BAYREUTH.
Das Burgenland hat knapp 300.000 Einwohner/innen. Im Gegenteil zu Oberfranken, ziehen mehr Menschen ins Burgenland als wegziehen. Die Zunahme um 2,5 Prozent seit 1991 gleicht die negative Geburtenbilanz aus. Hans Peter Doskozil, seit Februar 2019 Landeshauptmann, war zuletzt zum Bürgerfest zusammen mit Ehefrau Julia in Bayreuth. Im Gespräch mit der Sonntagszeitung zieht er Parallelen zwischen Oberfranken und dem Burgenland.
Früher zu Ungarn gehörend, jetzt österreichisches Bundesland – was macht die Mentalität der Burgenländer aus?
Hans Peter Doskozil: Wenn man die „burgenländische Mentalität“ beschreiben will, fallen mir dazu folgende Begriffe ein: Gemeinschaftsorientiert – Hilfsbereitschaft – Gastfreundlichkeit. Gemeinschaftsorientiert sind wir Burgenländerinnen und Burgenländer, weil bei uns vier Volksgruppen – es wird Deutsch, Kroatisch, Ungarisch und Romanes gesprochen – friedlich zusammenleben. Gemeinsames vor Trennendes zu stellen, ist auch eine Lehre aus der schmerzlichen Erfahrung des Eisernen Vorhanges nach dem Zweiten Weltkrieg, bis zu seinem Fall 1989. Ihre Hilfsbereitschaft haben die Menschen schon mehrfach eindrücklich unter Beweis gestellt: Beim Ungarischen Volksaufstand 1956 und bei der großen Flüchtlingsbewegung im Jahr 2015 ging eine Welle der Hilfe und Unterstützung für die in Not geratenen Menschen durch das gesamte Land. Denn schließlich ist die Gastfreundlichkeit ebenso ein besonderes Markenzeichen der Burgenländerinnen und Burgenländer.
Welche Bedeutung hat die Kulturpartnerschaft mit Bayreuth für das Burgenland?
Doskozil: Die seit 1990 bestehende Kulturpartnerschaft mit der Festspiel- und Wagnerstadt Bayreuth hat für das Burgenland einen sehr hohen Stellenwert. Die Liebe zur Kultur – im Burgenland gibt es im Rahmen des Kultursommers zahlreiche Aktivitäten – und besonders zur Musik von Liszt, Wagner und Haydn ist ein besonderes Band, das beide verbindet. Ausgedrückt wird
dies nicht zuletzt durch viele wechselseitige Besuche, die, zumeist im Zeichen hochkarätiger Kulturveranstaltungen stehend, seit knapp drei Jahrzehnten stattfinden.
Im Oktober findet der Nationalfeiertag statt. Wie wird gefeiert?
Doskozil: Der Nationalfeiertag ist kein speziell burgenländischer, sondern ein bundesweiter Feiertag und wird am 26. Oktober in ganz Österreich festlich mit zahlreichen Veranstaltungen begangen, beispielsweise mit Leistungsschauen des Bundesheeres und weiterer Einsatz- und Hilfsorganisationen. Im Burgenland haben an diesem Tag viele Museen bei freiem Eintritt geöffnet. Der Nationalfeiertag ist auch als Veranstaltungstag für Wanderungen beliebt. Das Datum erinnert an den 26. Oktober 1955, an dem das Bundesverfassungsgesetz über die Neutralität Österreichs im Nationalrat beschlossen wurde. Der Gesetzesbeschluss erfolgte einen Tag nachdem die letzten Besatzungstruppen abgezogen waren. Für das Burgenland ist auch der Landesfeiertag am 11. November ein wichtiger Feiertag, der für die einzigartige Geschichte des Landes, den hohen gesellschaftlichen Zusammenhalt und die unverkennbar starke burgenländische Identität steht. Kulturell und kulinarisch kann ich einen Aufenthalt im Burgenland auch um diese Zeit nur wärmstens empfehlen.
Warum sollte jeder Bayreuther einmal im Burgenland gewesen sein?
Doskozil: Ein Besuch im Burgenland empfiehlt sich schon allein deshalb, weil es bei uns – wie in Bayreuth – ein breit gefächertes Angebot an kulturellen Veranstaltungen und auch darüber hinaus vieles zu entdecken gibt. Für Gäste aus Bayreuth interessant sein könnte zum Beispiel ein Besuch in Raiding, wo sich das Geburtshaus von Franz Liszt und der nach ihm benannte Konzertsaal befinden. Der Schwiegervater Richard Wagners fand in Bayreuth seine letzte Ruhestätte. Dass es zur weltberühmten bayerischen Biertradition im Burgenland mit den vielfach preisgekrönten Weinen, die hier geerntet werden, und mit wunderbarer Kulinarik ein ebenso wohlschmeckendes Pendant gibt, sei ebenfalls nicht verschwiegen.