Es ist schon erstaunlich, dass die ungewöhnliche Form eines Testaments die Gerichte immer wieder beschäftigt. Das Oberlandesgericht München musste sich Anfang dieses Jahres mit der Frage beschäftigen, ob ein Testament wirksam auf einem Notizzettel errichtet werden konnte (OLG Mün-chen, Beschl. V. 28.01.2020). In dem zu entscheidenden Fall hatte der ledige und kinderlose Erblasser diverse Verfügungen (Testamente) hinterlassen. Die zeitlich letzte Verfügung errichtete er während eines Krankenhausaufenthalts auf der Rückseite eines Notizzettels der Gemeinde Pfaffenhofen mit den Maßen 10 cm x 7 cm. Der Zettel wies an der Oberkante mittig einen Riss von ca. 3 cm Länge auf. Der Text lautete (auszugsweise): „Mein Testament lautet … dass alle Geschwister gerecht verteilt werden, besonders XXX und XXX nicht im Altenheim darben muss …“. Der Zettel war mit dem Namen des Erblassers unterschrieben. Eine der Schwestern des Erblassers, die zuvor großzügiger bedacht worden war, brachte vor, dass es sich nicht um ein Testament des Erblassers handeln würde. Es habe weder ein Testtierwille vorgelegen, noch habe der Erblasser den Text eigenhändig geschrieben und unterschrieben und im Übrigen läge auch ein Widerruf vor. Das Gericht musste sich also mit den Fragen auseinandersetzen, ob das Schriftstück mit Testierwillen vom Erblasser eigenhändig errichtet wurde und ob dieses gegebenenfalls vom Erblasser in Widerrufsabsicht widerrufen wurde. Ein Testament muss stets mit Testierwillen errichtet werden. Grundsätzlich kann dies formlos erfolgen, Voraussetzung der Wirksamkeit ist jedoch – soweit es nicht in notarieller Form erfolgt – die eigenhändige Errichtung und eigenhändige Unterschrift. Das OLG hatte keine Zweifel, dass das im Streit stehende Schriftstück mit Testierwillen vom Erblasser errichtet worden war. Das Gericht ging davon aus, dass ein formgerecht abgefasstes Testament vorliegt, das den letzten Willen zum Ausdruck bringen wollte, sodass nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht der Frage nachzugehen war, ob lediglich ein Entwurf vorlag. Das Gericht betonte, dass auch in einem wenige Zentimeter großen, handschriftlich beschriebenen Notizzettel grundsätzlich ein wirksames Testament liegen kann (so auch bereits OLG Braunschweig Az 1 W 42/17). Das Gericht führte aus, dass die Abfassung einer Verfügung von Todes wegen auf einem kleinen Notizzettel zwar ungewöhnlich erscheinen würde, indes sei zu berücksichtigen, dass sich der Erblasser zur fraglichen Zeit im Krankenhaus befunden und möglicherweise nur auf diesen Notizzettel Zugriff hatte. Darüber hinaus spreche für einen Testierwillen in der konkreten Situation auch, dass der Erblasser auch bereits in der Vergangenheit Testamente auf Werbepapier niedergeschrieben habe, so ein Testament, das auf einer Seite eines Werbeblocks des Kuriers im Format A5 niedergeschrieben wurde oder ein Testament auf der Rückseite eines ursprünglich im Format A4 verfassten Arztbriefes, dessen oberen Hälfte abgerissen wurde und einen Kaffeefleck aufwies. Das Gericht folgerte daher, dass aus der Errichtung auf ungewöhnlichem Papier nicht der Schluss des fehlenden Testier-willens gezogen werden könne. Auch wenn der Erblasser in der Vergangenheit gegenüber Dritten erklärt haben sollte, die Schwester als Alleinerbin einsetzen zu wollen, wie er dies auch in früheren Testamenten getan hatte, sei dies kein hinreichendes Indiz dafür, dass es sich bei dem vorliegenden Testament um eine Fälschung handeln würde. Es sei durchaus denkbar, dass der Erblasser im Krankenhaus seine Ansicht geändert habe. Das OLG ging auch auf den Riss im Notizzettel ein. Grundsätzlich genügt für den Widerruf einer Verfügung von Todes wegen jede körperliche Veränderung an der Urkunde wie Zerreißen, Zerschneiden, Verbrennen, Durchstreichen, Einklammern, unlesbar machen, durchschwärzen oder ausradieren, abschneiden. Vernichten der Testaments-urkunde bedeutet, sie in einer Weise zu zerstören, dass der ursprüngliche Zustand kaum oder gar nicht mehr erkennbar ist. Das OLG sah hier keine Vernichtung der Testamentsurkunde. Das Gericht war der Auffassung, dass die fragliche Testamentsurkunde schon aufgrund ihrer äußeren Beschaffenheit derart fragil gewesen sei, dass ein Einriss jederzeit auch im Rahmen einer üblichen Benutzung solcher Notizzettel, zum Beispiel beim Abreißen von einem Block, möglich erscheinen würde. Das Gericht beschäftigte sich dann tatsächlich mit der Frage, ob es schwieriger sei, den fraglichen Zettel nur einzureißen, als ihn komplett durchzureißen. Es kam zu dem Ergebnis, dass das Einreißen voraussetzt, dass der Erblasser seine Bewegung gezielt bremsen musste, um ihn nicht durchzureißen, ein Zerreißen jedoch keiner besonderen Kraftanstrengung oder Geschicklichkeit bedurft hätte. Das OLG war daher davon überzeugt, dass der Erblasser das Testament nicht willentlich beschädigt hat und es an einer Widerrufshandlung im Sinne des BGB fehlen würde. Auch wenn es also möglich und rechtlich zulässig ist, ein Testament auf einen Notizzettel zu kritzeln, empfiehlt sich dies nicht. Wie die Rechtsstreite zeigen, ist der Ärger sozusagen vorprogrammiert. Will man seinen Erben Gutes tun, sollte zumindest die Form keinen Anlass zum Streit bieten. Rechtsanwälte und Notare beraten hier gerne, damit der letzte Wille auch richtig umgesetzt wird.