Veröffentlicht am 16.02.2020 10:00
Veröffentlicht am 16.02.2020 10:00

Kostenexplosion: 30 Millionen Mehrkosten, bis jetzt!

Umfrage OB Kandidaten (Foto: inBayreuth.de)
Umfrage OB Kandidaten (Foto: inBayreuth.de)
Umfrage OB Kandidaten (Foto: inBayreuth.de)
Umfrage OB Kandidaten (Foto: inBayreuth.de)
Umfrage OB Kandidaten (Foto: inBayreuth.de)

BAYREUTH. Das Friedrichsforum, die frühere Stadthalle, ist derzeit das größte und kostenträchtigste Bauprojekt in der Stadt mit deutlichen Mehrkosten. Nachfolgend die Stimmen der Bewerber zur Oberbürgermeisterwahl am 15. März.

Brigitte Merk-Erbe (BG):

Natürlich sind die Kostensteigerungen, die sich durch die unvorhersehbar schlechte Bausubstanz des historischen Gebäudes sowie durch eine überhitzte Baukonjunktur ergeben haben, bitter. Ich will aber daran erinnern, dass wir ein hervorragendes Förderszenario erreicht haben und wir sind mit der Regierung von Oberfranken im Austausch über die Mehrkosten. Zudem habe ich bereits vor Monaten mit der Oberfrankenstiftung über die Thematik einer möglichen Nachförderung gesprochen. Bei allem Wahlkampf: Ich wünsche mir etwas mehr Fingerspitzen-

gefühl, wenn es um Förderzusagen und Gespräche mit Fördermittelgebern geht. Das Friedrichsforum wird nach Fertigstellung nicht nur ein neuer kultureller und gesellschaftlicher Begegnungsort auf neuesten technischen Standard mitten im Herzen der Stadt sein, sondern auch die Herzen der Menschen in Bayreuth und der Region erobern.

Thomas Ebersberger (CSU):

Einen Altbau zu sanieren kommt meistens teurer als geplant, dauert länger und ist mit vielen Unsicherheiten verbunden. Dass die ursprünglich angesetzten 56 Millionen Euro für die Sanierung der Stadthalle nicht ausreichen werden, war der CSU-Fraktion von Anfang an klar. Deswegen haben wir und ich als Zweiter Bürgermeister gefordert, dass bei den Förderzusagen keine Deckelung auf bestimmte Maximalkosten erfolgt. Großprojekte lassen sich nur mit einem qualifizierten, transparenten Projekt-

management meistern, bei Kostensteigerungen müssen Zuschussgeber mit einbezogen werden. Wenn die Baumaßnahmen abgeschlossen sind, fliest nicht nachträglich Geld. Derzeit sind beim Freistaat genügend Fördermittel vorhanden und die Gelegenheit für Nachverhandlungen günstig. Die Sanierung des Friedrichforums ist ein dynamischer Prozess und die von der CSU-Fraktion geforderte Kostenkontrolle wurde viel zu spät wirksam. Hier liegt Missmanagement und Aufsichtsversagen vor. Die Kosten laufen aus dem Ruder und keiner wird zur Verantwortung gezogen. Es bezahlt der Bürger.

