In einer Entscheidung vom 26.05.2021 hat der BGH (IV ZR 174/20) festgestellt, dass Grabpflegekosten keine Nachlassverbindlichkeiten im Sinn von § 1968 BGB sind. Die Rechtsprechung differenziert bereits seit langem im Bereich der Beerdigungskosten zwischen den tatsächlichen Kosten der Beisetzung einschließlich der Kosten der erstmaligen Herrichtung der Grabstätte auf der einen Seite und andererseits den laufenden Kosten der Grabpflege, da die laufenden Kosten der Grabpflege nicht aus einer rechtlichen, sondern einer sittlichen Pflicht der Erben resultieren. An dieser Beurteilung ändern auch etwaige öffentlich-rechtliche Bestimmungen einer Friedhofssatzung nichts, denn derartige Verpflichtungen treffen nicht zwingend die Erben, sondern die Totenfürsorgeberechtigten, die mit den Erben nicht personenidentisch sein können. Warum trifft der BGH diese Aussage? Es geht im Kern um das Pflichtteilsrecht. Der Pflichtteil sichert nahen Angehörigen eine gesetzliche Mindestbeteiligung am Nachlass und setzt insoweit der Testierfreiheit Grenzen. Pflichtteilsberechtigt können Kinder des Erblassers, aber auch Eltern und Ehegatten sein, wenn sie durch Testament von der Erbfolge ausgeschlossen sind (§ 2303 BGB). Werden sie vom Erbe ausgeschlossen, haben sie einen Anspruch auf den Pflichtteil. Im vorliegenden Fall ordnete der Erblasser an, dass seine testamentarischen Erben über einen Zeitraum von 20 Jahren die Grabpflege durchführen müssen. Hiernach handelt es sich zwar um eine Nachlassverbindlichkeit (§ 1967 Abs. 2 BGB), allerdings nicht um eine solche, die dem Pflichtteilsanspruch entgegengehalten werden kann. Die Auffassung des Gerichts überzeugt, da der Pflichtteil als grundrechtlich geschützte Mindestteilhabe im Nachlass – so auch das Bundesverfassungsgericht – nicht durch Anordnungen des Erblassers ausgehöhlt werden darf. Ähnlich verhält es sich auch bei der Anordnung von Vermächtnissen. Durch die Anordnung derartiger Zuwendungen an Dritte kann ein Erblasser den Pflichtteilsanspruch nicht kürzen. Der Anspruch auf den Pflichtteil hat Vorrang vor etwaigen Auflagen oder Vermächtnissen. Rechtstipp: Will der Erblasser den Pflichtteil durch die Kosten einer Grabpflege reduzieren, ist er nach aktueller Rechtlage gehalten, noch zu Lebzeiten eine entsprechende Verbindlichkeit einzugehen. Hierbei ist ihm zu raten, dass er in dem Grabpflegevertrag die ordentliche Kündigung des Vertrages durch die Erben ausschließt. Der Fall zeigt einmal mehr, dass es sich empfiehlt, den Rechtsrat eines Notars oder Rechtsanwalts bei der Testamentsgestaltung einzuholen.