Es entstehen immer mehr Eigentumswohnungen, also Bauvorhaben, bei denen auf einem Grundstück an mehreren Wohnungen Eigentum erworben werden kann. Hier unterscheidet man zwischen der Abnahme des Sondereigentums und der Abnahme des Gemeinschaftseigentums. Stark vereinfacht ist das Sondereigentum die eigentliche Wohnung, die man kauft, das Gemeinschaftseigentum ist zum Beispiel das Dach, die Tiefgarage, die Außenanlagen, die Treppenhäuser, etc. Nachvollziehbar einfach ist die Abnahme des Sondereigentums. Hier geht der Erwerber mit dem Bauträger durch die Wohnung, es wird ein Protokoll erstellt, ob und welche Mängel bestehen. Anders ist es aber mit dem Gemeinschaftseigentum. Oft ist dieses noch gar nicht richtig fertiggestellt. Genauso denkbar ist aber die Möglichkeit, dass ein Erwerber die letzte Wohnung in der Anlage zwei Jahre später als alle anderen erwirbt. Ist das Gemeinschaftseigentum dann schon abgenommen? Ist es abgenommen, wenn in der Notarurkunde steht, die Abnahme erfolgt durch einen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen? Oder wenn in der Urkunde steht, die Abnahme des Gemeinschaftseigentums erfolgt durch den TÜV? Nach ständiger Rechtsprechung ist das Gemeinschaftseigentum für unseren Erwerber noch nicht abgenommen! Der Bauträger, der beispielsweise im Jahr 2019 sieben von acht gleich große Wohnungen, der im gleichen Jahr errichteten Anlage veräußert, kann nicht mit dem Ende der Gewährleistung im Jahr 2024 rechnen, wenn er erst 2021 die letzte Wohnung der Anlage los wird. Der Erwerber der letzten Wohnung hat für „sein“ Gemeinschaftseigentum ebenfalls eine 5-jährige Gewährleistungszeit. Für ihn endet die Gewährleistungszeit erst 2026! Es kommt also nicht darauf an, ob der Bauträger zuvor die Abnahme mit einem Sachverständigen oder dem TÜV vorgenommen hat. Konstruieren wir diesen Fall weiter. Unser Erwerber rügt im Jahr 2021 Mängel an der Abdichtung des Hauses und der Tiefgarage. Also keine Mängel an seinem Sondereigentum, sondern am Gemeinschaftseigentum. Die WEG beschließt daraufhin, dem Bauträger eine Frist zur Beseitigung der Mängel zu setzen und verklagt diesen nach Ablauf der Frist auf Vorschuss in Höhe der voraussichtlichen Mängelbeseitigungskosten. Darf nun der Bauträger von unserem Erwerber die letzte Rate aus dem Kaufvertrag fordern, weil ja nun die WEG Ansprüche bezüglich des Gemeinschaftseigentums geltend macht? Nein, solange der Bauträger den Vorschuss nicht an die WEG bezahlt hat, darf unser Erwerber dem Anspruch des Bauträgers auf Bezahlung der letzten Rate – oft auch Fertigstellungsrate genannt – sein Leistungsverweigerungsrecht entgegenhalten. Wenn in unserer Konstellation der Schaden beispielsweise 56.000 Euro beträgt, darf aber unser Erwerber dem Bauträger keine 56.000 Euro aus dem Kaufvertrag einbehalten, sondern nur in Höhe seines Miteigentumsanteils. In unserem Fall somit 7.000 Euro! Gerade wegen der weitreichenden Entscheidungen wann, wer, welche Gewährleistungsrechte beim Bauträgervertrag geltend machen kann, empfiehlt sich vor der Abnahme der eigenen Wohnung und vor der Abnahme des Gemeinschaftseigentums die Hinzuziehung eines Fachanwaltes für Baurecht bzw. eines Fachanwaltes für Wohnungseigentumsrecht.