Veröffentlicht am 15.08.2022 10:00
Veröffentlicht am 15.08.2022 10:00

Die Kette des Nibelungen

Die Künstlerin und ihr golden glänzendes Medaillon. (Foto: Munzert)
Die Künstlerin und ihr golden glänzendes Medaillon. (Foto: Munzert)
Die Künstlerin und ihr golden glänzendes Medaillon. (Foto: Munzert)
Die Künstlerin und ihr golden glänzendes Medaillon. (Foto: Munzert)
Die Künstlerin und ihr golden glänzendes Medaillon. (Foto: Munzert)

BAYREUTH. In der Nibelungen-Erzählung ist es ein Ring, der dem göttlichen Wotan Macht und Einfluss verleiht. In der aktuellen Inszenierung der Wagner-Oper „Ring des Nibelungen“ von Valentin Schwarz ist es eine Kette. Der Regisseur macht aus Wotan den Chef eines großen Unternehmens mit innovativen Zielen. Die Kette ist ein Familienschmuck, repräsentiert das Unternehmen, das Medaillon ist mit dem persönlichen Logo versehen. Das Muster steht für vertragliche Absprachen, zum Wohle der Firma und Wotans Autorität.

Eigentlich führt Julia Förster-Oetter in St. Georgen in kleines, feines Schmuckatelier mit Verkaufsraum. Mit Requisiten und Theater hatte sie bisher nichts zu tun. Der Anruf aus dem Festspielhaus im vergangenen Herbst kam daher überraschend. Mehrere Künstler, darunter eben auch Julia Förster-Oetter, wurden gebeten, ein Angebot zur Herstellung der Wotan-Kette abzugeben. Die Schmuckdesignerin aus St. Georgen bekam den Zuschlag für den Auftrag und nicht nur für eine Kette, sondern für mehrere Reservestücke, denn der „Ring“ steht noch mehrere Jahre auf dem Programm.

Andy Besuch, zuständig für die Kostüme, hatte genaue Vorstellungen: Das Medaillon durfte nicht wuchtig, sondern sollte ziemlich flach sein, ausgestattet mit einem Magnetverschluss an der dazu gehörenden Kette, da das Schmuckstück in der Aufführung abgerissen wird. Dass ein Verschluss nicht halten soll, war für Julia Förster-Oetter ungewöhnlich: „Sonst empfehle ich meinen Kunden pfleglich mit

ihrem Schmuck umzugehen.“

Die Auftraggeber hatten ein Musterstück vorgelegt, die Ornamente auf dem Medaillon waren genau vorgegeben. Julia Förster-Oetter war schnell klar, der Auftrag ist handwerklich nicht leicht umzusetzen. „Für den Opernbesucher sind die Ornamente zwar nicht sichtbar, doch die Prägungen verursachen im Bühnenlicht einen außergewöhnlichen Schimmer, den die Zuschauer bemerken“, sagt die Künstlerin.

Die Herstellung erforderte den Einsatz von Gussmodellen aus dem 3 D-Drucker, da die gewünschte sehr dünne Scheibe durch Ziselierung des Metalls nicht möglich ist. Die Maße waren genau vorgegeben. Julia Förster-Oetter verzichtete auf den Sommerurlaub, erarbeitete Modelle und experimentierte mit Farben. Der Muster-Entwurf wurde am Computer erstellt, zunächst in Kunststoff und dann in Silber gegossen, anschließend eine dünne Goldschicht aufgetragen. Entstanden ist ein richtig edler, wertvoller Theaterschmuck. In der „Ring“-Premiere und einer weiteren Vorstellung durfte die Künstlerin die Wirkung ihrer Arbeit begutachten. „Der Auftrag der Festspiele hat mich sehr stolz gemacht“, sagt sie, „zumal ich in der ,Ring‘-Inszenierung von Harry Kuper als Kinderstatistin auf der Bühne Gold schmieden durfte. So schließt sich der Kreis.“


Von Jürgen Lenkeit
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