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Die Opern Richard Wagners und die Erlösung – von Dekan Jürgen Hacker | inbayreuth.de
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Veröffentlicht am 25.07.2021 06:00
Veröffentlicht am 25.07.2021 06:00

Die Opern Richard Wagners und die Erlösung – von Dekan Jürgen Hacker

Pfarrer-Dekan-Jürgen-Hacker (Foto: inBayreuth.de)
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Endlich ist es wieder soweit – nach einem Jahr Pause wegen der Pandemie beginnen heute die 109. Richard-Wagner-Festspiele. Zwar ohne roten Teppich und Staatsempfang, mit weniger Glamour und Prominenz. Aber von vielen sehnsüchtig erwartet. Im Mittelpunkt der diesjährigen Aufführungen steht die Neuinszenierung des „Fliegenden Holländers“ von Dmitri Tcherniakov.

Im „Fliegenden Holländer“ greift Wagner auf die Figur des Odysseus zurück und verbindet sie mit dem Motiv des faustischen Menschen, der mit dem Teufel im Bund ist. Der Holländer wird von der jungen Senta, die sich aus Liebe zu ihm opfert, von seinem Fluch erlöst. Senta wiederum von der Unruhe und zur Liebe. Friedrich Nietzsche – erst glühender Wagnerianer, dann sein Gegner, schreibt: „Über nichts habe Wagner mehr nachgedacht als über Erlösung und alle (seine) Opern seien Opern der Erlösung …“ (Der Fall Wagner). Wagners Figuren wollen immerzu von irgendetwas oder zu irgendetwas erlöst werden: Im Tristan und Isolde vom Nichts und zum Tode; ganz groß dann im Ring des Nibelungen: Da will unter Inkaufnahme von einigen Opfern gleich die ganze Welt von der falschen Macht und Herrschaft erlöst werden – nämlich der der Götter, und Wotan, der es einsieht von sich selbst.

Die meisten Menschen unserer Tage können mit Begriff und Inhalt der Erlösung nichts (mehr) anfangen. Vielleicht hilft es, wenn wir das Wort „Erlösung“ durch „Befreiung“ ersetzen. In Gesprächen mit unterschiedlichen Menschen nehme ich wahr, dass eine tiefe Sehnsucht in uns steckt. Eine Sehnsucht nach Liebe und Geborgenheit, nach Heimat und Verwurzelung, nach Frieden und Freiheit, nach Gerechtigkeit und harmonischem Einklang mit der Natur. Ein Sehnen nach dem, was uns Menschen abhanden gekommen ist. Ein Sehnen aber auch nach Befreiung von persönlicher Schuld. Ein Suchen und Fragen nach einem sinnvollen Leben. Ein Anker im Leben und im Sterben.

In den Opern Wagners geht es darum, dass seine Protagonisten sich nach Erlösung, nach Befreiung sehnen, sich aber nicht selbst erlösen können. „Der Fliegende Holländer“ wird durch das Liebes-Opfer der Senta von seinem Fluch erlöst. Viele Menschen heutzutage tragen etwas mit sich herum, von dem sie gerne erlöst (=befreit) werden möchten. Sie sind regelrecht krank, weil sie sich nach Erlösung von ihren Zwängen und Ängsten, von ihren Sorgen und Nöten, von ihrer Schuld sehnen. Sie wissen aber nicht, wo und wer sie davon erlösen kann.

Die Bibel sagt: Jesus Christus lädt alle Menschen ein: Kommt alle zu mir, die ihr euch plagt und schwere Lasten zu tragen habt. Ich will euch aufatmen lassen. … ich meine es gut mit euch und sehe auf niemanden herab; so werdet ihr Ruhe finden für euch selbst. Denn mein Joch drückt nicht und meine Last ist leicht. (Evangelium nach Matthäus, 11. Kapitel, Verse 28-30).

Ja, mühselig und beladen sind wir; erlösungsbedürftig an Leib und Seele. Wir sind belastet mit Vielem, was uns bindet und unfrei macht. Wir schleppen so vieles mit uns herum. Wir sehnen uns nach einem Neuanfang und möchten Altes zurücklassen – ein für alle mal.

„Kommt zu mir“, so lädt Jesus ein; ER lädt alle ein. Er ruft uns ganz nahe zu sich, – ohne irgendeinen Abstand – dass wir ihn wirklich spüren, vielleicht in der Stille, im Gebet. Wir können seine Nähe erfahren, aufatmen, ablegen, was uns drückt und beschwert. Wer dieser Einladung Jesu folgt, der darf als erlöster, als befreiter Mensch leben. Wir können keine Reset-Taste drücken, um noch einmal von vorne zu beginnen, wenn wir schuldig geworden sind, wenn wir versagt haben, wenn wir leiden. Aber wir können der Einladung Jesu folgen, der uns davon erlösen, befreien will. Durch die Opern Richard Wagners zieht sich die Sehnsucht nach Erlösung wie ein roter Faden. Der Kirchenvater Augustin schrieb einmal: „Unruhig ist unser Herz in uns (voller Sehnsucht), bis es Ruhe findet in dir, o Gott!“ Sehnsucht steht hier für mehr als nur Wunscherfüllung.

In der Bibel kommen immer wieder Menschen zu Wort, die diese Sehnsucht ausdrücken und Antwort geben auf solche Sehnsucht nach mehr; die über das Irdische weit hinausgeht. An anderer Stelle sagt Augustin den Satz: „Der Mensch ist Sehnsucht nach Gott“ und: „Der Mensch ist die Sehnsucht Gottes!“ Durch die ganze Bibel zieht sich beides auch wie ein roter Faden: Menschen sehnen sich nach Gott, nach der Begegnung mit ihm und Gott sehnt sich nach den Menschen. In Jesus Christus ist Gott der Sehnsucht des Menschen nach ihm entgegengekommen. In Jesus ist unsere Sehnsucht nach Erlösung, nach Befreiung, nach Gott erfüllt.

Kommt alle zu mir, die ihr euch plagt und schwere Lasten zu tragen habt. Ich will euch aufatmen lassen.

Wir sollten diese Einladung nicht in den Wind schlagen.

Bleiben Sie behütet an Leib und Seele. Ihr Dekan Jürgen Hacker


Von Roland Schmidt

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