Veröffentlicht am 21.02.2021 17:00
Veröffentlicht am 21.02.2021 17:00

Lokalnachrichten Bayreuth: Christoph Höreth feiert 95sten

Lokalnachrichten Bayreuth: Christoph Höreth feiert 95sten (Foto: red)
Lokalnachrichten Bayreuth: Christoph Höreth feiert 95sten (Foto: red)
Lokalnachrichten Bayreuth: Christoph Höreth feiert 95sten (Foto: red)
Lokalnachrichten Bayreuth: Christoph Höreth feiert 95sten (Foto: red)
Lokalnachrichten Bayreuth: Christoph Höreth feiert 95sten (Foto: red)

BAYREUTH.

„Man müssat halt nuch amol 90 saa“, hat er unlängst gesagt. Und dabei derart verschmitzt geschmunzelt und fröhlich gepfiffen, wie´s wirklich nur er kann. Jetzt ist Papa Höreth 95 geworden. Lieber Papa, happy birthday to you!

Mit 86 war er mit meinem Bruder Frank und mir in den Südtiroler Bergen wandern. Mit 88 fuhr er mich mal mit seinem roten VW Golf in letzter Sekunde zu einem Auftritt nach Würzburg, ganz ehrlich: nicht mal Lewis Hamilton hätte mehr aus der Kiste rausgeholt!

Vor einem Jahr musste er ins Pflegeheim. Nach anfänglichen Schwierigkeiten („Da wohnen ja fast nur Alte!“), ist er „angekommen“. Des „Laafn“ geht nur noch mit Rollator, aber das Wichtigste: „die Birne“ funktioniert noch „1A“.

Und wenn ich´s nicht besser wüsste, würde ich ihm sein Alter nicht abnehmen! Als Lehrer mit Herz, Leib und Seele (über 44 Jahre), Bayreuths Fachberater für Sport (über 40 Jahre), passionierter Alpinist, praktizierender Franzbranntwein-Fetischist, sozial engagierter Vereinsvorsitzender und Zeitungsberichterstatter (fast 60 Jahre) ist er immer jung geblieben. So jung, dass ich sogar noch an seinem 60. Geburtstag gegen ihn im 100-Meter-Lauf verloren hab: Okay, er hatte einen ordentlichen Vorsprung, und ganz fair lief die Sache kurz vor der Ziellinie auch nicht ab. Aber ich hab´s ihm nicht krumm genommen: Er hatte zu diesem Zeitpunkt immerhin schon beachtliche 44 Jahre mehr auf dem Buckel, was uns nie daran gehindert hat, bis heute und in alle Ewigkeit gute Kumpels zu sein. Da spreche ich auch für meinen großen Bruder Frank.

Ich hab Papa Höreth sogar verziehen, dass ich mit acht Jahren meine selbst gemalten Comics vor ihm verstecken musste, weil er sie sonst korrigiert hätte. Und dass ich jahrelang die ekelhafteste, aber billigste Grapefruitlimonade trinken musste, die man sich nur vorstellen kann. Bezeichnenderweise hat mein Vater an einem sehr speziellen Tag geheiratet: am Weltspartag! Es war ohnehin immer ein Vergnügen der besonderen Art, mit dem Oberlehrer Höreth einkaufen zu gehen: Ich seh mich heute noch verzweifelt vor dem Waschmittelregal schmoren – mit der prickelnden Rechenaufgabe konfrontiert, ob denn nun die 2,46 Kilogramm-Packung für 3 Mark 84 oder der 3,67 Kilogramm-Karton für 5 Mark 79 günstiger sei. Die Lösung finden Sie übrigens am Ende des Textes!

Gespart hat er nur an sich selbst. Wie das so üblich ist, bei Menschen, die die Grausamkeiten und Entbehrungen des Kriegs erlebten. Die letzten sieben Kriegsmonate war er Soldat: Gebirgs-jäger in Slowenien und Österreich. Am letzten Kriegstag „hab ich mei G´wehr an einen Baum g´hauen und mir geschworen: Nie mehr in meinem Leben rühr ich so ein Ding an! Nicht mal auf dem Volksfest!“.

Seinen Prinzipien ist er bis heute treu geblieben. Da kann er, der Hunderten von Bayreuther Kindern das Schwimmen und Schlittschuhlaufen beigebracht hat, auch stur sein. Dafür ist er immer bodenständig geblieben. Und herzlich. Und (VORSICHT!) kontaktfreudig: Sonst wäre er 1954 bestimmt nicht mit der noch blutjungen Romy Schneider in einer Münchner Eisdiele und anschließend im Kino gelandet. Und er hätte 1972 in Inzell auch keine Flasche Sekt verloren – im privaten Eisschnelllauf-Duell mit dem zweimaligen Olympiasieger Erhard Keller. Damals hatte er übrigens auch Vorsprung …

Er hätte wohl auch niemals meine geliebte Mama Höreth, eine Berlinerin aus feinstem Hause („die wegen mir ganz schön weit runtergekommen ist“), einfach so in einem Zugabteil „angwaafd“, ihr Bilder aus seiner Heimatstadt Creußen gezeigt und sich heimlich ihre Adresse vom Kofferschildchen abgeschrieben (1959). Gott sei Dank! Denn sonst könnten wir ihn an diesem Wochenende gar nicht feiern! Und wenn ich einen Wunsch frei hätte, würde ich in fünf Jahren einen fröhlichen Papa Höreth gerne folgendes sagen hören: „Man müssat halt nuch amol 95 saa!“


Von Jessica Mohr
jm
north