Stellen Sie sich vor, Sie heiraten und vereinbaren einen Ehevertrag mit dem Sie für den Fall der Scheidung sowohl den Versorgungsausgleich als auch den nachehelichen Unterhalt gegenseitig ausschließen – schließlich sind sie beide berufstätig und können für sich selbst sorgen. Dann bekommen Sie zwei Kinder. Sie (nicht Ihr Mann) bringen die Kinder zur Welt, legen Ihre Arbeit nieder und wandeln sich zur Hausfrau. Trotzdem oder gerade deswegen klappt es mit der Ehe nicht. Nach einigen Jahren trennen Sie sich und lassen sich scheiden. Für die Zeit nach der Scheidung verlangen Sie von Ihrem Ehemann Unterhalt – schließlich haben sie ihre eigene Berufstätigkeit ja bereits vor Jahren aufgegeben. Ihr Mann schüttelt den Kopf und erinnert sie an den Ehevertrag, mit dem Sie auf Unterhalt verzichtet haben. Das lassen sie sich natürlich nicht bieten. Sie fechten den Ehevertrag an – schließlich ist alles anders gekommen als damals erwartet. Ein Gericht entscheidet den Streit und Sie gewinnen. Der Ehevertrag ist unwirksam, weil sittenwidrig. Ihr Mann schuldet Ihnen Unterhalt. Eigentlich könnte die Geschichte hier glücklich enden. Doch das Leben hält leider doch noch eine böse Überraschung für Sie bereit: Sie werden erwerbsunfähig und bekommen schließlich eine Erwerbsminderungsrente. Sie sind der Ansicht, dass sich durch Ihre Erwerbsunfähigkeit Ihr Unterhaltsanspruch gegen Ihren Ex erhöhen müsste. Und was sagt der dazu? Der glaubt, dass er jetzt gar nichts mehr an Sie zahlen muss. Schließlich hätten Sie mit der Rente jetzt ja ein eigenes Einkommen. Und wenn Vorstellungen so gegensätzlich sind, müssen halt die Gerichte entscheiden. Und tatsächlich landete genau so ein Fall vor dem Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg in Berlin. Dieses gab der Frau überwiegend recht. Das ließ der Mann nicht auf sich sitzen und lief zum Kammergericht Berlin. Dieses reduzierte zwar den Unterhalt wieder, der Mann ging jedoch aufs Ganze und brachte den Fall zum Bundesgerichtshof. Die Karlsruher Richter entschieden, dass im Rahmen der Abänderung nach § 238 FamFG die Umstände, die bereits Gegenstand der vorangegangenen Unterhaltsentscheidungen waren, nicht mehr abweichend beurteilt werden können, sei der Ehevertrag einmal als sittenwidrig eingestuft worden, könne dieses wegen der Rechtskraft der Entscheidung nicht mehr korrigiert werden. Dennoch ist dem 7. Zivilsenat zufolge eine Neubewertung der Eheverträge im Rahmen des Abänderungsverfahrens, soweit neue Tatsachen vorliegen, möglich, nämlich dann, wenn das Berufen auf den sittenwidrigen Ehevertrag nicht länger rechtsmissbräuchlich im Sinne einer Ausübungskontrolle nach § 242 BGB ist (Treu und Glauben). Der BGH reichte den Fall zur weiteren Prüfung an das Kammergericht zurück und wies auf die Gesichtspunkte hin, die gegen einen Rechtsmissbrauch des Ehemanns sprechen könnten. So sei es zum Zeitpunkt der ersten Bewertung darum gegangen, ehebedingte Nachteile der Ehefrau auszugleichen. Inzwischen sei diese Kompensation wohl vollständig erfolgt. Ein weiteres Festhalten an dieser Beurteilung könne dazu führen, die Frau besser zu stellen, als wenn sie diese „Hausfrauenehe“ nicht geführt hätte. Die Frau beziehe heute Erwerbsminderungsrente und sei auf den Unterhalt des Mannes gegebenenfalls nicht mehr angewiesen. Hinzu komme, dass sie erneut liiert sei.