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Gedanken zur Woche - von Pfarrer Otto Guggemos aus Heinersreuth | inbayreuth.de
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Veröffentlicht am 02.05.2021 04:00
Veröffentlicht am 02.05.2021 04:00

Gedanken zur Woche - von Pfarrer Otto Guggemos aus Heinersreuth

Pfarrer-Guggemos (Foto: inBayreuth.de)
Pfarrer-Guggemos (Foto: inBayreuth.de)
Pfarrer-Guggemos (Foto: inBayreuth.de)
Pfarrer-Guggemos (Foto: inBayreuth.de)
Pfarrer-Guggemos (Foto: inBayreuth.de)

HEINERSREUTH. Im Jahr 2014 kam ich in das Team der Partnerschaftsarbeit in Bayreuth. MNT steht für Medizinische Notversorgung Tansania. Ich war beeindruckt. Gestandene Männer bringen ihre ganze Professionalität ein, um Menschen auf einem anderen Kontinent eine bessere Gesundheitsversorgung zu ermöglichen.

Da ist der Arzt, der 1983 von einer vierjährigen Tätigkeit im Machame Hospital zurückgekehrt ist. Er spricht (und schreibt) fließend Suaheli und übernimmt die Korrespondenz. Da ist der Apotheker, der über Jahrzehnte Verbandsstoffe und Medikamente zusammengepackt hat. Da ist der Medizintechniker. Und der Schreiner, der schon mal eine komplette Röntgenanlage abgebaut und zerlegt hat, eine Aufbauanleitung gezeichnet und das Ganze in Kisten verpackt nach Tansania geschickt hat. Ich bin beeindruckt und dankbar, dass es solche Menschen gibt.

Seit 1983 ist MNT die Partnerschaftsarbeit unseres Dekanatsbezirkes. Die Kirche ist Träger der Partnerschaft, die Menschen, die sich darin engagieren, sehen sich in der Nachfolge von Jesus Christus, der ein Herz für die Armen und Kranken hat. Einer aus dem Team erklärt: „Für mich ist das Nächstenliebe, die bis Tansania reicht.“

Warum erzähle ich Ihnen das heute? Weil ich finde, wir sollten den alten Begriff „Mission“ nicht achtlos wegwerfen. „Mission“ löst ja bei vielen einen Fluchtin-stinkt aus: „Hilfe, da will mich einer missionieren!“

Mission war ein Kennzeichen der christlichen Kirche, von Anfang an: Jesus hat zu seinen Jüngern gesagt: „Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch.“ Paulus war auf Missionsreisen. Im Frühmittelalter kamen Missionare nach Europa. Ich denke manchmal, ohne sie wäre Europa vielleicht nie zur Ruhe gekommen.

Bis 2011 war ich Pfarrer in Münchsteinach im Steigerwald. Wie der Name sagt, ist das Dorf aus einem Kloster entstanden. Vor über 1000 Jahren. Wenn wir zurückschauen, dann merken wir, dass diese Klöster auch Missionsstationen waren, damals: Orte der Bildung. Nur hier gab es Bibliotheken; auch wirtschaftliches Know-how wurde hier vermittelt. Und es waren Orte der Medizin, wo man sich um Kranke und Sterbende kümmerte. Und natürlich waren es Orte der Spiritualität, der Sinnsuche und der Philosophie.

Das ist bis heute so geblieben: Wenn im 19. Jahrhundert Missionare eine Missionsstation aufbauten, dann war das: Eine Krankenstation, eine Schule und eine Kapelle. Bis heute sind dies die Brennpunkte von Mission: Notleidenden helfen, Bildung als Weg aus der Abhängigkeit, und Glaubensvermittlung weil Weltanschauung die Grundlage vieler Lebensentscheidungen ist. So haben sich die Missionskirchen zu Partnerkirchen entwickelt. Wo man früher oft überheblich von Wilden und von Heiden sprach, sieht man heute Schwestern und Brüder. Das war Deutschland vor 1000 Jahren und Tansania vor 100 Jahren.

Ich will nicht darüber hinweggehen, dass die Mission auch negative Züge gehabt hat. Mission heißt Sendung und Menschen mit übersteigertem Sendungsbewusstsein können gefährlich sein. Sie laufen Gefahr, ihre Sendung jemandem überzustülpen, der das gar nicht möchte. Natürlich verändert Mission Kulturen, und natürlich haben Missionare nicht immer ein gutes Verständnis gehabt für die Kultur, in der sie sich bewegten. Darum ist es so wichtig, genau zu lesen, was Jesus sagt: „Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch.“ Jesus ist nicht auf die Erde gekommen, um zu herrschen oder um zu richten, sondern um zu dienen und um für uns zu leiden. Wer nicht die Kultur der Menschen liebt, zu denen er geht, der ist ein schlechter Missionar.

Darum haben Missionare ebenso oft dazu beigetragen, Kulturen zu bewahren und weiterzuentwickeln. Das bekannteste Beispiel dafür ist vielleicht die kyrillische Schrift. Die Missionare Russlands wollten Bibeltexte verbreiten, und entwickelten kurzerhand ein Schriftsystem für die Landessprache. Es heißt heute nach Kyrill, einem der ersten Missionare. Dasselbe tun bis heute Bibelübersetzer in ent-legenen Sprachgruppen.

Eine Missionsstation hat eine Krankenstation, eine Schule und eine Kapelle. Ich finde, das sagt viel darüber aus, was Mission für uns Christen bedeutet. Ja, es sagt viel über die christliche Religion aus:

Barmherzigkeit, das muss man nicht lang erklären.

Bildung, weil sie mit Menschenwürde zu tun hat.

Das Biblische Wort „Jünger“ bedeutet nicht viel mehr als Schüler. Jesus sagt: „Macht zu Jüngern alle Völker“, also: die Christen sollen eine Gemeinschaft von Lernenden sein, die die Welt und das Leben zu verstehen suchen, mit dem Herz und mit dem Verstand. Und Glaube, denn er ist das Zentrum der Person. Das was uns heilig ist, das prägt unser Leben und bestimmt, wer wir sein werden. Das gilt für säkulare Menschen ebenso wie für Fromme. Darum stellen wir den Glauben des Menschen in den Mittelpunkt, üben ihn aus und pflegen ihn.


Von Roland Schmidt

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