„Unbegrenzt leistungsfähig“ zu sein – das ist zwar schön, reicht dem BGH aber als Angabe über das Einkommen zwecks Kindesunterhaltsberechnung nicht aus. Insbesondere wenn es um den Mehrbedarf geht, brauche es konkrete Zahlen. Die Erklärung, „unbegrenzt leistungsfähig“ zu sein, genügt nicht dem Auskunftsanspruch des Kindes gegen ein unterhaltspflichtiges Elternteil. Das entschied der Bundesgerichtshof in einer im September 2020 veröffentlichen Entscheidung (Beschl. v. 16.9.2020, Az. XII ZB 499/19). Der Sachverhalt: Die Eltern eines neunjährigen Mädchens sind seit mehreren Jahren geschieden. Die Schülerin lebt bei ihrer Mutter, der Vater ist Geschäftsführer eines Verlages sowie weiterer Gesellschaften. Nach der Scheidung hatten die Eltern eine Vereinbarung getroffen, die den Unterhalt bis 2019 regelte. Ab Ablauf dieser Frist sollte der Unterhalt entsprechend der Düsseldorfer Tabelle berechnet werden, der Vater sollte 160 Prozent des gültigen Mindestunterhalts der jeweiligen Altersgruppe zahlen. Hinsichtlich dieser Zahlungen hatte der Vater sich für „unbegrenzt leistungsfähig“ erklärt. Inzwischen ist jedoch Streit darüber entbrannt, ob er nicht trotzdem sein genaues Einkommen offenlegen muss. Die Entscheidung(en): Das Oberlandesgericht München (OLG) entschied, dass eine Offenlegung erfolgen müsse. Eine solche könne nur ausbleiben, wenn die Auskunft keinerlei Bedeutung für den Unterhaltsanspruch habe (Entsch. v. 23.04.2019, Az. 533 F 11011/18). Die Düsseldorfer Tabelle, die die Gerichte zur Bestimmung des Unterhalts heranziehen, sehe insoweit ab einem monatlichen Nettoeinkommen von mehr als 5.500 Euro vor, dass die Höhe des Unterhalts dem Einzelfall nach bestimmt werden muss. Dazu werde die Tabelle zwar nicht einfach fortgeschrieben, es könne aber trotzdem nicht irrelevant sein, ob das monatliche Nettoeinkommen beispielsweise bei 6.000 Euro oder 30.000 Euro liege, befand das OLG München. Das bedeutet in Abkehr von der bisherigen Rechtsprechung eine Fortschreibung der Düsseldorfer Tabelle. Dieser Argumentation schloss sich der BGH nun an. Nur in Ausnahmefällen bestehe kein Auskunftsanspruch und ein solcher Ausnahmefall sei hier nicht gegeben. In seinen daraufhin folgenden Ausführungen geht der BGH sogar noch weiter als das OLG und weicht teilweise von seiner vorherigen Rechtsprechung ab: Bisher hatte der BGH – wie vom OLG ausgeführt – keine Fortschreibung der Düsseldorfer Tabelle bei Einkommen über 5.500 Euro netto im Monat vorgenommen, sondern eine Einzelfallprüfung vorgesehen. Nunmehr hält der BGH eine begrenzte Fortschreibung der Düsseldorfer Tabelle bis zur Höhe des Doppelten des höchsten darin aktuell ausgewiesenen Einkommensbetrags für „nicht ausgeschlossen“. Zur Begründung führte der Senat aus, Kinder würde automatisch am Lebensstandard der Eltern teilnehmen, das gelte dann eben auch beim Kindesunterhalt. Es müsse daher sichergestellt werden, dass dies auch bei höheren Einkommen der Eltern entsprechend erfolge. Eine faktische Festschreibung des Kindesunterhalts bei einem Elterneinkommen, das den Höchstbetrag übersteigt, auf den für die höchste Einkommensgruppe geltenden Betrages dürfe daher nicht vorgenommen werden. Dies könne durch die Fortschreibung der Düsseldorfer Tabelle gesichert werden. Das entspreche auch der neueren Rechtsprechung des Gerichts zum Ehegattenunterhalt. Weiter führt der BGH aus, dass eine Einkommensauskunft jedenfalls dann erforderlich bleibe, wenn das Einkommen des Unterhaltspflichtigen den Höchstbetrag übersteige und ein neben dem Tabellenbedarf bestehender Mehrbedarf geltend gemacht werde. Die Auskunft sei dann nämlich nötig, um die Haftungsquoten der Eltern bestimmen zu können, da die Eltern für einen solchen Mehrbedarf anteilig aufkommen müssen.