BAYREUTH. Die minimal-invasive Chirurgie hat in den vergangenen Jahrzehnten nach und nach den klinischen Alltag erobert. Heute gehören minimal-invasive Operationen in vielen Bereichen zum Standard. Auch am Klinikum Bayreuth wird diese Methode seit 1993 angewendet.
Wir sprachen mit Chefarzt und Viszeralchirurg Dr. med. Oliver Ponsel über Vor- und Nachteile und über künftige Roboter-assistierte Eingriffe.
BTSZ: Können Sie uns den Begriff „minimal-invasive Operation“ genauer erläutern?
Dr. Ponsel: Die minimal-invasive Chirurgie ist heute eine gängige Operationstechnik. Wird der Eingriff im Bauchraum durchgeführt, nennt man den Vorgang laparoskopische Chi-rurgie. Im Unterschied zur klassischen offenen Technik, bei der die Bauchhöhle mit einem bis zu 30 Zentimeter langen Hautschnitt geöffnet wird, erfolgt der Zugang zu den erkrankten Organen bei minimal-invasiven Eingriffen durch mehrere, meist nur fünf bis zehn Millimeter lange Schnitte. Die Operation wird über Videoansicht mit speziellen Instrumenten durchgeführt.
BTSZ: Welche Vorteile bietet diese OP-Technik? Dr. Ponsel: Das Klinikum Bayreuth verfügt über eine moderne Ausstattung mit 4K-/HD-Technologie, die Präzision und Sicherheit gewährt. Elektrischer Zoom und hervorragende Farbskalen bescheren eine hervorragende Sicht ins Innere des Körpers, so dass feinste Strukturen erkannt werden. Die Vorteile der minimal-invasiven Operation sind, dass große, unschöne Narben vermieden werden, dass Infektionsrisiko und Schmerzen deutlich verringert werden und dass es zu einer schnelleren Genesung kommt. Dies wiederum führt zu einer schnelleren Entlassung aus dem Krankenhaus. BTSZ: Welche Nachteile hat laparoskopisches Operieren? Dr. Ponsel: Der Arzt hat beim minimal-invasiven Eingriff keine Möglichkeit, das zu operierende Organ zu ertasten. Bei laparoskopischen Eingriffen kann man nicht spüren, wie hart oder weich das Gewebe ist. Dies gilt insbesondere beim Roboter-assistierten Operieren. Hier wird alles mit dem Auge gesteuert. So z.B. auch beim Knoten: Man spürt nicht, ob der Faden ausreichend fest geknüpft ist. Die minimal-invasive OP ist wegen der notwendigen Spezialinstrumente teuer. BTSZ: Wann wird laparoskopisch operiert? Dr. Ponsel: 1980 wurde die erste laparoskopische Blinddarmentfernung durchgeführt, 1987 die erste Gallenblase minimal-invasiv entfernt. Heute sind laparoskopische Eingriffe Standard bei der Entfernung der Gallenblase, des Blinddarms, bei Entfernung von Anteilen des Dickdarms wie z.B. bei der Divertikulitis. Eingriffe am Magen, an der Nebenniere, der Leistenbruch oder die Entfernung der Milz gehören ebenfalls dazu. Mehr als 75 Prozent der Patienten mit einem Dickdarmkrebs werden bei uns minimal-invasiv operiert. Gut- und bösartige Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse, des Magens bzw. der Speiseröhre werden ebenfalls in minimal-invasiver Technik operiert. Die laparoskopische Technik wird in der Adipositaschirurgie (Übergewichtschirurgie) ausschließlich eingesetzt. Auch in diesem Bereich verzeichnen wir am Klinikum deutlich steigende Fallzahlen, zumal wir in Oberfranken diesbezüglich nahezu ein Alleinstellungsmerkmal besitzen. Die Entscheidung, ob Eingriff minimal-invasiv oder offen erfolgen soll, muss der Operateur rechtzeitig treffen. Wir operieren minimal-invasiv so viel wie möglich. BTSZ: Wann wird am Klinikum der erste Roboter-assistierte Eingriff erfolgen? Dr. Ponsel: Roboter-assistierte Systeme sind eine neue Entwicklung in der Laparoskopie, der wir uns auch am Klinikum nicht verschließen werden. Bei der Operation sitzt der Chirurg an einer Steuerkonsole, etwas entfernt vom OP-Tisch. Über zwei Bedienelemente für die Finger steuert er die Instrumente, welche sich an speziellen Roboterarmen befinden und zuvor in kleinsten Schnitten in den Körper eingebracht wurden. Über ein dreidimensionales HD-Videobild sieht der Arzt das Operationsgebiet um das 10-fache vergrößert. Ein DaVinci-Robotersystem z. B. kostet zirka 1,8 Millionen Euro. Dazu kommen jährliche Wartungskosten von ungefähr 100.000 Euro. Das Interview führte Gabriele Munzert. Zur Person: Chefarzt Dr. med. Oliver Ponsel ist Leiter des Darm- und Pankreaskarzinomzentrums sowie des Viszeralonkologischen Zentrums am Klinikum Bayreuth. Er ist Facharzt für Chirurgie, Viszeralchirurgie sowie für Spezielle Viszeralchirurgie. Er führt die Bezeichnung Notfallmediziner und hat über 2.240 ADAC-Hubschraubereinsätze als Notarzt geleistet. Er ist Mannschaftsarzt des DEL2-Eishockeyclubs Bayreuth Tigers und kandidiert bei der anstehenden Stadtratswahl auf der SPD-Liste.