Andreas Zippel (SPD): Grundproblem ist seit Jahren die mangelnde Transparenz gegenüber dem Stadtrat und der Öffentlichkeit: Ordentliche Berichterstattung ist nicht mit einem Rundgang durch die Baustelle erledigt. Kritisch ist die Frage, wie viel der Kosten der Freistaat tatsächlich übernehmen wird. So toll eine Förderquote von 75% auch klingt, bestätigt wäre das erst nach einer offiziellen Anfrage an die Regierung. Diese aber verschleppt die Oberbürgermeisterin, vermutlich um keine unangenehme Antwort vor der Wahl zu erhalten. Für die Zukunft bleibt vor allem Zweierlei. Erstens sind weitere potentielle Fördergeber anzusprechen, die helfen, die Mehrkosten zu tragen. Zweitens bedarf es endlich eines konkreten Nutzungskonzeptes für die Stadthalle: Wie wird sie bespielt, welcher Personalaufwand ist dafür notwendig und wie will man sie für Tagungen nutzen? Thomas Hacker (FDP): Der Traum von der Eröffnung des Ball der Stadt 2020 in der renovierten Stadthalle ist geplatzt. Wer in den letzten Tagen an der Baustelle vorbei kam, konnte es sehen. Ja, es geht voran, das Dach wird neu eingedeckt! Wann der nächste Ball der Stadt dort gefeiert werden kann, weiß keiner, 2023, 2024, später? 85 Millionen Euro Gesamtkosten, mehr als 30 Millionen Euro mehr als die geplanten Kosten. Doch werden die höheren Kosten auch durch den Freistaat Bayern unterstützt? Vor einem Jahr wurde mit der Regierung von Oberfranken vereinbart, die Nachförderung zu beantragen. Geschehen ist nichts. Ganz klar, denn wenn vor der OB-Wahl kein Antrag gestellt wird, dann kann es auch keine – zu erwartende – Ablehnung geben. Auch Kontakte zu Ministern oder Ministerpräsident Söder gab es nicht, dies bestätigte Frau Merk-Erbe im Stadtrat. Lächeln und Grußworte vorlesen reicht nicht, es muss gehandelt werden. Jetzt! Sonst bleibt Bayreuth auf den Mehrkosten sitzen. Klaus Wührl-Struller (Bündnis 90/Die Grünen und Unabhängigen): Wenn es bei den förderfähigen Kosten eine Steigerung gibt, haben wir gute Aussichten, für diese eine anteilige höhere Förderung zu bekommen. Nicht-förderfähige Kosten – also im wesentlich Luxus- und Sonderwünsche – werden ohnehin nicht bezuschusst. Notwendige und sinnvolle Kostensteigerungen – wie beispielsweise die Verbesserung der Barrierefreiheit auf einen Antrag von mir – hat die Regierung bereits ausdrücklich als förderfähig bezeichnet. Die Förderung des Friedrichsforums ist bislang sehr gut, ebenso die Transparenz in Sachen Baufortschritt durch regelmäßige Berichte und öffentliche Führungen. Selbstverständlich muss die Stadt mit den Fördermittelgebern im Gespräch bleiben – hier gibt es keinen richtigen oder falschen Zeitpunkt, sondern nur einen laufenden Dialog. Vor allem aber ist das Friedrichsforum im Herzen der Stadt auch wichtig für die Gesellschaft, in der wir leben wollen. Ein aus dem Boden gestampfter Kulturtempel auf der grünen Wiese könnte diese Funktion keinesfalls ersetzen. Stefan Schuh (Junges Bayreuth e.V.): Das Friedrichsforum steht symbolisch für die Intransparenz und Passivität der Oberbürgermeisterin! Schockierend, dass erst durch Nachforschen und Akteneinsicht von Stadtrat Christopher Süss (Junges Bayreuth) ans Licht kam, dass die OB den Zuschussgebern keine Gründe für die Kostenexplosion nennen konnte. Doch ohne Begründung keine Förderung! Der Stadtrat wurde im Dunkeln gelassen. Obwohl sich die Kosten verdreifacht haben, wurde nicht versucht, in München bei zuständigen Ansprechpartnern sich um weitere Fördermittel zu bemühen. Von einem Oberbürgermeister muss man erwarten können, dass er unermüdlich für Bayreuth kämpft. Wird er aus dem Ministerium in München geworfen, muss er durch die Hintertür wieder rein und weiter für seine Stadt kämpfen! Gert-Dieter Meier (Die Unabhängigen): Die Sanierung der Stadthalle ist ein Paradebeispiel dafür, wie es bei Großprojekten nicht laufen sollte. Erst wird ein Kostenrahmen benannt, der dann nicht eingehalten werden kann. Sanierungen sind immer eine Wundertüte. Schließlich kommen, meist erst nach Nachhaken, die bitteren Wahrheiten auf den Tisch. Das Ergebnis: statt der avisierten 55 Millionen kostet die Stadthalle 2.0 nun 85 Millionen Euro. Mindestens. Offen bleibt die Frage, ob die Stadt die Mehrkosten tragen muss. Aufgabe der Oberbürgermeisterin wäre es von Anfang an gewesen, mit den gestiegenen Kosten auch die Zuschussfrage jeweils verbindlich neu zu verhandeln – und zwar dort, wo Entscheidungen gefällt werden. Ob, wo und wie erfolgreich das gemacht wurde, weiß nur die OB selbst. Weil sie sich bis dato nur äußerst nebulös geäußert hat. Sie wird aber nicht umhinkommen, das alles haarklein der Öffentlichkeit zu erklären. Ansonsten verlieren die Bürger endgültig das Vertrauen in die Kompetenz dieser Verwaltungs-Chefetage.


Von Roland Schmidt
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