Nichts fördert Verständnis so sehr wie eigene Erfahrung: Die Klinikum Bayreuth GmbH lädt im Rahmen der Bayerischen Demenzwoche am Donnerstag, 29. September, ab 17 Uhr nicht nur ihre Mitarbeitenden, sondern insbesondere auch Angehörige und Pflegende von Menschen mit Demenz zu einem Vortragsabend in das Therapiezentrum der Klinik Hohe Warte, Hohe Warte 8, ein. Ziel der Veranstaltung ist es, gesunden Menschen einen Einblick in die Welt von Menschen mit Demenz zu geben, um Verständnis zu fördern und das Miteinander zu erleichtern. Wir sprachen vorab mit Stefanie Kurrent. Sie ist pflegewissenschaftliche Mitarbeiterin der Klinikum Bayreuth GmbH und beschäftigt sich intensiv damit, wie Pflege von Menschen mit Demenz auf dem aktuellen Stand der Wissenschaft umgesetzt werden kann. Frau Kurrent, Sie sind pflegewissenschaftliche Mitarbeiterin. Was genau ist Ihre Aufgabe? Wir erarbeiten und überarbeiten für unsere Pflegeteams auf Basis aktueller Studien und Erkenntnisse aus der Wissenschaft, Pflegerichtlinien und -standards und setzen diese dann in enger Zusammenarbeit mit den Stationsteams um. Wir helfen, Abläufe zu optimieren und die Pflege im Sinne unserer Patientinnen, Patienten und Pflegepersonen zu verbessern. Und wir möchten mit Veranstaltungen, wie der am kommenden Donnerstag, Angehörigen und Pflegenden Hilfestellungen an die Hand geben und Berührungsängste nehmen. Warum ist es gerade im Zusammenhang mit Demenz so wichtig, zu verstehen, wie es sich anfühlt, an Demenz erkrankt zu sein? Nur, wer einmal die Perspektive gewechselt hat, wird verstehen, wie die Probleme entstehen – und wie er helfen kann. Das gilt ganz allgemein, aber eben auch im Umgang mit Menschen mit Demenz. Wir in der Klinik begegnen diesen Menschen oft, wenn sie wegen anderer gesundheitlicher Beschwerden zu uns ins Haus kommen. Die Demenz lässt sich aber für die Dauer der Behandlung nicht beiseite schieben. Es ist wichtig, diese Menschen in ihrer Welt abzuholen. Das ist nicht leicht. Verständnis für die Situation löst die Probleme nicht in Luft auf, kann manches aber vereinfachen. Der Vortrag richtet sich nicht nur an Pflegende, sondern insbesondere auch an Angehörige von Menschen mit Demenz – warum ist Ihnen das so wichtig? Rund zwei Drittel der pflegebedürftigen Menschen werden zuhause gepflegt. Teils von Fachkräften, überwiegend aber von Familienangehörigen. Sie brauchen Unterstützung, die richtigen Ansprechpartner und gute Informationen, um diese Situation meistern zu können. Betroffen ist jedoch die gesamte Familie, auch beispielsweise die Enkelkinder. Der Mensch, den sie teils ihr Leben lang kennen, verändert sich. Auch, wenn Demenz meist nur mit Vergessen assoziiert wird, ist das nur ein sehr kleiner Teil dessen, was tatsächlich passiert. Das Wesen verändert sich, Empathie lässt nach. Geduldige Menschen werden ungeduldiger, teils sogar aggressiv. Für viele Angehörige ist das schwerer zu ertragen als die Tatsache, dass bestimmte Dinge nicht erinnert werden. Dazu verändert sich die Wahrnehmung. Menschen mit Demenz fühlen anders, sehen anders, riechen anders. Die Grenzen zwischen Tag und Nacht verschwimmen. Das führt dazu, dass sie Ängste entwickeln, oftmals für ihr Gegenüber nicht nachvollziehbar. Sie fühlen sich grundlos verfolgt oder bedroht. Im Rahmen der Veranstaltung wollen wir Tipps an die Hand geben, wie man mit solchen Situationen umgehen kann. Vieles, was wir in der Praxis tun, ist auch daheim hilfreich: Ängste zu bestätigen und Verständnis zu zeigen, statt sie rational erklären zu wollen, ist dabei ebenso wichtig wie Kontinuität. Gewohnte Gegenstände, Gerüche, Bilder oder Kleidung vermitteln Ruhe und Geborgenheit. Daher wünschen wir uns auch, dass Angehörige vertraute Pflegeprodukte, Lieblingskleidung oder eine private Decke in die Klinik mitbringen. Eine Uhr oder ein Kalender in Sichtweite hilft, besser im Hier und Jetzt zu bleiben. Und, so paradox es klingt: Ein schwarzer Kaffee hilft oft beim Einschlafen. Was erwartet Besucherinnen und Besucher? Zum einen rate ich jedem, sich vor Beginn der Vorträge ab 17 Uhr auf unseren Demenz-Parcours einzulassen und im Selbstversuch zu erproben, welche Herausforderungen eine Demenzerkrankung an den Alltag stellt. Beim Kochen, Anziehen, Essen, im Straßenverkehr. Im Anschluss wird Prof. Oschmann über „Diagnostik und Therapie von Gedächtnisstörungen“ sprechen, bevor Pflegende Tipps geben, wie man Kindern erklärt, was Demenz bedeutet und wie sich die Maskenpflicht auf Menschen mit Demenz auswirkt.