Schmerzen und Bewegungseinschränkungen im Hüftgelenk sind für den Betroffenen ein massiver Einschnitt in die Lebensqualität. Auf einen Großteil der Bevölkerung kommt eines Tages die Operation mit einem künstlichen Hüftgelenk zu. Wenn die Notwendigkeit gesehen wird steht man in der Zwischenzeit vor der Auswahl unterschiedlichster Implantate. Die Wahl des richtigen Implantates für den Patienten ist sehr wichtig um mögliche Komplikationen zu vermeiden. Dr. med. Tim Klopfer, Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie sowie spezieller Unfallchirurg mit langjähriger Erfahrung im Bereich der Knie- und Hüftendoprothetik beantwortet Fragen rund um den künstlichen Ersatz des Hüftgelenks und deren Implantate. Wen betrifft die Hüftendoprothetik und was können wir davon erwarten? Durch das stetig ansteigende Patientenalter steigt auch die Anzahl der implantierten künstlichen Hüftgelenke stetig. Überwiegend ist es demnach Altersarthrose, teilweise haben wir aber auch jüngere Patienten z.B. mit einer Hüftkopfnekrose oder nach Hüftfrakturen. Über 275.000 Hüftendoprothesen werden in Deutschland aktuell pro Jahr implantiert. Bei den aktuellen Prothesengenerationen erwarten wir Standzeiten von ca. 15-25 Jahre. Allerdings können Komplikationen auftreten und es gibt auch für den Operateur vor einem solchen Eingriff vieles zu bedenken. Komplikationen bei Hüftoperationen sind für die Patienten häufig mit dramatischen Folgen verbunden, diese gilt es zu vermeiden. Eine gute Vorbereitung ist hierbei äußerst wichtig. Was müssen Sie vor dem Eingriff bedenken? Jedes Hüftgelenk ist sehr individuell und wir haben heutzutage zum Glück für fast jede Eventualität eine entsprechende Lösung parat. In den letzten Jahren haben sich z.B. die verwendeten Schäfte stark weiterentwickelt. Von einem sogenannten Gerad-Schaft haben sich diese zu anatomisch angeformten Modellen entwickelt. Diese können wir minimalinvasiv einbringen und mögliche Komplikationen wie z.B. Frakturen am Oberschenkelknochen deutlich reduzieren. Minimalinvasiv gibt es unterschiedliche Techniken. Die von mir bevorzugte geht über einen ca. 7-9 cm langen Hautschnitt ohne Ablösung von Muskulatur am Oberschenkelknochen. Man nutzt anatomische Lücken zwischen der Muskulatur und kann so größere Blutungen, Schläuche, Blutübertragungen und lange Heilungsphasen zumeist vermeiden. Aus meiner Sicht war das die größte Weiterentwicklung der letzten Jahre. Die Patienten können sehr schmerzarm und zügig nachbehandelt werden. In aller Regel ist direkt am OP-Tag wieder eine Mobilisierung in den Stand mit erlaubter Vollbelastung möglich. Nach einigen Tagen berichten die Patienten nur noch über minimale Einschränkungen und Schmerzen. Auch das Risiko einer Luxation, also dem Herausspringen des Kunstgelenks, kann so deutlich reduziert werden. Neben dem operativen Zugang und der Operationstechnik gibt es noch eine große Auswahl an weiteren Implantat-Möglichkeiten: Kurzschaftsysteme: Ein sehr kurzer Schaft überträgt die Kraft bereits im Schenkelhals, welcher erhalten werden kann, auf den Oberschenkelknochen. Eine gute Knochenqualität ist hier sehr wichtig. Gerade bei jüngeren Patienten verspricht man sich mit diesem Modell sehr gute Ergebnisse und bei eventuellen Revisionen erleichterte Umstände. Mid-Schaftsysteme: Diese sind die aktuellen „Standard-Prothesen“ welche bereits, wie oben beschrieben, minimalinvasiv eingebracht werden können. Sehr gute Langzeitergebnisse und Verwendung in nahezu allen Fällen ist hier möglich. Wir können dieses System durch Auswahl gewisser Prothesenanteile individuell auf den Patienten anpassen. Langschaftsysteme und Revisionssysteme: Diese sind überwiegend der Frakturversorgung und Revisionen nach Komplikationen vorbehalten. Zementierung: Die Schaft- und ggf. auch Pfannenzementierung ist ein sehr nützliches Hilfsmittel bei Defektsituationen oder auch bei älteren Patienten mit äußerst schlechter Knochenqualität. Hier zeigen aktuelle Studien deutlich, dass eine Zementierung des Schaftes ein niedrigeres Risiko für Knochenbrüche und Lockerungen erreichen kann. Eine Pauschalisierung sollte hier aber vermieden werden. In der Regel bespreche ich mit den Patienten ein individualisiertes Vorgehen in der Operation, abhängig vom Knochenbefund und den vorliegenden Röntgenaufnahmen. Pfannen: Der verbreitete Standard sind hier die s.g. Pressfit-Pfannen. Diese lassen sich rein mit Druck im Becken verankern und haben eine porös aufbereitete Oberfläche. Hier kann der eigene Knochen dann gut einwachsen und eine gute Haltbarkeit und Stabilität erreichen. Für Komplikationsfälle haben wir die Zementierung oder auch Schalensysteme mit Schraubenfixierung sowie ergänzende Stabilisierungssysteme, s.g. „Augmente“, zur Verfügung. Gleitpaarung: Ein sehr wichtiger Teil der Prothese ist die Gleitpaarung. Von ihr hängt oft eine frühzeitige Revision ab. Noch vor einigen Jahren hatte man teilweise Metallpaarungen implantiert. Heute zeigen sich hier teils dramatische Auswirkungen für den Patienten. Von Lockerungen der Implantate und Knochenuntergang, bis Metallvergiftungen. Einen Verschleiß weist jedes Kunstgelenk auf. Die besten Eigenschaften kann hier bei Keramik vorgefunden werden. Allerdings mit dem Risiko, dass bei Keramik-Keramik-Kombinationen ein Bruch der Implantate auftreten kann. Daher ist die zumeist implantierte Variante der Keramik-Kopf auf dem Prothesenschaft mit Polyethylen-Inlay in der Metallpfanne. Diese Kombination weißt sowohl für Langlebigkeit als auch für Stabilität sehr gute Werte auf. Wie und wann entscheiden sie welche Prothese die richtige ist? Eine Vorauswahl geschieht bereits in der Sprechstunde mit dem Patienten anhand der Patienteninformationen und der vorliegenden Röntgenaufnahmen. Vor der Operation erfolgen am Computer noch Planungen anhand eines CAD-Programms. Eventuelle Probleme und die am besten mögliche Prothese können hier bereits sehr präzise getestet werden. Die Planung dient dann auch als Kontrollmöglichkeit und Abgleich während der Operation.