Der Bundesgerichtshof (BGH - IV ZR 328/20) hat in einer sehr wichtigen Entscheidung eine wesentliche Änderung herbeigeführt. Pflichtteilsberechtigte können nun auch bei Verkauf einer Nachlassimmobilie ein Wertgutachten fordern und müssen sich nicht mit einem niedrigen Verkaufspreis zufriedengeben. Pflichtteil Enterbten Kindern und Ehegatten steht der Pflichtteil im Erbfall der Eltern bzw. des anderen Ehepartners zu. Dieses Pflichtteilsrecht sichert die Mindestteilhabe engster Angehöriger am Familienvermögen. Der Pflichtteil ist ein reiner Zahlungsanspruch, der sich gegen die Erben richtet. Höhe des Pflichtteils Die Höhe des Pflichtteils richtet sich unter anderem nach dem hinterlassenen Vermögen zum Todestag und zu Lebzeiten verschenktem Vermögen. Oftmals befinden sich im Nachlass Immobilien. Die Bewertung der Immobilien ist dabei nicht selten streitig. Denn ein hoher Immobilienwert ist für den Pflichtteilsberechtigen von Vorteil, ein niedriger Wert dagegen für die Erben. Bei Immobilien ist grundsätzlich der Verkehrswert maßgeblich, also grundsätzlich der auf dem freien Markt erzielbare Kaufpreis. Pflichtteilsberechtigte haben dabei grundsätzlich einen Anspruch gegen die Erben auf Vorlage eines fachmännischen Wertgutachtens. Bisherige Rechtslage Bisher konnten sich die Erben dem Anspruch des Pflichtteilsberechtigten auf Wertermittlung durch einen zeitnahen Verkauf der Immobilie entziehen. Maßgeblich war dann der tatsächliche Verkaufspreis, auch wenn dieser zu niedrig erschien. Selbst ein eigenes Gutachten des Pflichtteilsberechtigten über einen deutlich höheren Wert konnte dies nicht verhindern. Dies eröffnete jedoch die Möglichkeit, den Pflichtteil willkürlich zu schmälern, auch wenn die Erben selbst Nachteile durch den niedrigen Verkaufspreis haben. Rechtsprechung des BGH Diesem Treiben hat der BGH nun einen Riegel vorgeschoben. Grundsätzlich hat ein Pflichtteilsberechtigter einen gerichtlich durchsetzbaren Anspruch auf Ermittlung der Werte aller Nachlassgegenstände durch ein fachmännisches Gutachten, wozu auch die Wertermittlung von Grundstücken gehört. Der Pflichtteilsberechtigte soll dadurch beurteilen können, ob und in welcher Höhe ein Pflichtteil besteht. Dieser Anspruch auf Wertermittlung besteht nun auch bei einem Verkauf des Nachlassgegenstandes. Andernfalls hätten es nach Ansicht des BGH die Erben in der Hand, über einen geringen Verkaufserlös den Pflichtteilsberechtigten zu schädigen. Dies gelte vor allem bei einem Verkauf von Immobilien unterhalb des Verkehrswertes. Eine Bindung an einen etwaigen Verkaufspreis kommt nicht in Betracht, wenn Anhaltspunkte vorliegen, dass der Verkaufspreis unterhalb des Verkehrswertes liegt. Diesen Nachweis kann der Pflichtteilsberechtigte durch Vortrag entsprechender konkreter Anhaltspunkte führen. Dies geschieht in der Praxis in der Regel durch eine vom Pflichtteilsberechtigten veranlasste Wertschätzung der Immobilie. Altfälle Sofern Altfälle noch nicht verjährt oder endgültig abgeschlossen sind, lohnt sich möglicherweise eine Überprüfung durch einen Fachanwalt für Erbrecht. Bestens beraten. www.zeitler.law