Kinder, die durch Pflege, Mitarbeit im Haushalt, Beruf oder Geschäft während längerer Zeit das Vermögen eines Elternteils erhalten oder mehren, bekommen im Erbfall einen Ausgleich gegenüber ihren Geschwistern. Dieser Ausgleich wird für besondere Leistungen gewährt oder wenn Leistungen gegen unangemessen niedriges Entgelt oder unentgeltlich zum Wohle der Verstorbenen erbracht wurden. Ein Ausgleich kann nicht verlangt werden, wenn für die Leistung ein angemessenes Entgelt gewährt worden ist. Es ist nicht erforderlich, dass der Ausgleich in einem Testament angeordnet wird. Er ist vielmehr schon aufgrund der gesetzlichen Vorschriften auf Verlangen vorzunehmen (§ 2057a BGB). Allerdings kann in einem Testament der Ausgleich ausgeschlossen werden, auch ohne Wissen oder Einverständnis des Kindes. Das Recht auf Ausgleichung unter Miterben ist bis zur Erbauseinandersetzung unverjährbar. Hat das pflegende Kind nur einen Pflichtteilsanspruch, weil es beispielsweise enterbt wurde, verjährt das Recht auf Ausgleichung mit dem Pflichtteil grundsätzlich nach drei Jahren. Der Ausgleich ist kein selbständiger Anspruch, sondern wird entweder als Zuschlag auf den Erbteil oder den Pflichtteil gewährt. Im Gegenzug erhalten die anderen Kinder entsprechend weniger. Der Ausgleich findet nur unter den Kindern (Abkömmlingen) statt. Der Erbteil eines Ehegatten bleibt von der Ausgleichung unberührt. Keinen Ausgleich gibt es, wenn der Ehepartner des Kindes Leistungen an seine Schwiegereltern erbracht hat. Der Ausgleich soll insbesondere einen Anreiz dafür bieten, die Eltern zu pflegen. Daher werden die Hürden sehr niedrig gehalten. Denn eine genaue Nachrechnung aller erbrachten Leistungen ist nicht erforderlich. Eine minuziöse Erfassung ist also nicht nötig. Den Gerichten genügt eine pauschale Schätzung im Rahmen einer Gesamtschau. Es müssen aber außergewöhnliche und erheblich ins Gewicht fallende Leistungen sein. Keine Voraussetzung mehr für einen Ausgleich ist der Verzicht auf eigenes berufliches Einkommen. Die in der Praxis häufigsten Fälle betreffen länger andauernde Pflegeleistungen. Bei der Berechnung des Ausgleichs sind die konkreten positiven Auswirkungen auf das Vermögen des verstorbenen Elternteils maßgeblich. Darüber hinaus ist bei Pflegeleistungen die besondere Bedeutung für den Erblasser zu berücksichtigen, beispielsweise die Familienanbindung, Verhinderung einer Vereinsamung, würdevolle Gestaltung des Lebensabends durch sinnvolle Freizeitbeschäftigung, usw.. Die Ausgleichung kann also höher ausfallen als der in Geld ausgedrückte Wert, um den diese Leistungen das Vermögen des Erblassers erhalten haben (OLG Schleswig 3 U 25/16). Praxistipp Trotz inzwischen gefestigter Rechtsprechung kommt es immer wieder zu Streit, da im Gerichtsprozess das Kind die erbrachten Leistungen und die dadurch bewirkten Vermögensvorteile beweisen muss. Daher sollte schon zu Lebzeiten ein Ausgleich durch ein Entgelt oder angemessene Zuwendungen erfolgen. Bestens beraten. www.zeitler.law