Ein wichtiges Thema, wenn ein Todesfall eintritt, ist der Erbschein. Denn auch wenn der Tod einer nahestehenden Person nur schwer zu verkraften ist, dulden die damit verbundenen Formalitäten keinen Aufschub. Was ist überhaupt ein Erbschein? Der Erbschein weist gemäß § 2353 BGB die Erben und – sofern eine Erbengemeinschaft besteht – den Anteil der Miterben am Nachlass aus. Zudem gibt er Auskunft darüber, ob das Erbrecht beschränkt wurde, zum Beispiel durch die Anordnung einer Testamentsvollstreckung oder die Anordnung einer Vor- und Nacherbschaft. Voraussetzung für die Erteilung eines Erbscheins ist ein Antrag beim zuständigen Nachlassgericht. Die Kosten für einen Erbschein hängen von der Höhe des Nachlasses ab. Dem Erbschein kommt gemäß § 2365 BGB eine Vermutung zu, dass derjenige, welcher im Erbschein benannt ist, auch der tatsächliche Erbe ist. Trotz dieser starken Funktion des Erbscheins ist derjenige, der in einem solchen genannt ist, nicht „in Stein gemeißelter“ Erbe. Das Nachlassgericht nimmt zwar eine Prüfung der Echtheit des Testaments oder der gesetzlichen Erbfolge vor, doch auch diese kann fehlerhaft sein und der Erbschein anschließend vor den Zivilgerichten angegriffen werden. Rechtsnachfolger des Erblassers ist man grundsätzlich auch ohne die offizielle Bescheinigung durch das Nachlassgericht. Das Gesetz regelt in § 1922 Abs. 1 BGB, dass mit dem Tode einer Person deren Vermögen als Ganzes auf eine oder mehrere Personen übergeht. Es handelt sich hierbei um eine sogenannte Universalsukzession: Der oder die Erben werden in der Sekunde des Todes Rechtsnachfolger des Erblassers. Ein Erbschein wird hierfür nicht benötigt, lediglich eine Annahme der Erbschaft, die das Gesetz jedoch vermutet. Das bedeutet jedoch nicht, dass der Erbschein funktionslos ist. Der Erbschein ist ein zentrales Dokument für den oder die Erben und wird häufig von Dritten verlangt, die sich – oftmals auch zurecht – nicht auf die bloße Aussage verlassen, dass die Erbenstellung besteht. Vor allem Banken verlangen teilweise stoisch die Vorlage eines Erbscheins und fordern diese in ihren AGBs, wenn der Erbe Auskünfte über Konten einholen oder Verfügungen treffen möchte. Das jeweilige Kreditinstitut will sich absichern das Vermögen des Verstorbenen in die richtigen Hände zu geben. Der Nachweis des Erbrechts ist aber nicht zwingend durch Erbschein zu erbringen. Der Bundesgerichtshof stellte in einer Entscheidung klar, dass der Erbe zur Vorlage nicht verpflichtet ist, wenn er sein Erbe durch ein vom Nachlassgericht eröffnetes Testament nachweisen kann. So führt der BGH in seiner Entscheidung vom 05.04.2016 (Az.: XI ZR 440/15) aus, dass der Erbe sein Erbrecht auch durch Vorlage eines eröffneten eigenhändigen Testaments belegen kann, wenn dieses die Erbfolge mit der im Rechtsverkehr erforderlichen Eindeutigkeit nachweist. Die Bank habe zwar – so der BGH – ein berechtigtes Interesse an der Vorlage eines Erbscheins, bei den Anforderungen an den Nachweis der Rechtsnachfolge sei aber auch den berechtigten Interessen des oder der Erben an einer möglichst raschen und kostengünstigen Abwicklung des Nachlasses Rechnung zu tragen. Die Praxis bleibt aber oft hinter dieser Rechtsprechung zurück. Es gibt auch Fälle, in denen zwingend ein Erbschein benötigt wird. Wenn sich im Nachlass Immobilien befinden und kein notarielles Testament vorhanden ist, dann benötigen die Erben gemäß § 35 Abs. 1 der Grundbuchordnung zwingend einen Erbschein. Andernfalls können Änderungen im Grundbuch nicht vorgenommen werden. Letztlich hilft ein Erbschein auch in vielen Fällen, eventuelle Streitigkeiten über Erbquoten zu beseitigen und dient somit der Beschleunigung der Erbauseinandersetzung. Ob die Erteilung eines Erbscheins notwendig bzw. vorteilhaft ist, kann also nicht pauschal beantwortet werden, sondern muss bei jedem Erbfall individuell geprüft werden. Gerne unterstützen wir Sie hierbei.