Unfall bzw. der Unfallflucht zu einem Personenschaden, soll nach dem Willen des Gesetzgebers der Straftatbestand bestehen bleiben. Alternativ, so ein weiterer Ansatz, könnte die Einrichtung einer Meldepflicht und Meldestelle erfolgen. So könnte der Unfallverursacher den Schaden online melden, Bilder und Informationen hochladen und so seiner Meldepflicht nachkommen. Bei ordnungsgemäßer Vornahme läge dann keine tatbestandsmäßige Handlung vor. Aktuell sollen die zuständigen Fachverbände ihre Meinung abgeben. Es bleibt abzuwarten, wie hier zukünftig eine Modernisierung des Strafrechts erfolgen könnte. Egal ob bei der Abwicklung eines Unfallschadens oder im Zusammenhang mit einer Unfallflucht sollten Sie auf jeden Fall die Beratung durch einen Fachanwalt für Verkehrsrecht in Anspruch nehmen, um nachfolgenden Ärger zu vermeiden.