Das Original eines Testaments ist nicht immer auffindbar. Es kann beispielsweise aus Versehen verloren gegangen sein, etwa bei der Räumung der Erblasserwohnung. Oft ist dann nur noch eine Kopie vorhanden. Das Oberlandesgericht (OLG) München (VI 1442/16) hat dazu entschieden, dass auch eine Kopie ausreichend sein kann. Im konkreten Fall hatten sich die Ehegatten gegenseitig zu Alleinerben eingesetzt. Die Eheleute verstarben im Abstand von vier Tagen nacheinander. Die Ehe war kinderlos, Schlusserben sollten bestimmte Verwandte von beiden Eheleuten sein. Das Nachlassgericht wies den Erbscheinsantrag der Erben zurück mit der Begründung, dass das Testament widerrufen worden sei durch Vernichtung des Originals. Der OLG München hob diese Entscheidung auf. Denn es gab keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass das Testament mit Wissen und Wollen der Eheleute vernichtet wurde. Grundsätzlich Original Zum Nachweis der formgerechten Errichtung des Testaments ist grundsätzlich das Originaltestament vorzulegen. Ist diese Urkunde nicht auffindbar, können formgerechte Errichtung und Inhalt mit allen zulässigen Beweismitteln bewiesen werden, also auch durch Vorlage einer Kopie. Selbst wenn keine Kopie vorhanden ist, ist ein Nachweis durch Zeugenaussagen grundsätzlich denkbar. An den Nachweis sind aber strenge Anforderungen zu stellen. Zunächst ist zu klären, ob das nicht auffindbare Testament tatsächlich vom Erblasser errichtet wurde. Liegt eine Kopie vor, so kann durch ein Gutachten die Echtheit der Handschrift bestätigt werden. An der eigenhändigen Errichtung und Unterzeichnung durch beide Eheleute bestanden im Fall jedoch keine Zweifel. Ausnahmsweise Kopie Alleine die Nichtauffindbarkeit des Originals begründet keine Vermutung des Widerrufs. Der Widerrufswille durch Vernichtung muss durch das Gericht gesondert ermittelt und festgestellt werden. Das Gericht muss positiv davon überzeugt sein, dass das Testament in Widerrufsabsicht durch die Ehegatten vernichtet wurde. Für diesen Beweis genügt grundsätzlich ein für das „praktische Leben brauchbarer Grad von Gewissheit, der Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen“. Denn eine absolute Gewissheit ist nicht zu erreichen und jedwede Möglichkeit des Gegenteils kann nicht ausgeschlossen werden. Hieran gemessen konnte ein Widerrufswille durch Vernichtung durch das OLG nicht festgestellt werden. Konkrete Beweismittel, beispielsweise das zerrissene Testament, waren nicht auffindbar. Auch der Umstand, dass die Eheleute ihre Unterlagen sehr ordentlich führten und ein versehentliches Verschwinden eher unwahrscheinlich sei, genügt nicht, um einen Widerruf anzunehmen. Hinzu kam der Umstand, dass die Ehe kinderlos blieb und anzunehmen ist, dass die Eheleute bei Widerruf des Testaments in jedem Fall ein neues Testament errichtet hätten. Denn welche Verwandtschaft am Schluss erben würde, hinge von der zufälligen Versterbensreihenfolge ab. Es gab keine Anhaltspunkte dafür, dass die Eheleute diese Schlusserbfolge dem Zufall überlassen wollten. Keine einseitige Vernichtung Auch wenn nur ein Ehegatte das Testament vernichtet hätte, wäre dies kein wirksamer Widerruf gewesen. Denn das gemeinschaftliche Testament kann nur in übereinstimmender gemeinsamer Absicht durch Vernichtung widerrufen werden. Im Ergebnis lagen keine ausreichenden Anhaltspunkte vor, von einem Widerruf des Testaments durch Vernichtung auszugehen. Daher war dem Erbscheinsantrag aufgrund der Kopie des Testaments zu entsprechend. Tipp: Hinterlegung Die Hinterlegung des handschriftlichen Testaments beim Amtsgericht vermeidet das Risiko der Unauffindbarkeit. Die Kosten belaufen sich einmalig auf ca. 93 Euro. Erforderlich für die Hinterlegung sind eine Kopie der Geburtsurkunde und des Personalausweises sowie das Testament in einem verschlossenen Umschlag. Informationen zum Ablauf und der erforderlichen Unterlagen erhalten Sie beim örtlich zuständigen Amtsgericht. Bei mehreren sich widersprechenden Testamenten ist das jüngere maßgeblich, unabhängig davon, ob es hinterlegt ist. Die Hinterlegung hat auf die Wirksamkeit keinen Einfluss, es stellt lediglich die Auffindbarkeit sicher. Bestens beraten. www.zeitler.law