Grundsätzlich kann eine betreute Person ihren gerichtlichen Betreuer oder jede andere Person als Erbe in einem Testament einsetzen. Voraussetzung ist jedoch – wie in allen Fällen – die Testierfähigkeit der betreuten Person. Diese Fähigkeit fehlt dann, wenn eine Person nicht in der Lage ist, sich ein klares Urteil darüber zu bilden, welche Tragweite und Auswirkungen die testamentarischen Anordnungen haben, oder wenn sie nicht frei von Einflüssen Dritter nach diesem Urteil handeln kann. Das OLG Celle (6 U 22/20) hatte einen außergewöhnlichen Fall zu entscheiden. Betreuung wegen Verwirrtheit Der damals 85-jährige Betreute erlitt 2004 einen schweren Schlaganfall. Da der unverheiratete und alleinlebende Mann daraufhin zunehmende Verwirrtheit und geistige Defizite aufzeigte, wurde ihm die Beklagte Anfang 2005 als rechtliche Betreuerin bestellt. Sie sollte sich unter anderem um die gesundheitliche Versorgung, die zukünftigen Unterbringungsmaßnahmen und die Vermögensangelegenheiten des späteren Erblassers kümmern. Anfang April 2005 wurde der Betreute dann in einem Pflegeheim untergebracht. Nur einen Monat später wurden die Betreuerin und eine Bekannte der Betreuerin in einem notariellen Testament als Erben zu gleichen Teilen eingesetzt. Streit um den Nachlass Nachdem der Betreute 2012 im Pflegeheim verstorben war, teilten die Betreuerin und ihre Bekannte das Vermögen untereinander auf. Eine Bank verweigerte die Auszahlung und verlangte einen Erbschein. Der Antrag auf Erteilung eines Erbscheins wurde jedoch vom Amtsgericht Hannover zurückgewiesen und auch der eingelegten Beschwerde der Beklagten wurde nicht stattgegeben. Das Gericht war der Meinung, dass der Erblasser bei der Errichtung des Testaments bereits nicht mehr testierfähig war und kein nachvollziehbarer Grund für die Erbeinsetzung der Betreuerin und ihrer Bekannten erkennbar war. 788.000 Euro für Spaziergänge Die Bekannte habe als sogenannte Seniorenbetreuerin für Spaziergänge, Besorgungen und Arztbesuche ca. 788.000 Euro erhalten, die Staatsanwaltschaft ermittelte allerdings noch. Die Bekannte hatte sich in mindestens drei weiteren Erbfällen als Erbin einsetzen lassen und ging möglicherweise systematisch vor. Der zur Ermittlung der Erben und Sicherung des Nachlasses eingesetzte Nachlasspfleger klagte gegen die Betreuerin und deren Bekannte auf Auskunft und Herausgabe des Vermögens. Die beiden legten Widerklage auf Feststellung ihres Erbrechts ein. Das Ausgangsgericht kam zu dem Urteil, dass der Erblasser testierunfähig war und das Testament folglich unwirksam. Testament war sittenwidrig Schließlich landete der Fall beim Oberlandesgericht Celle, welches über die Testierfähigkeit des damals 85-Jährigen und die Wirksamkeit des Testaments entscheiden sollte. Die eingesetzten Erbinnen standen dem Erblasser nicht besonders nahe, er kannte nicht einmal den vollen Namen der späteren Erbinnen, was sich aus einer zu Lebzeiten des Mannes erfolgten richterlichen Anhörung im Betreuungsverfahren ergab. Auch wurde trotz Anhaltspunkte weder die Testierfähigkeit des Testators vor der Testamentserrichtung überprüft noch dem Gericht die Erbeinsetzung angezeigt. Die Beklagten hatten das Vertrauen des Erblassers missbraucht und ihren Einfluss auf den älteren, kranken und alleinstehenden Erblasser dazu benutzt, gezielt auf den leicht beeinflussbaren Erblasser einzuwirken und ihn dazu zu bewegen, vor einer von ihr herangezogenen Notarin in ihrem Sinne letztwillig zu verfügen. Die Erbschaft an die Bekannte der Betreuerin stand auch in keinem nachvollziehbaren Verhältnis zu den erbrachten Dienstleistungen. Das Testament ist daher nichtig. Bestens beraten. www.zeitler.law